Kuss der Sünde (German Edition)
das Kni s tern brennender Scheite im Kamin mischte. Olivier saß im Zentrum der Aufmerksamkeit an einem eilends herbeigeholten Sekretär und unte r zeichnete den Kaufvertrag, den Kardinal Rohan mit den Juwelieren Boehmer & Bassange ausgehandelt hatte. Er hob die Feder vom Papier und sah auf. Die de La Mo t te, ihr Rittmeister, Nicolette und Reteaux de Vilette schienen den Atem anzuhalten, als er seine Arbeit unte r brach.
„Eine Ratenzahlung?“
„Die erste Rate erfolgt im August“, erläuterte ihm der Kopf des Ganzen. „Es bleibt uns ausreichend Zeit, Interessenten für die Steine zu finden. Mein Gemahl wird zu diesem Zweck nach London reisen.“
„Und Sie bleiben in Paris?“, hakte Olivier nach und machte sich einen Spaß daraus, dieses verlogene Grüppchen hinzuhalten, indem er die Feder ablegte, anstatt in seiner Arbeit fortzufahren. Falls sie sich einbildete, er würde sich nach dieser Nacht weiterhin für ihre lasziven Spielchen hergeben, hatte sie sich gewaltig geschnitten.
„Ich sehe keinen Grund, weshalb wir auf Dauer Paris oder gar Frankreich den Rücken kehren sollten“, meldete sich Rittmeister de La Motte zu Wort.
Olivier saß dem Mann an diesem Abend zum ersten Mal gegenüber, obwohl er in den letzten Monaten seinen Teil der Abmachung eingehalten und die Comtesse regelmäßig besucht hatte. Ein lächerlich marinierter Laffe mit nö r gelnder Stimme. Seine einzige Fähigkeit schien darin zu bestehen, über die Eskapaden seiner Gemahlin hinwegzusehen und sich ansonsten auf Handla n gerdienste zu beschränken. Das schlaffe Kinn und die niedrige Stirn ließen darauf schließen, dass er bisher keine einzige Idee ersonnen hatte, die diesem Gaunerpaar einen Vorteil gebracht hatte.
„Sollte Rohan so dumm sein und sich verplappern, wird ihm niemand gla u ben“, meinte er hochtrabend und von Vilettes Nicken bestärkt. „Jede Aussage wäre zu seinem Nachteil. Darum wird er den Mund halten.“
Ein leidiges Thema, über das häufig gesprochen wurde. Olivier hatte seine eigenen Ansichten dazu. „Sie vergessen immer wieder den Stammbaum des Kardinals. Er ist mit einigen großen Familien des französischen Hofs eng verbunden und besitzt beträchtlichen Einfluss.“
Der Rittmeister blies die Wangen auf. Seine dichten Augenbrauen trafen über seiner Nasenwurzel zusammen. „Auch unser Einfluss hat zugenommen. Die gute Gesellschaft gibt sich in Bar-sur-Aube die Klinke in die Hand. Wir gehören zu ihr. Wir gelten als ehrenwert und achtbar. Attribute, die man I h nen gewiss nie zuschreiben wird, Brionne.“
Olivier sah sich im Salon um. Die Kandelaber waren aus massivem Silber. Die Kerzen parfümiert. Der Kaminsims aus weißem Marmor. Die Farbe wi e derholte sich am Boden, auf dem dicke Teppiche lagen. Die Möbel waren durchweg neu. Nicolette nannte sich neuerdings Comtesse d ’Oliva und Reteaux de Vilette kleidete sich wie ein Aristokrat. Das gaunerische G e spann lebte wie die Maden im Speck. Es waren seine Briefe, die ihnen dieses Leben ermöglichten.
„Rohan ist bereits jetzt verschuldet“, erinnerte er die Anwesenden. „Selbst wenn er zahlen wollte, um den Schaden zu begrenzen – er könnte es vermu t lich nicht.“
Die Comtesse de La Motte legte die Hand auf seine Schulter, was ihm einen grimmigen Blick von Seiten ihres Gatten eintrug. „Natürlich wird dieser B e trug auffliegen, sobald die erste Zahlung fällig wird. Das soll jedoch nicht deine Sorge sein, Olivier. Ich werde mich dieses Problems annehmen, sobald es so weit ist, denn eines ist sicher, der Kardinal wird eher alle Schuld auf sich nehmen, anstatt die Königin zu bezichtigen. Unterzeichne den Ve r trag.“
„Und vergesst nicht, auf die richtige Weise zu unterzeichnen“, warf Vilette ein. „Marie Antoinette de France!“
„Ach, halt den Mund, Vilette!“, herrschte sie ihren Sekretär an.
Olivier tauchte die Feder in das Tintenfass und setzte seine Arbeit fort. Der Betrug war weit fortgeschritten und bisher reibungslos verlaufen. Die Hälfte seines Lohns hatte er bereits erhalten. Die andere Hälfte würde er heute Nacht mitnehmen. Alle atmeten auf, als er den letzten Strich setzte. Die Co m tesse nahm den Vertrag an sich, verstaute ihn in einer ledernen Mappe und schloss sie weg.
„In drei Tagen erfolgt die Übergabe. Rohan besteht darauf, zugegen zu sein. Wir benötigen einen Mann in der Livree der Königin. Die Livree habe ich bereits besorgt, der Mann jedoch, der die Schmuckschatulle in Empfang ne h men wird,
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