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Kuss des Feuers

Kuss des Feuers

Titel: Kuss des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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dem Wandschirm umklammerte Miranda ihre Knie, als bittere Galle in ihr hochstieg. Sie wollte nicht, dass er es gewesen war. Sie hatte Archer fast auf Anhieb gemocht. Und sie fasste nie so schnell Zuneigung zu jemandem.
    »Ist das alles, was ihm angetan worden ist?« Archers ruhig gestellte Frage entsetzte Miranda und riss sie aus ihrer Erstarrung.
    Winston zog eine blonde Augenbraue hoch. »Das ist eine seltsame Frage, Mylord. Wollen Sie damit andeuten, dass dem Leichnam noch mehr Schaden zugefügt worden ist?«
    »Sie sind hier, weil ich unter Verdacht stehe. Wenn man mir etwas vorwirft, will ich alles wissen, Inspector. So, was ist ihm noch angetan worden?«
    »Sir Percivals Gesicht wurde aufgeschlitzt und das rechte Auge entfernt. Außerdem hat man ihm das Herz herausgenommen.«
    Das Feuer im Kamin knackte, und Miranda zuckte zusammen. Gütiger Himmel, war sie etwa mit einem Wahnsinnigen verheiratet?
Bitte, nur das nicht.
Sie hatte einen ersten Funken Hoffnung geschöpft. Sie wollte nicht in eine Welt zurückkehren, in der es nur Scham und Dunkelheit gab.
    Archers Finger legten sich fest um die Rückenlehne eines Stuhls. »Das tut mir leid«, wiederholte er in sanfterem Tonfall.
    »Mylord, das ist noch nicht alles.«
    »Das ist es nie.«
    Etwas regte sich in ihr – ein Gefühl, das einen immer dann erfasste, wenn Gefahr drohte und eine Seele in den Abgrund gezogen wurde.
    »Ein Küchenmädchen, Miss Jennifer Child, hat zu Protokoll gegeben, dass kurz darauf ein Mann mit einer schwarzen Maske über den Stallhof weggerannt ist.«
    Miranda drückte die Knie an die Brust, als würde das ihr heftig pochendes Herz zur Ruhe bringen. Einen Moment lang erwog sie, aufzuspringen und zu Winston zu laufen. Er würde sie mitnehmen. Keiner würde ihr einen Vorwurf machen, wenn sie eine Annullierung beantragte. Der Gedanke erfüllte sie mit einem überwältigenden Gefühl der Freiheit. Sie könnte das tun. Sie könnte von hier wegkommen.
    Aber sie blieb, wo sie war. Ihr Herz ließ nicht zu, dass sie sich von der Stelle rührte. Archer konnte es nicht getan haben. Nicht dieser Mann, mit dem sie heute Abend zu Tisch gesessen hatte. Er hatte ihr Respekt und Fürsorge angedeihen lassen und Rücksicht auf ihre Gefühle genommen. Aber was wusste sie eigentlich über ihn?
    »Das sind sehr belastende Zeugenaussagen«, erklärte Archer und beendete damit ihre wild rasenden Gedanken.
    »So scheint es, Mylord.«
    Der arme Winston bewegte sich auf dünnem Eis. Es gehörte sich nicht, einen Angehörigen des britischen Hochadels zu verhören, und doch war er hier. Und ganz bestimmt bezichtigte man einen Adligen nicht des Mordes. Miranda konnte Winstons Nervosität fast spüren. Er würde Archer nicht nach einem Alibi fragen. Aber er war ganz erpicht darauf, dass Archer ihm freiwillig eines lieferte. Das ungute Gefühl, das Miranda schon die ganze Zeit spürte, verstärkte sich.
    »Inspector Lane, Sie können meine Dienstboten jederzeit befragen. Sie werden erfahren, dass ich, nachdem ich meiner Braut ihr neues Zuhause gezeigt hatte, von zwölf Uhr mittags bis kurz vor neun Uhr abends verschwunden war. Es gibt nur meine Aussage darüber, wo ich mich während dieser Zeit befunden habe.«
    Miranda ließ den Kopf nach vorne sinken. Sie hatte gehofft, dass Archer etwas zu seiner Entlastung vorbringen würde. Aber der Mann beharrte noch nicht einmal auf seiner Unschuld. Ein Unschuldiger würde das doch bestimmt tun, oder nicht? Ihre Hände bebten und krallten sich in den Seidenstoff ihres Gewands. Sie sollte gehen. Es wäre Wahnsinn zu bleiben. Vielleicht würde er sie auch noch umbringen. Ihr mitten in der Nacht die Kehle durchschneiden. Warum rührte sie sich nicht von der Stelle? Lautlos schimpfte sie sich eine Närrin.
    »Das ist sehr bedauerlich, Mylord.«
    »Ja.«
    »Aber Sie können eine Aussage darüber machen, wo Sie sich befunden haben.« Winston achtete peinlich genau darauf, seine Worte nicht wie eine Frage klingen zu lassen.
    »Natürlich. Aber das werde ich nicht. Ich sage nur aus, dass ich alleine war. Ich bin häufig alleine.«
    Was für ein eigensinniger Mann! Ihre Nägel bohrten sich in ihre Knie.
    »Haben Sie eine Vermutung, wer das getan haben könnte, Mylord?«
    »Ein Feigling, der gerne Spielchen treibt.«
    »Mörder sind meistens Feiglinge«, erwiderte Winston. »Ich habe noch eine letzte Frage, Mylord.«
    »Nur eine? Das kann ich gar nicht glauben. Sie haben bestimmt zig Fragen, mit denen Sie mich bombardieren

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