Kuss der Nacht - Band 02
hatte ich das Problem noch gar nicht betrachtet. Immer waren noch andere Dinge zu berücksichtigen gewesen. Ließ ich die aber außer Acht, stand meine Antwort fest.
»Nein, mir ist es egal.«
Er schloss kurz die Augen. Aber als er sie wieder öffnete, lag tiefe Überzeugung darin. »Ich weiß, dass du mich verlassen hast, weil du dachtest, du müsstest mich beschützen. Dass ich nicht gegen die Probleme ankäme, die vor uns lagen. Und so hast du versucht, dein Leben ohne mich weiterzuleben. Aber ich konnte das nicht, weil ich gewusst habe, dass es eine Chance für uns gibt, verstehst du? Seit du mich verlassen hast, habe ich jeden Tag nach dir gesucht, Kätzchen, und ich will nicht mehr ohne dich leben müssen. Du hast es auf deine Art versucht, jetzt gib mir eine Chance.«
»Was soll das heißen?«
»Es soll heißen, dass du mir vertrauen sollst; das hättest du schon vor über vier Jahren tun sollen. Ich bin stark genug, um mit allem klarzukommen, was deine Arbeit oder deine Mutter mir abverlangen können. Ich bedeute dir noch etwas, und ich habe dich noch längst nicht aufgegeben. Wir können alle Hindernisse überwinden, die man uns in den Weg legt, wenn du uns nur eine Chance gibst.«
Oh, wäre es doch nur so einfach gewesen.
»Selbst wenn meine Mutter und meine Arbeit nicht wären, hätten wir keine Zukunft, Bones. Du bist ein Vampir. Es war mir ernst, als ich gesagt habe, dass es mir egal ist, aber dir wird es nicht egal sein! Was wirst du tun, wenn ich alt werde? Mir einfach ein bisschen Tigerbalsam gegen meine Arthritis einmassieren? Du wirst dir wünschen, dass ich auch zum Vampir werde. Weigere ich mich, wirst du mich hassen, und daran werden wir zugrunde gehen.«
Er sah mich unverwandt an.
»Nur um das mal klarzustellen: Ich werde dich nie zwingen, ein Vampir zu werden. Ich werde dich weder unter Druck setzen, noch überlisten, noch dir Schuldgefühle einreden. Ist das deutlich genug?«
»Dich stört es also nicht, dass ich alt und grau und runzlig werde und irgendwann sterbe?«, fragte ich barsch. »Willst du das damit sagen?«
Über sein Gesicht huschte so etwas wie Mitleid.
»Kätzchen, setz dich.«
»Nein.« Ein Schauder lief mir den Rücken hinunter. Was immer es war, das ihn urplötzlich so teilnahmsvoll dreinschauen ließ, es konnte nichts Gutes bedeuten. Da wollte ich lieber stehen bleiben. »Raus damit. Was verschweigst du mir?«
Bones erhob sich und blieb vor mir stehen. »Hast du dich nie gefragt, wie lange du leben wirst? Dir jemals wirklich Gedanken darüber gemacht?«
»Nein.« Ich lachte bitter. »Ich dachte, bei dem Job, den ich habe, würde ich ziemlich schnell drauf gehen.«
»Und wenn nicht?«, fuhr er fort. Mein Herz begann schneller zu schlagen. »Du bist eine Halbvampirin. Du warst noch nie krank, dein Körper heilt übermenschlich schnell, und du kannst dir keine der Krankheiten einfangen, mit denen sich der Rest der Menschheit herumschlägt. Selbst Alkohol oder Drogen musst du in riesigen Dosen konsumieren, damit sie wirken, warum also glaubst du, du würdest nur ein durchschnittliches Alter erreichen?«
Die Antwort, zu der ich ansetzen wollte, erstarb mir auf den Lippen, und mir blieb der Mund offen stehen. Irgendwie fühlte ich mich ganz ähnlich wie in der Nacht, als meine Mutter mir offenbart hatte, was ich war.
»Du willst mich doch bloß reinlegen. Mein Herz schlägt, ich atme, bekomme meine Periode, rasiere mir die Beine. . ich lebe. Ich hatte eine Kindheit!«
»Du hast mir einmal erzählt, dass deine Besonderheit erst in der Pubertät wirklich zutage getreten ist. Vielleicht hat der Hormonschub, der auch bestimmte Erbkrankheiten ausbrechen lässt, deine vampirischen Eigenschaften hervortreten lassen, und seither sind sie immer stärker geworden. Dein Pulsschlag und deine Atmung machen dich zwar zur leichten Beute, aber nicht zum Menschen. Du warst nie einer. Du kannst dich nur besser verstellen als ein Vampir.«
»Lügner!«, schrie ich ihn an.
Er zuckte mit keiner Wimper. »Seit dem Tag, an dem du mich verlassen hast, ist deine Haut kein bisschen gealtert. Kein einziges Fältchen. Zugegeben, du bist erst siebenundzwanzig, und es würde erst später offensichtlich, aber trotzdem. Deine Poren, die Hautbeschaffenheit, all das müsste sich verändert haben. .« Zur Verdeutlichung fuhr er mir mit dem Finger über die Wange.
»Hat es aber nicht. Und dann ist da noch das Blut.«
Meine Gedanken überschlugen sich. »Was für Blut?«
»Meins. Ich hatte noch
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