Kuss des Feuers
lagen die silberne Rose und ein Zettel. Schmerz schoss durch ihren Körper, und sie krümmte sich. Sie griff nach dem Zettel und erkannte Archers Schrift, die noch schräger als sonst war.
Vergib mir
.
Sie stieß sich die Knie auf, als sie aus dem Bett fiel, und stürzte ins Badezimmer, um rechtzeitig die Toilette zu erreichen. Sie würgte, bis sie nichts mehr im Magen hatte, und fiel dann auf den glatten, harten Boden.
Warum? Warum, Ben?
Dass er vorhatte, dem Mörder allein gegenüberzutreten, war eindeutig. Vergebung bedeutete also nur eins … er nahm nicht an, dass er diese Begegnung unbeschadet überstehen würde.
Miranda rollte sich zu einem Ball zusammen und drückte die Beine fest an ihre Brust. Doch der Schmerz wollte nicht nachlassen. Sie fluchte, kam mühsam hoch und wusch sich Gesicht und Mund. Sich jetzt in ihrem Kummer zu suhlen brachte niemandem etwas.
Dieser gottverdammte hinterhältige Mistkerl
.
Ihre Fechtkleidung, die sie lange nicht benutzt, aber nie vergessen hatte, flog aus dem Kleiderschrank, während sie ihren abtrünnigen Ehemann mit noch mehr Flüchen belegte. Wenn er meinte, sie würde einfach zu Hause sitzen, während er loszog, um zu sterben, unterlag er einem gewaltigen Irrtum.
»Eula! Gilroy!« Ihre Rufe waren laut und schrill, als sie keine zwei Minuten später die Treppe zur Eingangshalle herunterkam. Miranda unterdrückte ihre Panik, sie musste nachdenken. Sie hatte das Haar zu einem so festen Knoten im Nacken hochgesteckt, dass ihre Kopfhaut straff gespannt war und sie ein schreckliches Pochen im Kopf verspürte.
Die Halle blieb leer. Mirandas Stiefelabsätze klapperten auf den Stufen, als sie die Treppe nach unten rannte. »Eula!«
Endlich tauchte die immer so dreiste Frau auf. Die Schnelligkeit, mit der sie ging, wäre eines Methusalems würdig gewesen.
»Sie versuchen wohl die Toten aufzuwecken, wie? Was ist los? Sind Ihnen und dem verzückten Lord die Bettlaken ausgegangen?«
»Er ist weg, Eula.« Ihre Unterlippe zitterte, und sie biss darauf. »Für immer.«
Eula richtete sich energisch auf. »Wo ist er hin?«
»Ich – ich weiß es nicht. Ich dachte, Sie wüssten es vielleicht.«
Verflixt und zugenäht. Ich werde nicht weinen
.
Eula starrte Miranda mit offenem Mund an. Eine Eula, der die Worte fehlten, hätte sie beinahe zugrunde gerichtet. Miranda wandte sich von ihr ab und steuerte auf die Bibliothek zu, wobei sie fast mit Gilroy zusammengestoßen wäre. Der sonst so würdevolle Butler geriet ins Taumeln. Er hatte sich eilig angezogen und rieb sich den Nacken, wodurch er mit einer für ihn höchst ungewöhnlichen Geste sein Unbehagen offenbarte.
»Verzeihung, Mylady.« Er versuchte, eine kerzengerade Haltung einzunehmen. »Ich war im Bett, als Sie riefen. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
Miranda musterte ihn durchdringend und sah seinen glasigen Blick. »Lord Archer ist weg. Wissen Sie, wo er ist?« Sie ging schon fast davon aus, dass Gilroy nichts wusste.
»Nein, Mylady.« Er zwinkerte mehrmals. »Das letzte Mal habe ich ihn gesehen, als er mir gestern Abend einen Kräutertee für meine schmerzenden Gelenke gab.«
Miranda biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Der arme Gilroy hatte ihre Kritik nicht verdient. »Einen Kräutertee«, stieß sie schließlich hervor. »Der verflixte Mann hat Ihnen einen Schlaftrunk gegeben, damit Sie nicht wach werden, wenn er geht.«
Gilroys schmales Gesicht wurde ganz bleich. »Sie meinen, er will diesem Unhold gegenübertreten?«
Obwohl sie ruhig hatte bleiben wollen, packte sie seinen dünnen Arm. »Wissen Sie, wer es ist? Wo er hingegangen sein könnte?«
Heftig schüttelte er mit dem Kopf. »Bei meiner Ehre, nein.«
Einen kurzen Moment lang schloss sie die Augen. »Danke, Gilroy. Lassen Sie mir mein Pferd satteln. Geben Sie weiter, dass ich im Herrensattel reiten werde. Und suchen Sie einen Reitumhang für mich heraus.«
Fast hätte man über seine aufgebrachte Miene lachen können. »Aber, Mylady …«
»Verdammt, Gilroy! Ich kann ja wohl kaum mit einem seidenen Mantel losreiten.« Sie deutete auf ihre Hose und das Leinenhemd. »Finden Sie einfach einen verdammten Umhang, der mir passt, und zwar schnell. Es ist mir egal, wem er gehört«, rief sie ihm hinterher, als er davoneilte.
Eulas Augen funkelten. »Tja, wenn Sie hier wie eine Harpyie herumkreischen können, haben Sie wohl auch die Tatkraft, ihn zurückzuholen.«
Miranda hatte plötzlich den Geschmack von Blut im Mund. »Holen Sie
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