Kuss der Nacht - Band 02
reden«, wiederholte ich atemlos. »Bin gerade hinter einem Vampir her; ich ruf dich zurück!«
Dann warf ich das Handy weg und zog eines meiner Messer hervor.
Bones war nicht mehr zu sehen. Ich hatte ihn aus den Augen verloren, als ich meine ganze Konzentration gebraucht hatte, um nicht über den Haufen gefahren zu werden. Ich rannte dennoch mit unverminderter Geschwindigkeit in die eingeschlagene Richtung weiter, verfluchte meine hochhackigen Schuhe und überlegte hin und her, was mich mehr Zeit kosten würde. Anhalten und sie ausziehen - verdammte Fesselriemchen! -oder einfach weiterrennen und mir womöglich den Hals brechen. Wäre das nicht eine nette Inschrift für meinen Grabstein? Hier ruht Cat. Nicht Fänge, sondern Ferragamos waren ihr Tod.
Mitten auf einem Fußballfeld wollte ich mich schon geschlagen geben und die Schuhe ausziehen - auf dem Rasen waren sie ziemlich hinderlich -, da sah ich in der Ferne etwas Grünes aufleuchten. Vampiraugen glommen in der Dunkelheit. Zum Teufel mit den Stilettos, volle Kraft voraus!
Ich sah die beiden erst, als Bones sein Messer aus der Brust des anderen Vampirs riss. Sie lagen auf dem Boden innerhalb einer umzäunten, frisch angelegten Baustelle. Im Geist stieß ich einen erleichterten Seufzer aus. Zu dieser Stunde war längst kein Arbeiter mehr da. Gut.
Keine Zeugen, die uns Probleme machen konnten.
Ich schwang mich über den Absperrzaun und blieb neben Bones stehen. Adrenalin und der schnelle Lauf ließen mein Herz rasen. Er versetzte der Leiche noch einen letzten Fußtritt und wandte sich dann mir zu.
»Wir müssen reden, Kätzchen.«
»Jetzt?«, fragte ich ungläubig und wies auf den toten Vampir zu seinen Füßen.
»Genau. Der haut uns jetzt nicht mehr ab.«
Sofort schrak ich zurück. In der vergangenen Stunde war ich so damit beschäftigt gewesen, die Killer zur Strecke zu bringen, dass ich vergessen hatte, wie anders zwischen Bones und mir jetzt alles war. Dumm von mir.
Es war ein so anheimelndes Gefühl gewesen, einfach wie früher die bösen Buben zu jagen. Und da stand ich nun auf einer menschenleeren Baustelle und konnte nicht weg. Schlauer wäre es gewesen, im GiGi zu bleiben und Bones den letzten Mistkerl allein erledigen zu lassen.
Bones sah zu, wie ich langsam zurückwich, und seine Augen wurden schmal.
»Keinen Schritt weiter.«
»Ich. . ich muss zurück zum Club, mein Team kommt gleich ...«, wich ich aus.
»Liebst du mich noch?«
Die unverblümte Frage hätte mich fast zum Stolpern gebracht. Ich sah weg, biss mir auf die Unterlippe und hasste mich selbst für die Lüge, die ich gleich aussprechen würde.
»Nein.«
Bones schwieg so lange, dass ich einen kurzen Blick auf ihn riskierte. Er starrte mich durchdringend an.
»Warum hast du Ian dann nicht umgebracht? Dein Messer steckte in seinem Herzen. Du hättest es nur umzudrehen brauchen. Du bist schließlich eine professionelle Vampirjägerin, aber ihn hast du am Leben gelassen. Das war schon fast ein verdammter Valentinsgruß an mich.«
»Gefühlsduselei.« Ich griff nach Strohhalmen. »Nostalgische Anwandlungen.«
Sein Mund verzog sich. »Na ja, wie man so schön sagt: Keine gute Tat bleibt ungesühnt. Du hättest ihn umlegen sollen, denn jetzt ist er hinter dir her. Hast ziemlichen Eindruck hinterlassen. Ich würde mich ja nie gewaltsam an dir vergreifen, Ian aber will genau das.«
»Was soll das heißen?«
Bones lächelte traurig. »Er hat sich in dich verguckt, was sonst. Ian sammelt seltene Stücke, und nichts ist seltener als du, mein schönes Halbblut. Du bist in Gefahr. Ian weiß nicht, dass ich dich gefunden habe, aber er wird dich bald selbst aufspüren.«
Ich dachte nach. Dann zuckte ich mit den Schultern. »Egal. Ich habe Ian schon einmal besiegt, und ich schaffe es wieder.«
»Diesmal nicht.« Etwas in seiner Stimme brachte mich dazu, ihn aufmerksam anzusehen. »Ich kenne meinen Erschaffer. Ian wird dich nicht einfach eines Nachts zu einem fairen Kampf herausfordern. Erst wird er jeden in seine Gewalt bringen, der dir etwas bedeutet, dann wird er dir einen Handel vorschlagen, zu seinen Bedingungen natürlich. Glaub mir, sie werden dir nicht gefallen. Du hast allerdings einen Vorteil auf deiner Seite, und der bin ich. Dank deiner gerissenen Schilderung unserer Beziehung glaubt Ian, wir würden uns hassen. Ganz schön raffiniert. Besonders der Teil mit dem Geld. Willst du immer noch deinen Scheck?«
»Ich stell' dir einen aus, wenn du dann abhaust«, murmelte ich.
Weitere Kostenlose Bücher