Kuss des Feuers
eingejagt …« Er blickte zu Archer auf, und seine Gesichtszüge erschlafften. »Gütiger Himmel, du bist es tatsächlich.«
Archer stellte die Lampe auf einen Tisch und ging dann zu dem Sessel, der vor dem kalten Kamin stand. »Ja, das bin ich.«
»Ich hatte gehört, dass du zurück bist.« Leland zog einen seidenen Morgenmantel über seine knochigen Schultern und stand auf. »Ich würde es ja deinem kranken Sinn für Humor zuschreiben, dass du bis jetzt gewartet hast, um mich aufzuspüren und zu quälen, aber du bist zu methodisch.«
Leland ging zu einer kleinen Bar und schenkte sich etwas Brandy ein. Archer beobachtete ihn wortlos. Die Hand des Mannes zitterte heftig, als er das Glas an den Mund hob.
»Worum geht’s jetzt also?« Leland setzte sein Glas mit einem lauten Knall ab. »Warum bist du zurückgekommen?«
Zorn wallte in ihm auf. Archer hätte nicht herkommen sollen. Fragen, die er hatte stellen wollen, schnürten ihm die Kehle zu.
Warum hast du dich von mir abgewandt? War mein Schicksal so abscheulich?
»England ist meine Heimat«, erklärte Archer, der es sich in dem Sessel bequem gemacht hatte.
»Blödsinn. Wir hatten eine Vereinbarung.« Leland musterte das vor ihm stehende Glas.
»Du hattest eine Hoffnung«, gab Archer zurück. »Und wenn du gedacht hast, dass ich ein ordentlich entsorgtes Problem war, das man vergessen konnte, bist du ein Narr.« Er bezähmte sein Temperament, indem er tief Luft holte. »Die Frage ist jedoch … bist du dumm genug, mich jetzt, wo ich wieder da bin, herauszufordern?«
Eine weiße Augenbraue zuckte nach oben. »Und wenn«, fragte Leland sanft, »was dann? Würde es mit mir ein schlimmes Ende nehmen? Meine Leiche eine unter vielen, die in der Themse vermodern?«
Archers Stimme antwortete ebenso sanft. »Vielleicht, ja.«
Das laute Keuchen des alten Mannes hallte durch die Dunkelheit, dann schnaubte Leland. »Na, dann bin ich ja mal gespannt.« Er setzte sein Glas erneut ungewöhnlich laut ab. »Warum bist du hier? Du bist doch nicht nur deshalb in mein Haus eingedrungen, um meine Ruhe zu meucheln.«
»Ich habe geheiratet.«
Alles Blut wich aus Lelands Gesicht, und sein Kinn erschlaffte. »Bist du verrückt geworden?«, gelang es ihm schließlich hervorzustoßen.
Archer schnippte einen Fussel von der Lehne des Samtsessels. »Vielleicht bin ich das.«
»Warum hast du geheiratet?«, rief Leland und kam erregt näher. »Zu welchem Zweck?«
Archer wich Lelands scharfem Blick aus, den er hasste und dem nichts entging. »Die Gründe gehen nur mich etwas an.«
»Wer ist sie?«
»Miranda Ellis – Archer«, korrigierte er sich. Seinen Namen mit dem ihren verbunden zu hören prickelte wie warmer Champagner in seinen Adern.
Leland sah ihn weiter durchdringend an. »Hector Ellis’ jüngste Tochter, nicht wahr?«
Er nickte und hatte plötzlich das Gefühl, in dem dunklen Zimmer deutlich sichtbar zu sein.
»Ich verstehe.«
»Mmm, das fürchte ich.« Es schien, als hätten sogar altersschwache Adlige von Mirandas Schönheit gehört.
Leland stieß einen Seufzer aus. »Das ist Wahnsinn, Archer. Keine Frau kann dir so ein Leid zugefügt haben, das diese Strafe rechtfertigt. Ich verstehe zwar den Drang, aber …« Er verstummte abrupt, als sein Blick sich mit Archers kreuzte.
»Ich hoffe«, sagte Archer, während sich seine Finger in die Armlehnen des Sessels bohrten, »dass du es nicht gerade in Erwägung ziehst, mir väterliche Ratschläge zu erteilen. Ich fände das in höchstem Maße lachhaft.«
»Nein, nein …« Leland schluckte und wich wieder ein Stück zurück. Und das war auch besser so. Archer hatte gerade das Gefühl, zu allem in der Lage zu sein. Ihm waren die Fotografien, die auf dem Kaminsims standen, nicht entgangen. Eine Ehefrau, Kinder, Enkel. Leland hatte all das. Er war der geliebte Kopf eines großen Hauses. Vielleicht würde er Leland doch nichts von Percivals Tod erzählen. Archer stemmte sich aus dem Sessel hoch.
Leland musterte ihn unter buschigen, weißen Augenbrauen hervor. »Ist das der wahre Grund, warum du hier in London bist?«
»Du meinst, ob mich etwas anderes treibt als pure Lust?«
Er lachte, als Leland ihn finster ansah. »Du weißt, dass ich nicht eher ruhen werde, bis ich eine Möglichkeit gefunden habe …« Er holte tief Luft, und als er wieder sprach, hörte er die Bitterkeit, die in seiner Stimme mitschwang. »Besonders jetzt.«
»In dieser Hinsicht kann ich dir nicht helfen.« Leland sagte das so bekümmert,
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