Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
nach Kishkindha suchten, einer von Affen beherrschten Welt. »Ich bin nicht sicher, wie er aussehen mag, aber vielleicht gibt es einen weiteren Handabdruck. Durgas Prophezeiung sprach auch von Schlangen.«
Mehr Schlangen, dachte ich und verzog das Gesicht. Ein Tor zu einer mythischen Welt? Das Abenteuer wird immer sonderbarer.
Über die nächsten Stunden war ich so beeindruckt von den Ruinen, dass ich völlig vergaß, weshalb wir eigentlich hier waren. Alles, was ich sah, war überwältigend. Zum Beispiel verweilten wir vor einem Schrein, der Der Steinwagen genannt wurde und ein in Stein gehauener Miniaturtempel auf Rädern war. Die Räder des Wagens hatten die Form von Lotosblüten und konnten sogar gedreht werden.
In einem anderen Gebäude, dem Vithala-Tempel, gab es wunderschöne Statuen von tanzenden Frauen. Wir hörten einem Fremdenführer zu, der die Bedeutung der sechsundfünfzig Säulen des Tempels erklärte. »Wenn man dagegenschlägt, vibrieren die Säulen und bringen verschiedene Töne hervor, ähnlich wie bei einem Musikinstrument.«
Einen Moment standen wir still da und lauschten dem Summen und Vibrieren der Säulen, während der Fremdenführer sanft gegen den Stein klopfte. Die magischen Töne strömten durch uns hindurch und verklangen allmählich. Der Klang verhallte, lange bevor das Vibrieren in meinem Körper endete.
Wir besuchten ein weiteres Bauwerk. »Das Bad der Königin«, erläuterte Mr. Kadam, »war der Ort, wo der König und seine Frauen Entspannung fanden. Früher umgaben Wohneinheiten das Innere. Balkone ragten aus den rechteckigen Gebäudeteilen und die Frauen saßen dort, blickten über das Schwimmbassin und erholten sich. Durch ein Aquädukt floss Wasser in das Becken aus Ziegelsteinen und es gab einen kleinen Blumengarten daneben. Das von lotosblütenförmigen Brunnen umgebene Becken war ungefähr zwanzig Meter lang und knapp zwei Meter tief. Dem Wasser wurde Parfüm beigegeben und Blütenblätter wurden auf die Oberfläche gestreut. Ein Graben umgab den gesamten Komplex und das Gebäude war schwer bewacht, sodass nur der König selbst sich mit den Frauen vergnügen konnte. Allen anderen Verehrern war der Einlass verwehrt.«
Ich sah ihn stirnrunzelnd an. »Hm, wenn der König der einzige Mann war, der hineindurfte, wie kommt es dann, dass Sie so viele Einzelheiten über das Bad der Königin wissen?«
Er strich sich über den Bart und grinste.
Entsetzt flüsterte ich: »Mr. Kadam! Sie sind doch nicht in den Harem des Königs eingebrochen, oder?«
Er zuckte kaum merklich mit den Schultern. »In das Bad der Königin einzudringen, war einst eine Art Initiationsritus für einen jungen Mann, und viele haben bei dem Versuch ihr Leben gelassen. Ich bin wohl einer der wenigen Mutigen, die diese Erfahrung überlebt haben.«
Ich lachte. »Nun, ich muss sagen, dass dies mein Bild von Ihnen ein wenig zurechtrückt. In einen Harem einzubrechen! Wer hätte das gedacht!?« Ich ging einige Schritte weiter und wirbelte dann herum. »Einen Augenblick. Initiationsritus haben Sie gesagt? Dann haben Ren und Kishan …?«
Er überlegte und hob dann die Hände. »Es wäre besser, wenn Sie sie selbst fragen würden. Ich möchte nichts Falsches sagen.«
Ich schnaubte. »Hm. Diese Frage steht jetzt ganz oben auf meiner Liste.«
Wir setzten unseren Rundgang durch das Haus des Sieges, das Lotus Mahal und die Mahanavami Dibba fort, doch wir entdeckten auch dort nichts Außergewöhnliches. Der Palast der Adligen war einst ein Gebäude für diplomatische Treffen, hochrangige Amtspersonen wurden dort fürstlich bewirtet. In der Waage des Königs wurde Gold, Geld und Korn gewogen, und auch die Armen wurden dort gespeist.
Am besten jedoch gefiel mir der Elefantenstall. In einem langen, höhlenartigen Gebäudekomplex waren elf Elefanten untergebracht gewesen. Mr. Kadam erklärte, dass diese Elefanten nicht zu Kriegszwecken gedient hatten, sondern für Riten. Sie waren der Privatbestand des Königs gewesen – perfekt abgerichtet für verschiedene Zeremonien. Häu fig trugen sie goldene Kostüme und Juwelen und ihre Haut war bemalt. Das Gebäude hatte zehn Kuppeln von unterschiedlicher Größe und Form, eine auf jedem Stall. Er erläuterte, dass auch andere Elefanten dort untergebracht gewesen waren, um niedere Dienste und Bauarbeiten zu verrichten, aber der Privatbestand war etwas ganz Besonderes.
Eine große Statue von Ugra Narasimha war das Letzte, das wir uns anschauten. Mr. Kadam umrundete das Bauwerk
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