Kuss der Nacht - Band 02
viel ausmachen würde, wenn Noah etwas zustieß. Annette ebenso. Ging aber Bones selbst, würde er sich im Zugzwang fühlen und Noah beschützen müssen, egal wie sehr er ihn verabscheute.
»Das wäre eigentlich sogar noch besser«, improvisierte ich. »Wir könnten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens würden mich die Wachen mit meinen braun gefärbten Haaren nicht gleich erkennen. Und wird ihnen dann klar, wer ich bin, können sie mich zweitens kaum umbringen. Ian wäre ganz schön sauer, wenn ihm seine Beute durch die Lappen ginge, was? Das ist den Wachen bestimmt auch klar. Bei ihnen bin ich sicherer als irgendwo sonst.«
»Vielleicht funktioniert das wirklich besser, Crispin«, schaltete sich Annette ein. »Sie würden weniger leicht einen Hinterhalt vermuten, wenn wir jemanden schicken, von dem sie glauben, er wäre zu ihrer. . Unterhaltung da.«
Eine scheinbare Ewigkeit lang sagte Bones kein Wort, dann wandte er sich mit kühlem Lächeln an Annette.
»Nach dem, was gestern passiert ist, habe ich allen Grund, mich zu fragen, ob du das wirklich ohne Hintergedanken vorschlägst. Also hör gut zu, was passiert, wenn Cat etwas zustößt. In diesem Fall verstoße ich dich aus meiner Sippe.« Bones zog ein Messer aus der Tasche und ritzte sich damit die Handfläche auf, wobei er Annette unverwandt ansah. »Bei meinem Blut schwöre ich, dass ich dich verstoßen werde. Und jeder, der dein Dasein in einen Alptraum verwandelt, bekommt eine Belohnung. Hast du mich verstanden?«
Annette musste tatsächlich schlucken. Unwillkürlich zuckte ich zusammen, so leid tat sie mir. Bones hatte ihr gerade Schlimmeres als den Tod angedroht. Jeder untote Halunke würde sich ungestraft an Annette vergreifen dürfen, und sie war nicht stark genug, um sich selbst verteidigen zu können. Bekamen die vampirischen Soziopathen dazu noch die nötigen finanziellen Anreize, hatte Annette ein echtes Problem. Bones sah mich mit hochgezogenen Brauen an. »Jetzt kann Annette dich begleiten, und ich mache mich auf zu Noah.«
Armer Noah. Er war eigentlich nur in die Sache verwickelt, weil er unglücklicherweise mit mir befreundet war. Von allen Beteiligten hatte ich in dieser verfahrenen Situation sogar noch die besten Karten. Annette würde sich ab jetzt mit Leib und Nachleben für mich einsetzen, und Ians Leute riskierten vermutlich lieber den eigenen Tod, als zuzulassen, dass das wertvolle neue Spielzeug ihres Herrn Schaden nahm. Bones, der Noah in Sicherheit bringen sollte, nahm auch ein großes Risiko auf sich. Und falls es Annette und mir nicht gelingen sollte, Ians Männer außer Gefecht zu setzen, drohte die größte Gefahr meinen drei Jungs. Ian hatte angekündigt, einen von ihnen aus Rache und als klaren Beweis seiner Überlegenheit umbringen zu wollen. Die heutige Nacht würde alles entscheiden, und mit einem Mal gelang es mir nicht mehr, darauf zu vertrauen, dass wir alle stark oder schlau genug sein würden, um unser Vorhaben zu einem guten Ende zu bringen. Was, wenn wir es nicht waren? Warum sollten diese Leute ihr Leben für mich riskieren? Schließlich gab es ja noch einen anderen Ausweg. Wählten wir den, musste nur ich mich opfern, und da fiel meine Entscheidung.
»Bones.« Ich ging zu ihm und ergriff seine Hand. »Wir könnten uns das alles sparen. Ian will mich doch nur, weil ich als Mischling eine Seltenheit bin. Als echte Vampirin aber wäre ich nichts Besonderes mehr. Also tu es. Verwandle mich. Mach mich zum Vampir.«
Tates Protestgeschrei hatte ich erwartet, aber die eigentliche Weigerung kam in weitaus leiserem Tonfall daher.
»Nein«, sagte Bones.
Ich stutzte, überrascht und wütend. »Gib dir einen Ruck, verdammt noch mal! Oder hat Annette am Ende doch recht? Bedeutet dir meine Körpertemperatur so viel?«
Der zweite Schlag unter die Gürtellinie. Als ich mich losmachen wollte, hielt mich Bones nur umso fester.
»Nichts überstürzen. Du darfst Dummheit nicht mit Mut verwechseln.« Diesmal schaffte er es, das aufgeregte Geschrei von Tate zu übertönen, der auf Bones' Worte hin endlich den Mund hielt und ihn ungläubig anstarrte.
»Du willst das doch gar nicht, Süße«, fuhr Bones fort. »Du glaubst, keine andere Wahl zu haben, aber ich habe dir schon so oft gesagt, dass es immer noch einen anderen Ausweg gibt. Wolltest du aus ganzem Herzen von mir verwandelt werden, würde ich es tun. Das weißt du. Aber nicht so. Diese Entscheidung lässt sich nicht rückgängig machen, selbst die bitterste Reue
Weitere Kostenlose Bücher