Kuss mich kuss mich nicht
Elsie, die mit Thomas sprach.
»Was ist los?«, wollte sie von der Sekretärin wissen.
Elsie blickte Thomas an, der gerade frischen Spinat in der Spüle wusch.
Mit einem resignierten Schulterzucken meinte er: »Mr Walker ist heute vor fünf Jahren gestorben. Der gnädigen Frau geht es an seinem Todestag immer ziemlich schlecht.«
Callie war überrascht. Es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, dass Jacks Mutter zu ehrlicher Trauer fähig war.
Thomas wandte sich wieder Elsie zu. »Versuchen wir es mit dem Côte Basque. Sagen Sie Billy, ich hätte Sie geschickt. Er ist mir noch was schuldig und soll sie deshalb kurzfristig dazwischennehmen. Und dann rufen Sie Curt Thorndykes Mutter Fiona an. Die beiden können gemeinsam in der Vergangenheit schwelgen, was ihr sicher gefallen wird.«
Elsie atmete tief durch. »Okay.«
»Und nehmen Sie, was sie gesagt hat, nicht persönlich. Sie wissen, wie sie ist.«
»Allerdings. Obwohl es mir, offen gestanden, nicht wirklich gefällt, wenn sie in dieser Stimmung ist.«
Nachdem die andere Frau gegangen war, sagte Thomas: »Ich wollte gerade zu Ihnen raufkommen. Gray Bennett hat für Sie angerufen. Ich habe seine Nummer auf dem Block da drüben notiert.«
»Oh, danke. Ich habe das Klingeln des Telefons oben im Atelier gehört, hätte es aber irgendwie nicht richtig gefunden, einfach dranzugehen.« Sie riss das oberste Blatt vom Block und dachte, dass der heutige Abend zum Ausgehen wie geschaffen war. Denn vielleicht würde sie dann nicht mehr die ganze Zeit an Jack denken.
Sie war bereits wieder auf dem Weg nach draußen, als sie sich dran erinnerte, was Gray über Nathaniel den Sechsten erzählt hatte. »Ich weiß, dass es mich nichts angeht, aber was war er für ein Mensch? Ich meine, Mr Walker.«
Thomas stellte das Wasser ab und lehnte sich an der Arbeitsplatte an.
»Er hat sehr vielen Menschen viel Gutes getan. Und er hat Mrs Walker geliebt. Hat immer gesagt, sie wäre das Beste, was er je geschaffen hat.« Er machte eine Pause, und Callie hatte keine Ahnung, ob er versuchte, sich an die alten Zeiten zu erinnern oder überlegte, wie sich seine Antwort am besten formulieren ließ. »Er war ein attraktiver Mann. Und ein toller Sportler. Ist ganz plötzlich gestorben. Wachte eines Morgens auf und fühlte sich topfit. Zwanzig Minuten später fanden sie ihn leblos unter der Dusche. Hirnaneurisma. Er war auf der Stelle tot.«
Obwohl er mit ruhiger Stimme sprach, schüttelte der Mann den Kopf, als betrauere er noch immer den Verlust.
»Er hat mich wirklich gut behandelt. Ich habe ihn in Osterville kennengelernt. Dort hat er den Sommer verbracht, in dem ich nach meiner Zeit bei der Marine einen Job als Caddie im Wianno Club hatte. Eines Nachmittags im Juli trug ich seine Tasche. Es war ein wirklich heißer Tag. Weit über dreißig Grad und nicht der kleinste Lufthauch, aber er war trotzdem fest entschlossen, die achtzehn Löcher durchzuziehen. Irgendwann gaben die anderen aus seiner Gruppe und deren Caddies auf, aber er und ich haben die gesamte Runde absolviert. Danach hat er niemand anderen mehr seine Tasche tragen lassen. Wir beide waren ein eingeschworenes Team, den ganzen Sommer lang. Und Ende August wollte er von mir wissen, was ich weiter vorhabe. Ich habe ihm erzählt, dass ich gerne koche, und er hat mich mithilfe eines Stipendiums – von dem ich vermute, dass er es extra meinetwegen eingerichtet hat – am Culinary Institute of America untergebracht. Nach meiner Ausbildung habe ich in ein paar Restaurants in New York City gearbeitet. Ich war wirklich gut. Bis ich meinen Arm verlor.«
Thomas sah an sich herab. »Eine unglückliche Bewegung auf meinem Motorrad und aus einem Spitzenkoch wurde jemand, der nicht mal mehr alleine eine Flasche Wein aufbekommen hat.«
Sein Lächeln wirkte ein wenig verhalten, und sie dachte, dass sie wahrscheinlich nicht einmal erahnen konnte, was er hatte durchmachen müssen, bis er über den Verlust der Gliedmaße halbwegs hinweggekommen war.
»Aber wie dem auch sei, nach meiner Genesung bekam ich einen Brief von ihm. Wir hatten die Verbindung nie abreißen lassen, und er hatte erfahren, was geschehen war. Zwei Tage später rief er an und bot mir einen Job als Küchenchef bei ihm zuhause an. Das ist inzwischen beinahe dreißig Jahre her. Ich werde gut bezahlt. Habe meine eigene Küche. Bin ein rundum zufriedener Mann.«
Als wären ihm seine Worte peinlich, setzte er ein etwas schiefes Grinsen auf.
Sie lächelte ebenfalls. »Klingt,
Weitere Kostenlose Bücher