Kuss der Ewigkeit
kannte diesen Geruch nach Fell und Wind. Finster starrte ich Bobby an, um ihn mit bloßer Willenskraft davon abzubringen, mich zu ziehen, bevor ich noch über meine eigenen unsicheren Füße stolperte.
Er ließ meine Arme los. » Bist du in Ordnung, Kätzchen? Du siehst gar nicht gut aus.«
Natürlich war ich nicht in Ordnung, vermutlich würde ich das nie wieder sein.
» Es geht mir gut.«
» Ich war den ganzen Tag krank vor Sorge um dich. Gestern Nacht, nachdem wir das Diner verlassen hatten, bist du zusammengebrochen. Hast dich nicht mehr bewegt. Nicht mehr geatmet. Ich dachte, du wärst tot. Dann hüllte Nathanial dich in Schatten oder so etwas Ähnliches, und du warst verschwunden.«
Blinzelnd sah ich ihn an, dann zu Nathanial zurück. Er und Gil hatten aufgehört, sich zu streiten. Gils Gesicht war puterrot angelaufen, doch Nathanials trug wie immer eine sorgfältig neutrale Miene zur Schau, obwohl seine Augenwinkel verkniffen wirkten.
Wütend funkelte ich ihn an, und er kam näher. » Ich dachte, du hattest gesagt, dass ich nicht tot bin!«
» Du bist auch nicht tot.« Sein Gesicht und seine Stimme waren beide gleichermaßen leer und verrieten nicht das Geringste.
» Ich habe aufgehört zu atmen.«
Nathanial stieß einen Seufzer aus. » Das ist wahr. Aber das bedeutet nicht, dass du tot bist. Es bedeutet, dass du nicht zu atmen brauchst. Sauerstoff ist giftig. Er lässt einen altern.«
» Ja, er lässt einen aber auch leben.«
Er schüttelte den Kopf. » Du brauchst Luft, um zu sprechen und Gerüche aufzunehmen. Davon abgesehen atmest du nur noch aus Gewohnheit. Hör damit auf, wenn du willst.« Er wandte sich ab.
Ich brauchte nicht zu atmen? Ja, klar. Ich dachte nicht groß übers Atmen nach, ich tat es einfach. Ehrlich gesagt konnte ich mich nicht stark genug konzentrieren, den Atem anzuhalten. Zitternd schlang ich die Arme um mich. Der Wind pfiff zwischen den hohen Gebäuden hindurch und wehte mir das Haar aus dem Gesicht, doch die Kälte, die mich schaudern ließ, kam von unter meiner Haut, und mich zu umarmen, schloss die Kälte ein, nicht aus.
Untot zu sein war scheiße. Ich wollte mein Geld zurück.
Frustriert trat ich gegen einen Schneehaufen, was kleine Bröckchen aus Matsch und Eis über den Bürgersteig schlittern ließ. Ein Klumpen Matsch zerplatzte an Bobbys Stiefel zu einem feuchten Sprühregen, als er näher trat. Er streckte eine Hand aus, als wollte er mein Gesicht berühren, doch dann zögerte er.
» Bist du sicher, dass es dir gut geht? Du stinkst nach seinem Geruch.« Bobby nickte in Nathanials Richtung.
Ich lachte, doch es war ein verbitterter Laut. Er war eifersüchtig. Er war eifersüchtig… wo er doch der Gebundene war. An eine Außenstehende. Und da war er derjenige, der eifersüchtig war?
Bobby zog die Stirn kraus, und seine Finger legten sich an meine Wange. Die Berührung war zögerlich, bereit, beim geringsten Anlass zurückzuzucken.
Als Kind hatte ich, wann immer ich nicht mit meinen zahlreichen Tutoren beschäftigt gewesen war, meine gesamte Zeit mit Bobby verbracht. Wir hatten jeden Winkel unseres Clanslandes erkundet und uns unsere eigenen geheimen Pfade darin geschaffen. Wir hatten Ausflüge in ein Dorf gewagt, dessen Bewohner keine Gestaltwandler waren, hatten die Ausläufer der clanlosen Länder durchwandert und waren zum Berg der Ältesten gereist. Viel mehr müßige Tage, als man zählen konnte, hatten wir nach einer guten Jagd zu einem pelzigen Knäuel zusammengekuschelt verschlafen. Erst in meinen letzten paar Jahren in Firth hatten sich die Dinge geändert. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich durch seine Berührung zum ersten Mal Schmetterlinge im Bauch spürte, oder wann die kindliche Zuneigung sich in etwas Schwindelerregendes und Neues verwandelte, doch ich erinnere mich an den Streit, den ich mit meinem Vater hatte, nachdem er Bobby verboten hatte, mich zu seiner Gefährtin zu nehmen. Kurz darauf war Lynn zu unserem Clan gestoßen. Wie ein braves kleines Clan-Mitglied tat Bobby, wie ihm befohlen. Er nahm Lynn zur Gefährtin.
Ich wollte mich Bobbys Berührung entziehen, doch die Wärme seiner Finger kroch mir unter die Haut, und ich sehnte mich so sehr nach Wärme. Als ich mich in seine Handfläche schmiegte, fing mein Gaumen an zu kribbeln, dann zu brennen. Der Druck stieg, als meine Fangzähne sich reckten, und ich erstarrte. Angestrengt kämpfte ich gegen meine neuen Instinkte an.
Von meiner ursprünglichen Reaktion ermutigt kam Bobby
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