Kuss des Feuers
unmännlich, wenn ich gestehe, dass mir deine Gesichtscreme besser gefällt als meine?«, fragte er, während er sein Hemd mit einer Flinkheit aufknöpfte, die sie völlig bannte.
»Nein.« Nichts an ihm könnte je für unmännlich gehalten werden. Wieder hatte sie blitzartig dieses Bild von ihm vor Augen. Unversehrt und ohne jeden Makel. Mit goldener Haut. Sein Haar nicht kurz geschoren, sondern mit schimmernden schwarzen Locken.
Ben
.
Das Hemd fiel zu Boden, und ihr stockte der Atem. Er war einfach wunderschön. Angefangen bei den hervortretenden Muskelsträngen an Schultern und Armen bis hin zur kleinen Mulde zwischen den Schlüsselbeinen und den flachen, parallel verlaufenden Muskeln auf seinem Bauch war alles an ihm schön und verschlug ihr die Sprache.
Er sah ihren Blick und grinste so breit, dass sich Grübchen in seinen Wangen bildeten. »Hallo«, sagte er leise, ehe er zu ihr kam. Sie konnte nicht mehr denken. Es berauschte sie wie eine Droge, wenn sie sich küssten. Sie drückte sich an ihn, und seine liebevolle Fürsorge ließ ihre Lippen pochen. Konnte man eigentlich nach einem Mann süchtig sein?
Seine flinken Finger machten kurzen Prozess mit den Schnüren ihres Leibchens. Es fiel gleich darauf, und sein Daumen glitt unter die Rundung ihres Busens. Heiße Zuckungen brachten ihren Bauch zum Beben. Sie löste sich von ihm und legte die Hände auf seine Schultern, um ihn auf Abstand zu halten. »Nein«, sagte sie. »Hör auf.«
Ihr Tonfall ließ ihn erstarren. Langsam rutschte er vom Bett und stellte sich hin. Forschend glitten seine grauen Augen über ihr Gesicht. Als er sah, was darauf so eindeutig zu erkennen war, atmete er mit ernster Miene tief ein und wirkte zutiefst schuldbewusst.
»Wolltest du es mir irgendwann sagen?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht.« In der Halsbeuge sah man seinen Puls pochen, während er sie immer noch starr wie eine Statue anblickte, und das Weh in ihrer Brust verwandelte sich in einen handfesten Schmerz.
»Nun, das ist ja herzerfrischend«, fuhr sie ihn an, während ihre Finger sich im Laken verkrampften. »Ehrlichkeit geht doch über alles, nicht wahr?«
»Wer war es?«, fragte er. Immer noch rührte er sich nicht von der Stelle. »Eula? McKinnon?« Brennende Röte stieg in seine linke Wange, und er machte eine ruckartige Bewegung. »Dieser Mistkerl.«
Miranda sprang auf. »Was spielt es für eine Rolle, wer es mir erzählt hat? Du hättest es von Anfang an selber tun müssen!«
»Es dir erzählen?«, fuhr er sie an und wurde noch röter. »Du warst doch diejenige, die erklärt hat, ich wäre möglicherweise ein Albtraum!«
Bei seinen Worten zuckte sie zusammen, doch gleichzeitig wurde sie immer zorniger. »Gütiger Himmel! Wie dumm ich gewesen bin.« In hilfloser Wut ging sie auf und ab. »Ich habe dich rundheraus gefragt. Und was hast du mir geantwortet? ›Lord Benjamin Archer starb 1815‹!« Ihre Stimme wurde immer lauter. »Wenn du es doch die ganze Zeit selber warst! Lord Benjamin Aldo Fitzwilliam Wallace Archer, der dritte Baron Archer von Umberslade.«
Ben beobachtete sie mit vorgeschobenem Kinn und vor der Brust verschränkten Armen bei ihrer Schimpftirade. »Ja, ich bin der dritte Baron Archer von Umberslade«, erklärte er mit fester Stimme. »Ändert das etwas daran, wer ich bin?«
»Natürlich tut es das!« Sie wirbelte herum. »Es macht dich zu einem Lügner, während ich dir immer die Wahrheit gesagt habe.«
Er machte einen Schritt nach vorn, und seine Bauchmuskeln spannten sich an. »Aber nur nach und nach«, erwiderte er und breitete dabei die Arme aus. »In kleinen Portionen wie einen Sonntagskuchen. Und ich verstehe das. So machen das alle.«
»Das ist überhaupt nicht das Gleiche! Es gibt einen Unterschied zwischen dem Verschweigen der Wahrheit und einer unverblümten Lüge.«
Archer schnaubte. »Was voraussetzt, dass man die richtigen Fragen stellt.«
Sie ballte die Hände zu Fäusten, um nicht die Kontrolle über sich zu verlieren. »Du hättest an mich glauben sollen. An uns. Und an diese Männer, diese armen alten Männer. Du bist genauso alt wie sie!« Sie drückte die Hände ans Gesicht und wollte schreien, konnte aber nicht. »Allmächtiger.«
»Was hätte ich denn, bitte schön, sagen sollen?« Fragend zog er die Augenbrauen hoch. »›Tut mir leid, Liebling, aber auch wenn ich die Verwandlung rückgängig machen könnte, würde aus mir eine runzelige Schale werden und ich höchstwahrscheinlich innerhalb von Monaten
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