Kuss des Feuers
ist.«
Daisy zog ihre seidenen Handschuhe aus. »Du hast mich ertappt. Ich spioniere dir hinterher.« Sie verdrehte die Augen. »Ich bin vorbeigefahren und habe Mirandas Kutsche gesehen. Ein schönes Gefährt übrigens, Süße. Ich bin wahnsinnig eifersüchtig. Deshalb habe ich meinem Fahrer gesagt, er solle anhalten. Davon abgesehen muss ich dann nicht gleich nach Haus zurück zu Craggy, nicht wahr?«
Daisys Ehemann, Mr Cyril Craigmore, war nicht nur dreimal so alt wie Daisy, sondern zudem noch ein Langweiler. Dass Daisy den Mann abstoßend fand, war uninteressant für ihren Vater gewesen, als Craigmore um ihre Hand angehalten hatte. Da ihr Vater gerade sein Vermögen verloren hatte, besaß Craigmores Reichtum einen gewissen Stellenwert. Und sein Sitz im Unterhaus war auch nicht unbedingt störend aufgestoßen. Erst als Craigmore es rundheraus abgelehnt hatte, ihrem Vater auch nur einen Penny zukommen zu lassen, war ein Stimmungswandel eingetreten.
»Nun«, meinte Daisy und schob sich eine Locke aus der Stirn, »dann erzähl mal: Was ist denn jetzt mit deinem Lord und Ehemann? Wie findest du es, mit dem ›Blutigen Baron, Lord Archer, dem Schrecklichen‹ verheiratet zu sein? Zugute muss ich ihm ja halten, dass er dich anscheinend nicht im Schlaf ermordet hat.«
Daisys Lächeln verblasste, als sie Mirandas Blick bemerkte. »Ach, Süße, ich hab dich doch nur aufgezogen.« Sie beugte sich vor und berührte Mirandas Knie. »Natürlich ist er kein Mörder. Das wusste ich von Anfang an.«
Poppy wirkte nicht ganz so überzeugt, sagte aber nichts.
Miranda schob ihre Tasse weg. »Und wie kannst du dir da so sicher sein?« Ihre Stimme klang plötzlich belegt. Sie stand kurz davor, in Tränen auszubrechen.
Daisy legte den Kopf zur Seite, während sie Miranda musterte. »Weil du nicht mitten in der Nacht vor ihm weggelaufen bist und ihn auch nicht in ein rauchendes Häufchen Asche verwandelt hast.« Die Locke, die ihr schon vorher in die Stirn gefallen war, erwies sich als hartnäckig. Jetzt strich sie ihr über die Wange, und Daisy schob sie sich hinters Ohr. »Eins bist du nicht, mein Engel … und zwar sanftmütig.«
Miranda stieß ein wenig damenhaftes Schnauben aus. »Egal, was du meinst zu wissen … er hätte mich gleich in der ersten Nacht umbringen können, und mein bedauernswerter Leichnam würde längst die Themse runtertreiben.«
Daisy antwortete mit einem glockenhellen Lachen. »Aber egal, was er getan hätte, jetzt würden wir wissen, was er vorhatte, nicht wahr?«
Miranda musste lachen. »Du Biest.«
»Wenn du Sicherheit brauchst, könntest du ihm ja jederzeit demonstrieren, wie gut du dich verteidigen kannst«, meinte Daisy, wich dabei aber ihrem Blick aus.
»Nein!« Mirandas Antwort hallte laut durch den Laden. Sie holte tief Luft. »Das wird er nie erfahren. Und ich werde es auch nicht gegen ihn einsetzen.« Früher mochte sie das vielleicht in Erwägung gezogen haben, aber jetzt nicht mehr.
»Nein, natürlich nicht«, murmelte Daisy. »Ich hätte nicht fragen sollen.«
Hitze breitete sich in Miranda aus und sammelte sich in ihren feuchten Handflächen. Demonstrativ musterten ihre Schwestern die Teetassen, während Miranda gegen die ansteigende Panik kämpfte. Ihrer aller Leben hatte durch ihre Andersartigkeit einen anderen Verlauf genommen – und nicht unbedingt zum Besseren. Sie drückte die Hände in ihre Röcke, als würde sie eine Waffe verbergen. Sie hatte gerade erst gelernt, das Feuer unter Kontrolle zu halten. Es würde nicht wieder hervorbrechen. Es durfte nicht.
Ich darf Archer nicht auf diese Weise verletzen.
Sie merkte, dass sie laut gesprochen hatte, denn Poppy sah sie nachdenklich an. »Dann ist er also nett zu dir?«
Miranda zwang sich, die Hände zu öffnen, während sie an kühle Dinge dachte, an ruhige Dinge. »In dieser Hinsicht kann ich mich nicht beschweren.«
Daisy beugte sich vor. »Das reicht jetzt an düsteren Gedanken über Tod und Gewalt.« Ein katzenhafter Ausdruck trat in ihre Augen. »Lass uns über interessante Sachen reden. Irgendwelche Beschwerden bezüglich des Schlafzimmers?«
Poppy schnaubte empört, während Miranda sich mit der Zunge über die Lippen fuhr und um mehr Tee bat.
Daisy grinste frech. »Die Maske ist eindeutig ziemlich … beunruhigend, aber ich muss gestehen, dass der Körper« – ihre helle Stimme wurde zu einem Schnurren – »anregend ist. So breite Schultern und schmale Hüften.« Ihr sinnlicher Körper wand sich ein bisschen.
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