Kuss der Nacht - Band 02
Jungs sind hier, und das Essen auch. Jetzt setzen wir uns erst mal in Ruhe hin und essen zu Abend, falls noch irgendwelche Sitzmöbel heilgeblieben sind. Der Rest kann warten.«
Er presste die Lippen zusammen. »In Ordnung. Aber geklärt ist noch gar nichts. Du bist immer noch fuchsteufelswild, das sagt mir meine Nase. Nach dem Abendessen kümmern wir uns um die Angelegenheit.«
Bones warf seinen Mantel aufs Bett und rief mir im Gehen über die Schulter zu:
»Zieh dir am besten etwas Langärmeliges an; du bist ganz zerkratzt.«
Das Abendessen wurde zur Nervenprobe. Meinen Männern gegenüber sprühte Annette nur so vor Charme, als wäre nichts gewesen. Sie hatte anscheinend alles schon vergessen. Eiskalt zog sie ihre Show ab. Juan flirtete wie der Teufel mit ihr, und sogar Tate entlockte sie das eine oder andere Lächeln. Bones brütete unterdessen so wortkarg vor sich hin, dass es schon fast unhöflich war.
Während ich mit Rodney plauderte, versuchte ich die braunen Augen zu ignorieren, die mich mit bohrendem Blick von der Seite betrachteten. War Bones sauer, weil ich Annette mit dem Messer angegriffen hatte? Gott, sie plapperte einfach unverdrossen immer weiter! Und obwohl ich vehement das Gegenteil beteuert hatte, nagten ihre Worte an mir. Mehrere Frauen gleichzeitig. Warme lebendige Körper. Zehntausende. Sagte sie die Wahrheit? Natürlich wusste ich, dass Bones vor mir nicht als Mönch gelebt hatte - er war immerhin auf den Strich gegangen, da war Monogamie nicht angesagt —, aber was ich jetzt erfahren hatte, brachte mich völlig durcheinander. Ja, mir war klar, dass er schon vor mir Beziehungen gehabt hatte. Eine ganze Menge vermutlich. Aber dass Bones in etwa so viele Weiber abgeschleppt hatte, wie mein Tacho Kilometer anzeigte, kam dann doch ein wenig unerwartet! Ich brauchte nur daran zu denken, schon wollte ich ihm an die Gurgel springen und mich gleichzeitig verkriechen wie ein Häufchen Elend. Als endlich der Tisch abgeräumt war, tobten die unterschiedlichsten Gefühle in mir.
»Ein Spiel, meine Herren?«, erkundigte sich Annette. Aus einem ihrer vielen Gepäckstücke förderte sie ein Kartenspiel zutage und begann, es mit geübten Händen zu mischen. Tate und Juan bekamen glänzende Augen. Kaum etwas ging ihnen über eine gepflegte Runde Poker.
Bones erhob sich sofort. »Cat und ich müssen leider passen. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß, Annette. Hinterher kannst du Cats Freunde nach Hause bringen. Rodney wird mitkommen und dir den Weg zeigen. Wenn du wiederkommst, ist deine Glückssträhne vorbei.«
Die vier Männer waren nicht dumm. Jedem war klar, dass wir aneinandergeraten waren, und sie konnten sich leicht denken, warum. Verdammt, Rodney hatte vermutlich sogar mitgehört. Er warf Annette einen mitfühlenden Blick zu.
»Das war nicht gerade höflich«, zischte ich, als wir nach oben gingen und Bones die Schlafzimmertür hinter uns schloss. »Lass ruhig offen; die können uns sowieso hören.«
»Der Lauscher an der Wand hört seine eigne Schand«, entgegnete Bones als klare Warnung an die unten Gebliebenen. »Das Abendessen war reine Zeitverschwendung. Du hast kaum etwas heruntergebracht. Jetzt erzähl, was passiert ist.«
Offen gestanden hätte ich es lieber vergessen, denn der Zweifel nagte wie Maden an mir. Kein Wunder, dass mir der Appetit vergangen war.
»War bloß Zickenkrieg. Annette hat ein paar unschöne Dinge gesagt und ich auch. Mein Messer war mein einzig stichhaltiges Argument. Achtung Wortspiel.«
Bones fand das gar nicht komisch. »Mehr war also nicht? Alles wieder eitel Sonnenschein?«
Mein Nicken war wenig überzeugend.
Ganz plötzlich stand er nur noch Zentimeter entfernt vor mir. Als er den Kopf senkte, um mich zu küssen, zuckte ich zurück.
Er richtete sich auf. »Also gut. Es gibt zwei Möglichkeiten, jedes verdammte Wort herauszubekommen, das Annette zu dir gesagt hat. Entweder du erzählst es mir, weil ich dich darum bitte. Oder ich prügle es aus ihr heraus. Der Egoist in mir hofft zwar, dass du den Mund hältst, aber das würde allen Beteiligten schaden. Du kannst mir alles sagen, Kätzchen, das habe ich dir schon oft genug beteuert. Wirklich alles. Fragt sich nur, ob du es auch tun wirst.«
Auf dem Nachttisch stand noch eine Viertelflasche Gin. Ich setzte mich aufs Bett und leerte sie, bevor ich antwortete.
»Okay. Es war so. Laut Annette bist du ein perverser Lustmolch, der mindestens zwei Frauen im Bett braucht, am liebsten Sterbliche mit
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