Kuss der Nacht - Band 02
nützlich sein. Zeig sie mir.«
Tate, Juan und Cooper gingen mit uns ins Untergeschoss, wo die Zellen der Vampire waren. Die Wärter wandten den Blick ab, als Bones an ihnen vorüberging. Don hatte sie zwar angewiesen, nichts zu unternehmen, aber sie waren noch nie einem frei herumspazierenden Vampir begegnet, und die Situation war ihnen ganz offensichtlich nicht geheuer.
»In dieser Zelle wohnt Grummel«, erzählte ich und ließ das Rollo hochschnappen, das die Sichtscheibe verbarg. Es wurde nur geöffnet, wenn alle Wärter außer Sichtweite und damit in Sicherheit waren. Da Tate, Juan und Cooper mit Bones' Blut gedopt waren, konnten sie dem Vampir bedenkenlos in die Augen sehen.
»Eigentlich heißt er Dillon, das behauptet er jedenfalls. In untoten Jahren ist er wohl so um die dreißig.«
Dillons blaue Augen weiteten sich, als er in Bones' braune sah, die ihm einen kühlen, abschätzenden Blick zuwarfen. Mit einem Nicken deutete Bones an, dass er genug gesehen hatte.
»Der nächste heißt Jack, aber wir nennen ihn nur Tweety. Er hat eine sehr hohe Stimme, daher der Spitzname. Sechzig Jahre alt, würde ich sagen. Vielleicht siebzig. Wir haben ihn bei einem Baseballspiel aufgegriffen. Er hat die Bierverkäuferinnen ausgesaugt.«
Auch diese Altersangabe bezog sich auf Vampirjahre, aber als Mensch war Jack wohl ähnlich alt geworden. Er war klein, runzlig und wirkte gebrechlich. Aber nur so lange, bis er einem an die Gurgel ging.
»Und das«, ich öffnete den letzten Sichtschutz und präsentierte die blonde Vampirin, die ich einige Monate zuvor dingfest gemacht hatte, »ist Sonnenschein. Wie sie wirklich heißt, wissen wir nicht; sie hat es uns nie gesagt.«
Sonnenschein hatte kaum den Blick gehoben, da sprang sie auch schon wie der Blitz von ihrer Pritsche auf und presste sich gegen die Scheibe.
»Bones! Wie bist du hier hereingekommen? Egal, bring sie einfach um, und lass mich raus !«
»Belinda, du hier?«, freute sich Bones. »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich bin nicht hier, um dich zu befreien.«
»Du kennst sie?«, fragte ich überflüssigerweise.
Sonnenschein legte die Hand auf die Glasscheibe. »Wie kannst du das sagen, nach allem, was zwischen uns gewesen ist?«
Ich erstarrte, aber Tate nahm kein Blatt vor den Mund. »Du hast mit Sonnenschein gevögelt?«
Auch ich wartete mit strengem Blick auf Bones' Antwort.
»Außer ein paar Ficks war gar nichts zwischen uns, Belinda«, stellte Bones richtig. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Jetzt wünschte ich mir, ich hätte sie gar nicht erst gefangen genommen, sondern gleich kaltgemacht.
Juan sagte etwas auf Spanisch, das ich nicht verstand, und zu meinem Erstaunen antwortete Bones in der gleichen Sprache. Juans Stirn legte sich in Falten, als er daraufhin lachen musste.
»Das ist unhöflich«, empörte ich mich und fand das alles gar nicht lustig. Irgendwie wusste ich, dass sie sich nicht über Sonnenscheins - beziehungsweise Belindas - Beißerchen unterhalten hatten.
Zum ersten Mal betrachtete ich die Vampirin als Frau, und was ich sah, gefiel mir gar nicht. Belinda war sehr hübsch, sogar völlig ungeschminkt. Sie hatte langes Blondhaar, daher ihr Spitzname, große Brüste und eine schmale Taille über ausladenden Hüften. Ihre kornblumenblauen Augen passten zu ihren vollen, zartroten Lippen. Damit sie Bones besser küssen kann...
»Tut mir leid, Kätzchen«, entschuldigte sich Bones, der jetzt wieder englisch sprach. Juan klopfte mir auf den Rücken. »Er spricht besser spanisch als ich, querida.«
»Anscheinend weiß ich vieles nicht über ihn«, bemerkte ich maliziös. Tate hustete, um sein Lachen zu verbergen.
Bones wandte sich wieder Belinda zu. »Hör auf, mir schöne Augen zu machen. Du sitzt da drin, weil du ihr etwas antun wolltest.« Mit einem Nicken wies er auf mich.
»Von mir aus kannst du deswegen gleich zu Staub zerfallen. Aber dein Aufenthalt hier ließe sich unter zwei Bedingungen angenehmer gestalten. Erstens müsste die bezaubernde Dame an meiner Seite zustimmen. Zweitens müsstest du uns deine uneingeschränkte Mitarbeit zusichern. Bleibt die aus, erwartet dich ein qualvoller, langsamer Tod. Haben wir uns verstanden?«
Belinda nickte und trat von der Glasscheibe zurück. Ich schloss den Sichtschutz, weil ich ihre Visage nicht länger ertragen wollte.
»Ich für meinen Teil stimme für ihren qualvollen, langsamen Tod«, rief ich Und stürmte davon. Als wir den Vampirtrakt verlassen hatten, machte ich
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