Kuss des Apollo
erscheint auch nicht auf der Premierenfeier.
Schließlich, nachdem er sie stundenlang im nächtlichen Paris gesucht hat, findet er sie im Bois de Boulogne, das heißt sein Hund findet sie, es ist nun nicht mehr Herbst, es ist Winter, es liegt Schnee, und sie sitzt ganz zusammengesunken auf einer Bank.
Er reißt sie hoch, schüttelt sie.
»Du wirst dir den Tod holen.«
»Und wenn schon. Ich werde nie die Isolde singen.«
Er hebt sie hoch, trägt sie zu seinem Wagen und wickelt sie in eine Decke.
»Wehe, wenn du morgen heiser bist. Du hast ein neues Lied, das hat mir dein Pianist erzählt.«
»Nichts Besonderes.«
Er nimmt sie mit nach Hause, wickelt sie wieder warm ein, macht ihr einen heißen Drink, küsst sie dann endlos, mit all der lang unterdrückten Leidenschaft.
In dieser Nacht schlafen sie das erste Mal zusammen, und es wird wirklich eine tolle Liebesszene, auf die man in diesem Film lange warten musste.
Die nächste Szene dann: der Abend im Cabaret, die Premiere ihres neuen Chansons.
Der Pianist beginnt, sie schaut ins Publikum, schaut darüber hinweg, wie sie es immer tut, beginnt zu singen.
»La rêve d’amour commence un jour.«
Sie spürt die Unruhe im Publikum, sieht lachende Gesichter, sieht wie die Leute tuscheln, dreht sich um.
Ihr Pianist hat den Platz am Flügel geräumt, da sitzt nun der berühmte Dirigent, spielt, sieht sie lächeln. Er hat das Lied für sie komponiert.
Sie wusste es nicht. Das Publikum jedoch sieht es gedruckt in seinem Programm.
Das ist der Schluss des Films.
Alexander sprach von einer herrlichen Schnulze. Womit er nicht ganz unrecht hatte. Der Film wurde ein echter Kassenschlager. Geraldine Bansa und Raymond Challier spielten großartig. Die gelungene Mischung aus Chansons und klassischer Musik aber gab dem Film das gewisse Etwas.
Dreharbeiten in Paris
Es hatte sich alles ganz anders entwickelt, als Alexander sich erhofft hatte. So wie es im Frühling im Grunewald angefangen hatte, so sollte es weitergehen.
Doch nun war er während der Dreharbeiten dem Aufnahmeleiter als Assistent zugeordnet gewesen. Es gab eine Menge Schwierigkeiten, nicht nur weil Raymond Challier Allüren hatte, sondern auch weil die Zweisprachigkeit nicht so leicht zu bewältigen war. Der Film wurde zwar in französischer Sprache gedreht, es waren jedoch auch einige deutsche Schauspieler dabei, sodass manche Szenen zweisprachig aufgenommen werden mussten. Dies bedeutete, dass alle Schauspieler sehr konzentriert agieren mussten. Geraldine bewältigte diese Aufgabe großartig, aber abends war sie oft recht erschöpft.
Das erkannte Alexander bald. Er war nicht mehr der verhinderte Liebhaber, er wurde ein Freund, ein Beschützer. Er nahm ihr ermüdende Gespräche und Stellproben ab, verteidigte ihre Argumente, denn die hatte sie genauso wie beim Amphitryon-Film. Mal passte ihr dies nicht, mal jenes, sie bestand auf der Änderung einer Szene, der Umstellung eines Dialogs, und ihr perfektes Französisch ermöglichte es ihr, sich durchzusetzen. Gut waren ihre Vorschläge meist.
Ein Beispiel sei hier genannt: Sie ist zum ersten Mal in einem Konzert, das er dirigiert, denn sie weiß nun, wer er ist. Sie sitzt am Rand der dritten Reihe. Als er aufs Pult kommt, erkennt er sie, und das Drehbuch verlangt, dass er lächelt, sich leicht in ihre Richtung verneigt. Nein, so Geraldine, er bemerkt mich, aber kein Blick, kein Lächeln offenbart es dem Publikum, und Raymond ist ein so guter Schauspieler, dass es keiner Gebärde, keiner Bewegung bedarf. Der Kontakt, die Begrüßung ist nur in seinen Augen zu erkennen.
Das überzeugte Challier sofort. Und weil er ein guter Schauspieler war, gelang die Szene hervorragend.
Ihr Zusammenspiel war vollendet, auch der Regisseur, der manchmal anderer Meinung war, musste es anerkennen. Challiers Frau beobachtete dies mit Widerwillen, Alexander mit wachsender Begeisterung.
Es ging ihm nicht mehr darum, Geraldine zu erobern. Er nannte es nicht mehr Liebe, obwohl es nun wirklich Liebe war. Aber was viel wichtiger war: Sie brauchte ihn. Und er war für sie da.
Nur etwas irritierte ihn: Geraldines wachsende Unruhe. Sie sah sich ständig um, blickte jedem Mann, der in ihre Nähe kam, nach, jedem Reporter, jedem Mitarbeiter im Studio, jedem Statisten. Wenn es ein gut aussehender, dunkelhaariger Mann war, schreckte sie geradezu auf.
»Wen suchst du eigentlich?«, fragte er sie schließlich.
»Suchen? Wieso, was meinst du? Wen soll ich suchen?«
»Es kommt mir so
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