Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe

es benötigt wird, um den Ozean zu überqueren. Der Rumpf ist geräumig und bequem, wie Ihnen vielleicht schon aufgefallen ist. Es verfügt über zwei Triebwerke unter den Tragflächen, ein drittes befindet sich weiter hinten unterhalb des Seitenruders. Die Innenausstattung wurde nach den Richtlinien von Komfort und Entspannung gestaltet, der Pilot, das Bodenpersonal sowie weitere Mitarbeiter sind fest bei uns angestellt, um ein höchstes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.«
    »Hmm, klingt … gut.«
    Er beugte sich ein wenig in seinem Sitz vor und verkündete voll Enthusiasmus: »Obwohl dieses Flugzeug ein älteres Modell ist, sorgt es für eine sehr rasche Reise.« Er zählte die besonderen Merkmale an seinen Fingern ab. »Ein langgestreckter Rumpf, eine große Spannweite, Winglets an den Flügelenden und brandneue Triebwerke. Das Cockpit verfügt über die modernsten Annehmlichkeiten – elektronische Fluginstrumente, ein duales Flight Management System, GPS, ein Central Fault Display – und nicht zu vergessen der Autopilot für das Landen unter schwierigen Bedingungen. Natürlich haben wir auch unseren Originalfirmennamen und das Logo an der Seite beibehalten, das Ihnen beim Einsteigen ins Auge gesprungen ist.«
    Während seiner technischen Ausführungen war er richtig in Fahrt gekommen. Ich hatte im Großen und Ganzen nur Bahnhof verstanden. Das Einzige, was ich mitgekriegt hatte, war, dass es ein verdammt gutes Flugzeug war und wohl drei Triebwerke besaß.
    Ihm musste aufgefallen sein, dass ich nicht den blassesten Schimmer hatte, wovon er redete, denn er betrachtete amüsiert mein verwirrtes Gesicht. »Vielleicht sollten wir das Thema wechseln? Wie wäre es, wenn ich ein paar Tigermythen aus meiner Heimat zum Besten gebe?«
    Ich nickte begeistert, zog die Beine an und setzte mich seitlich darauf, dann kuschelte ich mich in meine Decke und sank in mein Kissen.
    Mr. Kadams Tonfall veränderte sich, als er die Rolle des Geschichtenerzählers annahm. Sein exotischer Akzent trat jetzt deutlicher zum Vorschein. Seine Rede wurde melodiöser. Ich genoss den weichen Klang seiner Stimme.
    »Der Tiger gilt als mächtiger Beschützer des Dschungels. Mehrere indische Mythen sprechen dem Tiger große Macht zu. Tapfer bekämpft er starke Drachen, aber er hilft ebenso einfachen Bauern. Eine seiner vielen Aufgaben besteht darin, Regenwolken mit seinem Schwanz einzufangen, um für ärmliche Dorfbewohner die Trockenzeit zu beenden.«
    »Glauben die Menschen in Indien immer noch an diese Tigermythen?«
    »Ja, insbesondere in ländlichen Gegenden. Doch Sie werden in allen Teilen des Landes Menschen finden, die daran glauben, selbst unter jenen, die sich zur heutigen modernen Welt zählen. Wussten Sie, dass manche Leute behaupten, das Schnurren eines Tigers könne Albträume vertreiben?«
    »Mr. Davis meinte, Tiger können nicht schnurren. Er hat mir erzählt, dass Raubkatzen, die fauchen und brüllen, nicht schnurren können, aber manchmal hätte ich schwören können, dass Ren schnurrt.«
    »Und Sie haben recht. Die moderne Wissenschaft sagt, ein Tiger vermag den Laut, den wir Schnurren nennen, nicht zu bilden. Einige der größeren Katzen stoßen einen vibrierenden Laut aus, der aber nicht genau dem Schnurren einer Hauskatze gleicht. Dennoch sprechen gleich mehrere indische Mythen davon, dass Tiger schnurren. Es wird ebenfalls behauptet, dass der Körper eines Tigers über einzigartige heilende Eigenschaften verfügt. Das ist einer der Gründe, weshalb sie seit jeher gejagt und getötet, ihre Körper verstümmelt und Teile von ihnen verkauft werden.«
    Entspannt lehnte er sich in seinen Sitz zurück. »Im Islam herrscht der Glaube, dass Allah einen Tiger schicken wird, um jene zu verteidigen und zu beschützen, die ihm treu ergeben sind, aber er wird ebenso einen Tiger schicken, um jene zu bestrafen, die er für Verräter hält.«
    »Hm, wäre ich Muslimin, würde ich vor ihm davonlaufen, nur um auf der sicheren Seite zu sein. Man kann ja nicht wissen, ob er gekommen ist, um zu bestrafen oder zu beschützen.«
    Er lachte. »Ja, sehr weise von Ihnen. Ich muss gestehen, dass die Faszination, die mein Arbeitgeber für Tiger empfindet, ein wenig auf mich abgefärbt hat, und ich habe unzählige Texte, insbesondere in Bezug auf die Mythologie des Königstigers, gelesen.«
    Er verstummte einen Moment, gedankenverloren, und seine Augen wurden glasig. Mit dem Zeigefinger rieb er über einen Punkt an seinem offenen Kragen, da bemerkte