Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
ist er wahrscheinlich ein älterer Mann.
Das Flugzeug hatte beschleunigt und war abgehoben, noch während ich über Mr. Kadams mysteriösen Arbeitgeber nachgrübelte. Ich hatte es nicht einmal bemerkt! Vielleicht lag es an meinem weichen Sitz, dass ich einfach hineingesunken war, als das Flugzeug aufstieg, oder an dem Piloten, der gewiss außergewöhnlich begabt war. Womöglich lag es ein bisschen an beidem. Ich blickte aus dem Fenster und beobachtete, wie der Columbia River immer kleiner und kleiner wurde, bis wir die Wolken durchstießen und ich überhaupt kein Land mehr sah.
Nach ungefähr anderthalb Stunden hatte ich eine Zeitschrift von vorne bis hinten durchgelesen und das Sudoku sowie das Kreuzworträtsel gelöst. Ich legte das Magazin weg und blickte zu Mr. Kadam. Ich wollte ihm wirklich nicht auf die Nerven gehen, doch unzählige Fragen nagten an mir.
Ich räusperte mich. Als Antwort lächelte er mir über sein Nachrichtenmagazin hinweg zu. Natürlich war das Erste, was mir über die Lippen kam, die Frage, die mich am wenigsten interessierte. »Nun, Mr. Kadam, was hat es mit der Fluglinie Flying Tiger auf sich?«
Er klappte seine Zeitschrift zu und legte sie auf den Tisch. »Hmm. Wo soll ich anfangen? Meinem Arbeitgeber gehörte und ich führte einst eine Frachtfluggesellschaft mit dem Namen Flying Tiger Airlines Freight and Cargo oder kurz Flying Tiger Airlines . Es war die größte transatlantische Chartergesellschaft der Vierziger- und Fünfzigerjahre. Wir boten unsere Dienste auf beinahe jedem Kontinent der Welt an.«
»Woher kommt der Name Flying Tiger? «
Er rutschte, ein wenig unbehaglich, schien mir, auf seinem Sitz hin und her. »Sie wissen bereits, dass mein Arbeitgeber eine Vorliebe für Tiger hat, also war es vermutlich das, zusammen mit dem Umstand, dass während des Zweiten Weltkriegs einige der ersten Piloten Tiger -Flugzeuge flogen. Vielleicht erinnern Sie sich, dass die Flieger wie Tigerhaie bemalt waren, um im Kampf grimmig auszusehen.
In den späten Achtzigerjahren beschloss mein Arbeitgeber, die Firma zu verkaufen. Doch er behielt ein Flugzeug, dieses hier, zum Privatgebrauch.«
»Wie lautet der Name Ihres Arbeitgebers? Werde ich ihn treffen?«
Seine Augen blitzten amüsiert auf. »Ganz gewiss. Er wird sich Ihnen vorstellen, sobald Sie in Indien landen. Ich bin sicher, dass er sich mit Ihnen unterhalten möchte.« Sein Blick glitt einen Moment zum hinteren Teil des Flugzeugs, bevor er wieder zu mir zurückkehrte. Lächelnd, mit einem aufmunternden Gesichtsausdruck, fügte er hinzu: »Gibt es noch weitere Fragen?«
»Sie sind also quasi seine rechte Hand?«
Der indische Gentleman lachte. »Es mag genügen, wenn ich sage, dass er ein sehr wohlhabender Mann ist, der vollkommenes Vertrauen hat, dass ich seine Geschäfte zu seiner Zufriedenheit führe.«
»Dann sind Sie also wie Mr. Smithers für Mr. Burns.«
Er blickte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Leider habe ich Ihre Anspielung nicht verstanden.«
Ich errötete und winkte ab. »Macht nichts. Das sind Figuren bei den Simpsons . Wahrscheinlich haben Sie die Sendung nie gesehen.«
»Zu meinem Bedauern nicht, tut mir leid, Miss Kelsey.«
Mr. Kadam schien sich ein wenig unbehaglich zu fühlen und nervös zu werden, wenn das Gespräch auf seinen Chef kam, aber er redete gerne über Flugzeuge, weshalb ich ihn ermunterte, mir mehr zu erzählen. Ich kuschelte mich in meinen Sitz und fragte: »Welche Art von Gütern haben Sie transportiert?«
Er entspannte sich sichtlich. »Im Laufe der Jahre hat die Fluggesellschaft eine ansehnliche Sammlung interessanter Güter transportiert. Zum Beispiel erhielten wir den Auftrag, den berühmten Orca aus Aquatic World zu befördern, ebenso wie die Fackel der Freiheitsstatue. Zum Großteil war die Ladung jedoch recht alltäglich. Wir transportierten Dinge wie Konservendosen, Kleidung und Pakete, alles Mögliche eben.«
»Wie in aller Welt haben Sie einen Wal in ein Flugzeug gebracht?«
»Eine Flosse nach der anderen, Miss Kelsey. Eine Flosse nach der anderen.«
Mr. Kadams Gesichtsausdruck blieb vollkommen ernst. Ich aber lachte laut. Während ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel wischte, hakte ich nach: »Sie haben also das Unternehmen geführt?«
»Ja, ich habe viel Zeit darauf verwendet, die Fluglinie Flying Tiger zu entwickeln. Ich liebe das Fliegen.« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Dies hier ist eine MD-11, eine McDonnell Douglas. Es ist ein Langstreckenflugzug, wie
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