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Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung

Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung

Titel: Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Piel
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sehen. 
    Marcus hob seinen Krug an die Lippen und trank von dem eiskalten Bier. Utz stützte seinen Kopf in seine Hand, lag mit dem Oberkörper über dem Tisch und betrachtete die Fotos der Gründer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, der NSDAP, die an der Wand hingen. Roderick starrte der Bedienung hinterher.
    „Was wollen wir überhaupt hier?“, fragte Utz gelangweilt. Roderick nickte.
    „Genau. Sag an, Marcus! So hübsch sind die Mädels hier auch wieder nicht.“
    Marcus knallte den Krug auf den Tisch, so dass ihn beide erschrocken anstarrten. Idioten! Was wollten sie wohl hier? Seit einigen Monaten beobachteten sie gemeinsam, was aus den Menschen geworden war, nur weil ein bestimmter Mann, ein narzisstischer Mann, sie in eine neue Zukunft führen wollte. Sie hoben ihren Arm, wenn sie seinen Namen hörten, bekamen rote Pausbacken, wenn sie von ihm erzählten, taten unglaubliche Dinge, glaubten alles, was er sie glauben machte. Marcus war fasziniert von ihm. Das Land war im Wandel.   Etwas Schreckliches lag in der Luft, drang aus den ungewaschenen Poren der Arbeiterklasse. Und er wollte dabei sein. Mittendrin. Er spürte die Blicke seiner beiden Gefährten auf sich, grinste und beugte sich vor.
    „Wir werden uns endlich ausleben dürfen.“ 
     
    Hindenburg macht Hitler ohne demokratische Wahl zum Reichskanzler
    Das Jahr 1933 ist das Jahr der großen Entscheidungen.
    Wofür die Bewegung 14 Jahre lang unermüdlich gearbeitet hatte, in diesem Jahre gewann es leuchtend Form und Gestalt.
    Der Montagmorgen findet ein Land, das der Entscheidung entgegenfiebert. Am Vormittag des 30. Januar besteigt Hitler seinen Wagen und fährt zur alten Reichskanzlei hinüber. 
    Als die Mittagsstunde von den Kirchtürmen schlägt, kehrt er als Kanzler wieder.

    Utz sah ihn ratlos an. „Und was soll uns das sagen?“, fragte er. Marcus rollte genervt mit den Augen und tippte mitten in die Zeitung. 
     
    Am 1. Februar sprach Adolf Hitler zum ersten Male im deutschen Rundfunk.
    Um die Radioapparate ballten sich die Menschen, kein Lautsprecher, der an diesem Abend nicht gearbeitet hätte, kein Kopfhörer, der unbenutzt an der Wand gehangen hätte.
    Adolf Hitler sprach seinen berühmt gewordenen „Aufruf an das deutsche Volk“.
    Von tiefem Ernst getragen sind die Leitsätze der Regierung. Sie versprechen nichts, als dass die Männer der nationalen Erhebung arbeiten werden für die Beseitigung der Schäden der letzten 14 Jahre, dass sie die Arbeitslosigkeit beseitigen werden und dem Volke wieder Frieden, Freiheit, Arbeit und Brot geben wollen.

    „Dieser Mann ist unsere Freikarte. Mit ihm können wir uns ausleben. Das Volk liebt ihn, vergöttert ihn. Die Menschen sind voller Hoffnung.“ Roderick starrte ihn noch immer verständnislos an. „Marcus, ich verstehe immer noch nicht, wie du darauf kommst.“ Marcus funkelte ihn böse an. „Verstehst du nicht? Dieser Hitler ruft sein Volk auf, für ihn zu sein. Es gibt keine Demokratie mehr. Sämtliche Grundrechte sind außer Kraft getreten. Hitler besitzt die vollumfängliche Macht, zu tun, was er will. Und wir sind dabei.“ Marcus war sichtlich genervt von der Unwissenheit seines Rudels, faltete die Zeitung zusammen und schob sie von sich.
    „Ihr werdet schon sehen, was passieren wird. Nun sollten wir uns erstmal Vertrauen aufbauen“, murmelte er, führte seinen Krug an die Lippen und trank das bittere Bier. Sein Blick verfolgte einen großen, bulligen Mann, der sich auf ihren Tisch zubewegte und schließlich vor ihnen stehenblieb.
    „Und wer seid ihr?“ Er hielt seine hässliche, braune Kappe in der einen Hand, in der anderen einen Bierkrug, den er auf dem Tisch abstellte. Sein Gesicht war rötlich, die Lippen wulstig und sein Doppelkinn lag auf dem Kragen seines braunen Hemdes. Jeder hier trug dieselben Uniformen, an den Ärmeln rote Banderolen mit einem Kreuz drauf, an den Füßen schwarze, schwere Lederstiefel.
    „Wer will das wissen?“, fragte Marcus. Er stand auf, schob den Stuhl mit den Kniekehlen zurück, so dass die Stuhlbeine laut über den Boden schabten, und brachte sich auf Augenhöhe mit dem Kerl.
    Das Rot im Gesicht des Mannes vertiefte sich. Er verengte die Augen, schnippte mit dem Finger seine Kumpane herbei. Nun erhob sich auch Roderick. Utz blickte gelangweilt hoch. Seine Jungs gaben imposante Soldaten ab. Marcus hatte sie natürlich alle in dieselben Uniformen gesteckt. Um nicht aufzufallen, hatte er ihnen erklärt, als sie die drei

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