Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
ihm zu, setzte mich neben ihn, griff nach einem restlichen Stück Pizza und biss ab.
„Du, hör mal, Anna.“ Er machte eine Pause. Ich schluckte die Pizza runter und sah ihn an.
„Wieso fragst du nicht frei raus, was du möchtest?“ Langsam verlor ich die Geduld. Konnten wir nicht einfach nur zusammen sein?
„Ich wollte doch nur wissen, ob die Gefahr groß ist, zum Werwolf zu werden, wenn man gewandelt wird.“ Jetzt schien auch er sauer zu werden.
„Erzähl mir keinen Scheiß. Du fragst mich das alles nur aus einem Grund, Sam.“
„Was ist daran so falsch, dass ich nicht alt werden will mit der Gewissheit, dass du nach meinem Tod einen Neuen haben wirst?“
Nun hatte er meine Befürchtungen ausgesprochen. Ich hatte recht gehabt. Er wollte tatsächlich gewandelt werden.
Gäbe es dann einen Neuen? Ich vermutete nein, denn Sam rief in mir Gefühle wach, die noch niemand in mir wachgerufen hatte. So ging ich momentan nicht davon aus, dass ich mich wieder auf jemanden so einlassen würde, wie auf Sam. Auch wenn ich nochmal tausend Jahre leben würde.
„Das ist noch kein Grund, mich zu so etwas zu fragen, so als wolltest du wissen …“ Ich schluckte, denn nun ballte er die Hände zu Fäusten.
„Was? Was will ich denn wissen?“ Ich stand auf, die Luft zwischen uns wurde mir zu dick. Der Raum beengte mich. Die Wölfin kratzte gegen meine Haut.
„Dass ich dich wandele. Du willst, dass ich dich wandele, damit du immer an meiner Seite bleiben kannst“, sprach ich meine Gedanken laut aus, ging im Zimmer hin und her. Ich blieb stehen und sah ihn an. Seufzend setzte ich mich wieder zu ihm.
„Hör mal, Sam. Ich kann das nicht tun. Das weißt du.“
„Du nicht, aber Adam.“ Ungläubig starrte ich ihn an.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?“
„Doch. Oder werde ich dann zum bösen Werwolf?“ Offen sah ich ihn an, schüttelte langsam den Kopf.
„Nein. Sam, nein. Ich habe schon einmal in die Natur eingreifen lassen. Ich werde es nicht noch einmal tun.“ Sam presste die Lippen aufeinander, stand auf, fuhr sich durchs Haar, schnappte seine Jacke.
„Tut mir leid, Anna. Ich muss nachdenken. Über uns und ob ich das kann.“ Was? War er verrückt geworden?
„Sam, bitte. Versteh mich doch …“
„Nein Anna. Versteh du mich. Ich liebe dich. Ich möchte mit dir mein Leben verbringen. Wenn ich nicht gewandelt werde, wäre immer etwas zwischen uns.“ Jetzt stand ich auch auf, berührte ihn am Arm, den er störrisch wegzog.
„Lass mich. Ich will nach Hause und darüber nachdenken.“ Mir stiegen Tränen auf.
„Aber wir sind doch endlich alleine. Ich dachte, wir verbringen den Abend miteinander.“ Meine Stimme klang zittrig, und als ich ihn ansah, lief mir eine Träne aus dem Auge. Er wischte sie mir fort.
„Ich melde mich morgen, okay?“ Er schlüpfte in seine Jacke und ging zur Tür. Ich sagte nichts mehr, versuchte nicht, ihn aufzuhalten. Als er die Haustür hinter sich zufallen ließ und ich alleine auf der Couch saß, strömten mir die Tränen aus den Augen. „Ich kann es doch nicht ändern. Ich darf es nicht ändern“, schluchzte ich, zog meine Knie an und legte meinen Kopf darauf.
Kapitel 19
New York, Herbst 2012
«Nur noch wenige Stunden bis zur Parade.»
Sie landeten planmäßig um 14.40 Uhr in New York am Kennedey Airport. Ohne Gepäck reihten sich bei der
Immigration
ein, der Einwanderungsbehörde. Marcus wusste, wie streng die Mitarbeiter waren, und so hielt er Mandy an, sich vollkommen unauffällig zu verhalten. Er zog ihren Rollkragen über das Halsband, das bereits hässliche rote Brandblasen hinterlassen hatte. Sie musste ihn hassen, aber das war egal. Er wollte nicht gezwungen sein, seine Pläne, die er mit den Menschen hatte, früher umzusetzen. Es sollte alles genauso ablaufen, wie er es in den letzten Tagen vorbereitet hatte. Rodericks Ausrüstung stand bereits in seinem Penthouse in der 45sten Straße. Die anderen würden ebenfalls bald landen und zu ihnen stoßen. Nur noch wenige Stunden bis zur Parade.
Marcus war fertig mit seiner Sicherheitsbefragung und steuerte eine Toilette an. Die anderen würden noch einen Moment brauchen, bis sie durch waren. Er steuerte eine Kabine an und verriegelte die Tür hinter sich. Rodericks Handy stellte er auf Empfang und stieg auf die Toilette, um sich zur Decke zu strecken. Die Klobrille rutschte weg, aber Marcus behielt das Gleichgewicht. Er drückte gegen eine der viereckigen, hellen Deckenplatten, hob sie ein Stück
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