Kuss des Apollo
Krimi ansahen, der ziemlich langweilig war.
Später am Abend ging sie noch einmal vor die Tür. Es hatte aufgehört zu regnen, ein einsamer Stern stand am Himmel.
Immer noch glücklich und zufrieden ging sie wieder hinauf in ihr Zimmer. Sie war sehr müde, sie freute sich auf die stille Nacht, auf ihr Bett, auf den Schlaf. Und auf die kommenden Tage, möglicherweise blieb sie auch noch eine ganze Woche. Oder zwei Wochen, wenn Frau Holm sie dazu aufforderte. Eine ruhige friedliche Zeit würde es sein. Gerade weil sie allein war. Sie vermisste weder Alexander noch Jörg.
Aber so ruhig und friedlich, wie sie hoffte, würde die kommende Zeit nicht sein.
Über den Wolken
So entspannt und glücklich fühlte sich Herbert Frobenius auf dem Flug nach London nicht. Ungeheuerliches war geschehen.
Wie konnte das passieren? Wie ein Sturm hatte sie ihn mitgerissen. Weder der Gedanke an Jana noch an Alexander bedrückte ihn. Dass zwischen Geraldine und Alexander keine enge Bindung bestand, war offensichtlich. Auch wenn es nicht zu verstehen war.
Aber was war an diesem Mädchen, dieser Frau, überhaupt zu verstehen?
Er hatte Jana einige Male betrogen, das war schon lange her und niemals wichtig gewesen.
Aber wie würde sich die Sache mit Geraldine weiterentwickeln?
Es ist erledigt, hatte sie gesagt. Er konnte nicht wissen, wie geläufig ihr diese Redensart war.
Für ihn war es nicht erledigt. Die beiden Tage in Hamburg, diese zwei Nächte, würden ihn noch lange beschäftigen, würden eine ungeahnte Unruhe in sein Leben bringen. Das fühlte er.
Und wie sollte er in Zukunft mit ihr zusammen arbeiten können? Erfüllt von dem Verlangen, sie wieder zu umarmen. Das durfte nicht sein, darüber war er sich im Klaren.
Er ertappte sich bei dem Wunsch, dass er sie am liebsten nie wieder sehen wollte.
Er stöhnte, als er diesen Wunsch in sich spürte.
Es war Feigheit, nichts als Feigheit.
Denn gleichzeitig wünschte er sich, sie wieder zu besitzen. Besitzen, das dachte er wirklich. Und dieses Wort war ihm noch nie im Zusammenhang mit einer Frau in den Sinn gekommen. Ihre restlose Hingabe war es wohl, die ihn so denken ließ.
Während des kurzen Fluges war es ihm unmöglich, sich zu konzentrieren. Er nahm zwar die Papiere zur Hand, die Vertragsentwürfe, die es zu besprechen galt, aber er konnte an nichts anderes denken.
Er spürte sie noch in seinen Armen, ihren leichten grazilen Körper, ihre Lippen, ihre Küsse, und dann, wie sie vertrauensvoll an seiner Seite schlief.
Musste er so alt werden, um endlich zu wissen, was Liebe war?
Er verbot sich den Gedanken sofort. Von Liebe durfte er nicht reden, an Liebe nicht denken.
Es war ein seltsames, ein unbegreifliches Erlebnis, ein irgendwie unbegreifliches Erlebnis, und damit war er wieder bei seinem Lieblingswort angelangt, das man nicht erklären konnte.
Erledigt, hatte sie gesagt.
Und damit hatte sie recht.
Aber für ihn war es nicht erledigt, er war nicht imstande, seine Gefühle zu bewältigen.
Er atmete schwer, als der Flieger zur Landung in Heathrow ansetzte, und die Stewardess warf ihm einen besorgten Blick zu. Aber ihm war ein Lächeln schon zu viel.
Nie mehr würde er unbefangen eine Frau ansehen können.
An Jana wollte er nicht denken. Es war sinnlos, an sie zu denken. Was geschehen war, würde er ihr nie erklären können.
Dann fiel ihm Will ein. Er war wohl der Einzige, mit dem er darüber sprechen konnte.
Nein. Nicht einmal mit ihm.
Er blieb allein mit seinen verwirrenden Gefühlen, seinen verstörenden Gedanken.
Es war nur gut, dass er anschließend nach Amerika fliegen würde. Dass er einige Zeit weit weg sein würde. Auch wenn er seine Gedanken mitnehmen musste, so weit konnte keine Reise sein, dass sie ihn nicht verfolgten. Genau genommen hatte er in Hollywood nichts verloren. Er würde keinen Film dort drehen, wieso auch, wer kannte ihn schon. Er entsprach dem Wunsch von Challier. Der fühlte sich in Hollywood nicht wohl und wollte gern wieder mit Frobenius einen Film machen. Ob man nicht darüber sprechen könne?
Es war nur ein Telegramm gewesen, seine Sekretärin hatte es übersetzt und dann hinzugefügt, sie nehme an, dass es Frau Bansa wäre, mit der Challier wieder filmen wolle.
Die beiden seien wirklich ein Traumpaar, hatte sie geschwärmt. Sie habe den Film schon dreimal gesehen. Aber wie sie singe und wie er dirigiere, und diese unerträgliche Spannung, bis sie sich endlich küssen, das sei ungeheuerlich.
Frobenius hatte zugestimmt.
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