Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
versuchte, sie in den hintersten Teil meines Bewusstseins zu verbannen und den Moment mit ihm zu genießen. Er setzte mich ab, küsste mich noch einmal kurz auf den Mund und übersäte meinen Haaransatz und den Hals mit sanften Küssen. Dann umarmte er mich zärtlich und drückte mich einfach fest an sich. Er streichelte mir übers Haar und liebkoste meinen Hals, während er mir zärtliche Worte in seiner Muttersprache zuflüsterte. Nach einigen Augenblicken seufzte er, küsste mich auf die Wange und schob mich zum Bett.
»Du brauchst etwas Schlaf, Kelsey. Das brauchen wir beide.«
Nach einer letzten Liebkosung nahm er wieder Tigergestalt an und legte sich auf den Läufer neben meinem Bett. Ich kletterte unter meine Steppdecke und lehnte mich über den Rand des Bettes, um ihm den Kopf zu kraulen.
Den anderen Arm unter meine Wange geschoben, flüsterte ich: »Gute Nacht, Ren.«
Er rieb den Kopf an meiner Hand, drückte die Schnauze hinein und schnurrte leise. Dann legte er den Kopf auf die Pfoten und schloss die Augen.
Mae West sagte einst: Der Kuss eines Mannes ist seine Unterschrift. Ich grinste selig. Wenn das stimmte, dann war Rens Unterschrift schwungvoller und markanter als John Hancocks berühmter Schriftzug unter der Unabhängigkeitserklärung.
Am nächsten Morgen war Ren verschwunden. Ich zog mich an und klopfte an Mr. Kadams Tür. Die Tür öffnete sich und er lächelte mir zu. »Miss Kelsey! Haben Sie gut geschlafen?«
Ich konnte keinerlei Sarkasmus feststellen und vermutete, dass Ren Mr. Kadam nichts von seinem nächtlichen Ausflug erzählt hatte.
»Ja, ich habe sehr gut geschlafen. Wenn auch ein bisschen zu lange. Tut mir leid.«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung, reichte mir einen in Bananenblätter gewickelten Reiskuchen, etwas Obst und eine Flasche Wasser. »Keine Sorge. Wir holen Ren ab und fahren zu Durgas Tempel. Wir sind nicht in Eile.«
Ich ging zurück in mein Zimmer und stellte mein Frühstück ab. Bedächtig sammelte ich meine wenigen Habseligkeiten ein und verstaute sie in meiner kleinen Reisetasche. Immer wieder ertappte ich mich bei Tagträumereien, ich sah in den Spiegel und berührte meinen Arm, meine Haare und meine Lippen, während ich in der Erinnerung an Rens Küsse schwelgte. Ständig musste ich mich zur Ordnung rufen, um mich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Wofür ich normalerweise zehn Minuten brauchte, kostete mich jetzt anderthalb Stunden.
Ganz oben in meine Tasche legte ich mein Tagebuch und die Steppdecke. Ich zog den Reißverschluss zu und machte mich auf die Suche nach Mr. Kadam. Über Landkarten gebeugt, wartete er im Jeep. Er lächelte mich an und schien bester Laune, obwohl ich ihn so lange hatte warten lassen.
Wir holten Ren ab, der wie ein verspieltes Tigerbaby zwischen den Bäumen hervorgeschossen kam. Als er den Jeep erreichte, beugte ich mich hinaus, um ihn zu streicheln, und er stellte sich auf die Hinterbeine, drückte die Schnauze in meine Hand und leckte durch das offene Fenster meinen Arm. Dann sprang er auf die Rückbank und Mr. Kadam brachte uns zurück auf die Straße.
Gewissenhaft folgte er der Karte, bog ab auf eine Schotterstraße, die durch den Dschungel führte, und hielt schließlich vor Durgas Steintempel.
18 · Durgas Tempel
18
D u r gas T empe l
M r. Kadam wies uns an, im Wagen zu warten, während er im Tempel nach etwaigen Besuchern Ausschau hielt. Ren schob den Kopf zwischen die Sitze und stupste so lange gegen meine Schulter, bis ich mich umdrehte.
»Kopf runter! Jemand könnte dich sehen, wenn du nicht besser achtgibst«, sagte ich mit einem Lachen.
Der weiße Tiger machte ein Geräusch.
»Ich weiß. Ich habe dich auch vermisst.«
Nach ungefähr fünf Minuten kam ein junges amerikanisches Pärchen aus dem Tempel und fuhr davon. Da kehrte auch Mr. Kadam zurück.
Ich sprang aus dem Auto und öffnete Ren die Tür, der sogleich – wie eine riesige Hauskatze in der Hoffnung auf Futter – um meine Beine streifte. Ich lachte. »Ren! Du wirfst mich noch um.« Meine Hand ruhte an seinem Hals und er begnügte sich damit.
Leise in sich hineinkichernd sagte Mr. Kadam: »Sie beide gehen vor und durchsuchen den Tempel, während ich hier Wache halte.«
Der Weg zum Tempel war von glatten Terrakottasteinen gesäumt. Der Tempel selbst war von demselben Terrakottarot, durchzogen von sepiafarbenen, blassroten und perlmuttfarbenen Schlieren. Bäume und Blumen waren um die Tempelanlage gepflanzt und mehrere Spazierwege
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