Kuss des Apollo
ich von dir grüßen, nicht wahr? Und sonst, also …«, sie stockte, sie stand schon in der Zugtür, sie lächelte. »Wie das so ist, ich danke dir. Aber nun ist es erledigt.«
Rückkehr nach Sylt
Geraldine bekam einen Fensterplatz im Großraumwagen. Und sie genoss es, allein zu reisen. Sie brauchte keine Vorträge von Alexander, denn inzwischen war es kein einmaliges Erlebnis mehr, mit dem Zug zu reisen. Und es war alles so, wie sie es erwartet hatte. Sie sah die Tiere auf den Weiden. Hier und da entdeckte sie ein Fohlen, und sie streckte unwillkürlich die Hand aus, weil sie das seidige Fell der Pferde spürte, die sie bald wieder berühren würde. Sie musste nur noch darüber nachdenken, wie sie es anfangen sollte, Alexanders Freunden aus dem Weg zu gehen.
Sie erinnerte sich an alles, was sie auf der Fahrt nach Sylt gelernt hatte. Nach einer Stunde etwa kam die große Brücke, die über den Kanal führte, dann Husum, die graue Stadt am Meer, wie Theodor Storm sie genannt hatte. Und dann würde sie über den Hindenburgdamm fahren und wieder auf der Insel sein. Ein wenig bange war ihr davor, jetzt ganz allein bei Frau Holm zu wohnen. Der Gedanke, dass vielleicht Jana Frobenius auftauchen würde, war ihr besonders unangenehm.
An Herbert Frobenius dachte sie kaum, sie hatte zwei glückliche Nächte mit ihm verbracht, und das war erledigt. Selbstverständlich erledigt, konnte gar nicht anders sein. Schuld war dieser Harald. Dunkles Haar und dunkle Augen, sie hatte ihn kaum richtig gesehen. Wie albern sie sich benommen hatte.
Sie würde ihn wiedersehen. Wann und wo, das konnte sie nicht wissen. Und wenn sie ihn nie wiedersah, dann war es mit ihrer Karriere vorbei.
Daran konnte kein Frobenius, kein Alexander und nicht einmal Monsieur Challier etwas ändern.
Der Zug rollte jetzt auf Keitum zu, sie fuhren am Grünhof vorbei, dann am Keitumer Bahnhof, ein IC hielt hier natürlich nicht. Und dann Westerland, Endstation. Sie hatte nicht viel zu tragen, nur das kleine Köfferchen und die Mappe mit den Treatments.
Sie nahm sich ein Taxi und ließ sich nach Keitum fahren.
Plötzlich kam sie sich richtig erwachsen vor.
Zuerst erschien Nelson und begrüßte sie stürmisch.
Sie ließ Köfferchen und Tasche fallen, setzte sich einfach auf den Boden und nahm ihn in die Arme.
Der Taxifahrer lachte. Frau Holm kam aus dem Haus und schüttelte den Kopf.
»Kommen Sie schnell herein, Sie werden ja ganz nass.«
Geraldine hatte gar nicht bemerkt, dass es angefangen hatte zu regnen.
Erklärungen waren überflüssig, Frau Holm wusste Bescheid, dass Geraldine allein kommen würde. Jana hatte angerufen.
»Hoffentlich wird es Ihnen mit mir allein nicht zu langweilig«, sagte Frau Holm und goss Tee ein. Es war fünf Uhr, um diese Zeit gab es immer Tee.
»Bestimmt nicht«, sagte Geraldine. »Nelson ist schließlich auch da, und die Pferde. Und außerdem habe ich mir Arbeit mitgebracht. Es sei denn …«, sie zögerte, »ich meine, es könnte ja sein, Sie haben genug von mir. Oder Sie wollen an jemand anders vermieten.«
»Das darf ich ja nicht«, das klang ein wenig missmutig. »Meine Tochter erlaubt es nicht. Früher habe ich öfter mal zwei Zimmer vermietet. Aber Jana ist der Meinung, das Haus sollte für sie und die Familie jederzeit zur Verfügung stehen. Also, ich bin ganz froh, dass Sie da sind, Frau Bansa, sonst wäre ich ziemlich einsam.«
Geraldine lachte. »Das wären Sie bestimmt nicht. Ich weiß doch, wie viele Freunde und Bekannte Sie hier haben. Und könnten Sie mir einen Gefallen tun? Sagen Sie nicht Frau Bansa zu mir. Ich heiße ja eigentlich Bantzer, und wenn Sie sich daran gewöhnen würden, mich Geraldine zu nennen, wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
Sie lächelten sich an. Es war wirklich eine neue Situation, die junge Frau und die ältere Frau waren allein, und Geraldine empfand geradezu ein Gefühl der Befreiung.
»Vielleicht wird ja Ihre Tochter kommen«, fiel ihr noch ein.
»Kann sie im Moment nicht, sie hat zu viel zu tun.«
Geraldine seufzte erleichtert.
Sie hatte Jana gegenüber keineswegs ein schlechtes Gewissen, aber sie wollte sie jetzt nicht gern treffen.
»Übrigens habe ich gestern Abend wieder eine Folge mit Ihrem Vater gesehen, Geraldine. War sehr gut.«
»Wenn ich darf, möchte ich ihn gern heute Abend anrufen. Falls er zu Hause ist. Es ist nämlich so …«, sie lachte, »er hat seit einiger Zeit eine Freundin. Es ist mir schwergefallen, mich daran zu gewöhnen, denn bisher hatte ich
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