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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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geben?«
    Sie nahm ihm das Werkzeug ab, fing an, die Nägel aus der Kiste zu ziehen, gemeinsam nahmen sie den Deckel ab, und sie klappte das Verpackungsmaterial zurück und blickte in Nathaniel Walkers wunderschönes grüblerisches Gesicht.
    Unwillkürlich entfuhr ihr ein leiser Freudenschrei, und sie beugte sich dichter über das Porträt. Mit seinem gewellten dunklen Haar und seinen sanften Augen hatte er große Ähnlichkeit mit Jack.
    »Ein wunderbares Werk«, murmelte sie. »Man könnte beinahe meinen, dass man ihn atmen sieht.«
    Der Held des Unabhängigkeitskriegs saß auf einem Stuhl und hatte seinen Kopf etwas gedreht, so dass es wirkte, als starre er den Betrachter an. Er trug eine schwarzen Rock und ein hochgeschlossenes weißes Rüschenhemd. Auch der silberne Spiegel in seiner linken Hand – ein Symbol seiner Arbeit als Glasmacher – war dem Betrachter zugewandt. Die rechte Hand lag elegant auf der Stuhllehne, und ihre bleiche Haut hob sich schimmernd von dem dunklen, beinahe schwarzen Hintergrund – der nach einer sorgfältigen Reinigung wohl nicht mehr ganz so düster wäre – ab.
    Callie griff in ihre Werkzeugkiste, setzte ein mit einer Lupe und mit einer Lampe versehenes Stirnband auf, sah sich die Oberfläche des Gemäldes an und machte sofort die winzigen Risse in der Farbe aus, die das Alter des Porträts bestätigten. Außerdem konnte sie sehen, dass die Pinselführung einfach meisterhaft und der Übergang zwischen den Farben ohne Brüche vollzogen worden war, und konnte es kaum noch erwarten, die vergilbte Lackschicht zu entfernen und sich die ursprünglich von Copley verwendeten Töne anzuschauen.
    »Sie sind wirklich in Ihrem Element«, stellte Jack mit leiser Stimme fest.
    Sie blickte eilig wieder auf. Sie hatte kurzfristig vergessen, dass sie nicht alleine war. Er lehnte lässig an der Wand, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute sie mit einem leichten Lächeln unter nachdenklich gesenkten Lidern hervor an.
    Sie erinnerte sich daran, dass die Untersuchung des Porträts Teil von ihrem Job und kein Privatvergnügen war. Trotzdem kam es ihr so vor, als könne er ihr direkt in die Seele sehen, und am liebsten hätte sie ihn deshalb aus dem Atelier verbannt.
    Sie nahm das Stirnband wieder ab, warf es in den Werkzeugkasten und blickte ihren Arbeitgeber an. »Er sieht fantastisch aus und hat die Reise unbeschadet überstanden. Jetzt würde ich gern ins MFA fahren, wenn das für Sie in Ordnung ist.«
    »Na klar.«
    Sie gingen Richtung Treppe, als er noch mal stehen blieb. »Ich bin wirklich froh, dass Sie diese Arbeit ausführen. Weil mir die Art, wie Sie ihn ansehen, gut gefällt.«
    Nachdem er sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, folgte sie ihm. Sie war überrascht, dass ein Mann, dessen Welt sich ausschließlich um Geld zu drehen schien, zu solch sentimentalen Gefühlen fähig war.
    »Ihr Vater hieß auch Nathaniel, nicht wahr?«, fragte sie und legte ihre Hand auf dem Treppengeländer ab.
    »Nathaniel der Sechste, um genau zu sein.« Er öffnete eine Seitentür der Garage, und automatisch gingen in dem Raum die Lampen an. Callie sah zwei Jaguare, einen Pick-up-Truck und irgendeinen Sportwagen.
    »Und warum sind Sie nicht der Siebte?«
    Jack blieb vor dem Sportwagen stehen. »Weil mein Bruder vor mir geboren ist und den Namen bekommen hat.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie einen Bruder haben.«
    »Er hält sich eher im Hintergrund.« Jack öffnete die Beifahrertür für sie.
    »Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht.«
    Sie sah, wie er lächelnd den Wagen umrundete. »Nate ist ein toller Kerl, aber er leidet an chronischer Reiselust. Ich sehe ihn noch nicht mal halb so oft, wie ich gern würde.«
    Sie glitt in den Wagen und hatte das Gefühl, als wäre der Sitz auf ihren Körper zugeschnitten. Wirklich beeindruckend. »Und womit verdient er seinen Lebensunterhalt?«
    »Er ist Koch«, erklärte Jack, während er sich hinter das Lenkrad schwang.
    »Sie scheinen wirklich stolz auf ihn zu sein.«
    »Oh ja.«
    Die Türen fielen gedämpft ins Schloss, und während sie ihren Gurt anlegte, atmete sie so tief wie möglich ein.
    »Hm. Der Wagen riecht wunderbar. All das Leder … und vor allem ist er wunderschön. Was ist das für eine Marke?«
    »Ein Aston Martin DB 9.«
    Der Motor sprang mit einem dumpfen Knurren an, das in ein leises Schnurren überging, und als sie die Einfahrt hinunterfuhren, erfüllten Mozart-Klänge das Innere des Wagens, und sie strich vorsichtig mit einer Hand

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