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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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genauso wie sie Win, Poppy oder Beatrix umarmt hätte. Catherine verkrampfte sich leicht, nicht weil sie es nicht mochte, sondern aus Unbeholfenheit. »Ich bin so froh, dass du dir nichts getan hast, Catherine«, beteuerte Amelia. »Danke, dass du dich um Lord Ramsay gekümmert hast.«
    Catherine nickte zaghaft.
    Amelia zog sich zurück und lächelte sie an. »Er wird wieder gesund, weißt du. Er hat mehr Leben als eine Katze.«
    »Das will ich hoffen«, sagte Catherine nüchtern. »Es wird doch nicht mit dem Ramsay-Fluch in Zusammenhang stehen?«
    »Ich glaube nicht an Flüche, Verwünschungen und all die Dinge. Den einzigen Fluch, mit dem mein Bruder geplagt ist, hat er sich selbst auferlegt.«
    »Du … du meinst seine Trauer um Laura Dillard?«
    Amelias blaue Augen wurden groß und rund. »Er hat mit dir über sie gesprochen?«
    Catherine nickte.
    Amelia schien regelrecht von den Socken zu sein. Sie nahm Catherine am Arm und zog sie noch etwas weiter den Flur entlang, wo die Gefahr, dass sie jemand hörte, geringer war. »Was hat er gesagt?«
    »Dass sie gerne Aquarelle gemalt hat«, antwortete Catherine zögerlich. »Dass sie verlobt waren, bis sie eines Tages an dem Scharlachfieber erkrankte und in seinen Armen starb. Und dass … sie ihm eine Zeit lang als Geist erschienen ist. Buchstäblich. Aber das wird kaum wahr sein … oder was meinst du?«
    Amelia schwieg eine gute halbe Minute. »Ich halte es durchaus für möglich«, sagte sie mit einer bemerkenswerten Gefasstheit. »Allerdings würde ich das nicht unbedingt vor allen Leuten zugeben – man könnte mich deswegen für verrückt erklären.« Ein bitteres Lächeln umspielte ihre Lippen. »Aber du lebst jetzt schon lange genug bei uns, um zu wissen, dass wir in der Tat ein verrückter Haufen sind.« Sie machte eine kurze Pause, ehe sie fortfuhr. »Catherine.«
    »Ja?«
    »Mein Bruder spricht mit niemandem über Laura Dillard. Niemals .«
    Catherine blinzelte. »Er litt unter großen Schmerzen. Und er hatte schon ziemlich viel Blut verloren.«
    »Ich glaube nicht, dass das der Grund ist, warum er sich dir anvertraut hat.«
    »Was könnte es sonst für einen Grund geben?«, fragte Catherine sichtlich angestrengt, ja, man konnte es in ihrem Gesicht ablesen, wie sehr sie sich vor der Antwort fürchtete.
    Amelia musterte sie aufmerksam, dann zuckte sie mit den Achseln und lächelte reumütig. »Ich habe schon zu viel gesagt. Verzeih mir. Es ist nur … meines Bruders Glück bedeutet mir so viel.« Sie hielt inne, bevor sie mit ernster Stimme hinzufügte: »Und deines.«
    »Ich versichere dir, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«
    »Gewiss«, murmelte Amelia und ging wieder zurück zur Tür, um dort zu warten.

Neuntes Kapitel
    Nachdem die Wunde gereinigt und verbunden war, blieb Leo graugesichtig und matt im Bett liegen. Er schlief den restlichen Tag und die ganze Nacht. Von Zeit zu Zeit wachte er auf, wenn jemand an sein Bett kam, um ihm Brühe oder Fiebertee einzuflößen. Die Familie war gnadenlos, wenn es darum ging, ihn gesund zu pflegen.
    Wie er erwartet hatte, bescherte ihm das Opium schreckliche Albträume, mit grauenhaften Kreaturen, die plötzlich vor ihm aus dem Erdboden auftauchten und ihn packten und an ihm zerrten, um ihn in die Unterwelt mitzureißen, wo ihm rot glühende Augen in der Dunkelheit zuzwinkerten. Gefangen im narkotischen Dämmerschlaf, gelang es ihm nie ganz, aus den Träumen aufzuwachen. Er kämpfte nur schweißgebadet und mit letzter Kraft dagegen an, bis er sofort wieder neuen Halluzinationen zum Opfer fiel. Sie wurden nur ein paarmal unterbrochen, als ihm ein kühles Tuch auf die Stirn gelegt wurde und eine sanfte, trostreiche Gesellschaft an seiner Seite spürbar war.
    »Amelia? Win?«, murmelte er wirr.
    »Sch!«
    »Heiß«, sagte er mit einem gequälten Seufzer.
    »Halt still.«
    Er merkte nur vage, dass das Tuch zwei- bis dreimal ausgewechselt wurde … eine erleichternde Kühle auf seiner Stirn … eine zarte Hand an seiner Wange.
    Als er am nächsten Morgen erwachte, war er erschöpft, fiebrig und in einer tiefen Düsternis gefangen. Natürlich wusste er, dass es sich um die üblichen Nachwirkungen des Opiumrauschs handelte, doch selbst das Wissen darum konnte die überwältigende Trostlosigkeit kaum erleichtern.
    »Du fieberst leicht«, teilte ihm Cam am Morgen mit. »Du musst noch mehr Scharfgarbentee trinken, um das Fieber zu senken. Aber es gibt soweit keine Anzeichen für eine Eiterbildung. Ruh dich heute

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