Kusswechsel
wahrscheinlich noch nie einen 53er Buick gesehen«, sagte Grandma.
»Yeah«, sagte Lula und zog sich die Spandexhose mit schwarz-rosarotviolettem Tigerfellmuster hoch. »Hier muss es sein.«
Ich ging auf die Veranda zu und gab der Frau meine Visitenkarte. »Stephanie Plum.«
»Sie kenne ich doch«, sagte die Frau. »Ihr Bild war in der Zeitung, als Sie das Beerdigungsinstitut niedergebrannt haben.«
»Das war nicht meine Schuld.«
»Und meine auch nicht«, ergänzte Grandma.
»Ich bin Cindy, Carols Schwester. Carol hatte es nicht leicht in letzter Zeit, deswegen habe ich sie heute Morgen angerufen. Nur um nachzufragen, wie es ihr so geht. Als ich ihre Stimme hörte, wusste ich gleich, da stimmt was nicht. Sie wollte am Telefon nicht darüber sprechen, sie tat sehr geheimnisvoll. Deswegen bin ich hergefahren. Ich wohne nur zwei Straßen weiter. Als ich anklopfte, wollte sie nicht aufmachen. Dann bin ich nach hinten gegangen, aber die Tür ist auch verschlossen. Und überall sind die Rollos heruntergezogen. Man kann nirgendwo ins Haus sehen.«
»Vielleicht will sie einfach nur alleine sein«, sagte Lula.
»Vielleicht findet sie, dass Sie zu neugierig sind.«
»Legen Sie mal das Ohr ans Fenster«, sagte Cindy.
Lula legte das Ohr an das Fenster neben dem Eingang.
»Hören Sie genau hin. Na?«
»Oh, oh«, sagte Lula. »Ich höre das Knistern einer Chipstüte. Und ich höre jemanden kauen.«
»Ich habe Angst, dass sie wieder einen Lieferwagen überfallen hat!«, sagte Cindy. »Ich wollte nicht die Polizei holen, und ihren Exmann wollte ich auch nicht rufen. Der ist ein Blödmann. Wenn ich mit dem verheiratet wäre, würde ich auch durchdrehen. Aber dann fiel mir ein, dass Carol gesagt hat, Sie wären so nett zu ihr gewesen. Da habe ich mir gedacht, dass Sie ihr vielleicht helfen können.«
Ich klopfte laut an die Tür. »Carol? Ich bin’s. Stephanie Plum. Machen Sie die Tür auf.«
»Verschwinden Sie.«
»Ich muss mit Ihnen reden.«
»Ich habe zu tun.«
»Sie wandert ins Gefängnis«, jammerte Cindy. »Sie ist ein Wiederholungstäter. Sie wird eingesperrt, und der Schlüssel wird weggeworfen. Meine Schwester ist ein Chipsjunkie. Sie ist drogenabhängig!«
»Das braucht Sie nicht gleich so mitzunehmen«, sagte Lula. »Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, standen Fritos noch nicht auf der Liste verbotener Substanzen.«
»Wir können doch einfach auf das Türschloss schießen«, schlug Grandma vor.
»He, Carol!«, schrie ich durch die Tür. »Haben Sie wieder einen Frito-Lieferwagen ausgeraubt?«
»Keine Angst«, rief Cindy ihr zu. »Wir besorgen dir einen guten Anwalt. Du könntest irgendeine Geisteskrankheit geltend machen.«
Die Tür flog auf, und vor uns stand Carol mit einer Tüte Cheez Doodles in der Hand. Ihre Haare waren mit orangefarbenen Cheez Doodles-Krümeln übersät und standen von der Schädeldecke ab, als hätte sie in die Steckdose gegriffen. Ihre Wimperntusche war verschmiert, das Lipgloss vertrocknet und durch Cheez Doodles-Stäubchen ersetzt. Sie trug ein Nachthemd, Turnschuhe und eine Trainingsjacke. Auf der Jacke hatten sich Cheez Doodles-Brösel verfangen, die im morgendlichen Sonnenlicht funkelten.
»Huhu!«, kreischte Lula. »Die Nacht des Grauens.«
»Was ist los mit euch?«, fuhr Carol die anderen an. »Habt ihr nichts zu tun? Verschwindet. Ihr seht doch, ich frühstücke.«
»Was sollen wir machen?«, fragte Cindy. »Sollen wir den Notarzt rufen?«
»Der Notarzt kann uns auch nicht helfen«, sagte Lula.
»Wir brauchen einen Exorzisten.«
»Woher kommen die Cheez Doodles?«, fragte ich Carol.
»Ein Ausrutscher. Ich bin rückfällig geworden.«
»Sie haben doch nicht schon wieder einen Lieferwagen überfallen, oder?«
»Nein.«
»Ein Geschäft?«
»Auch nicht. Für die hier habe ich bezahlt. Na gut, ein, zwei Tüten haben sich in meiner Jacke verfangen, aber wie das passieren konnte, weiß ich auch nicht. Ich schwöre, daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Sie sind ja verrückt«, sagte Lula, durchstreifte das Haus und sammelte stapelweise Chipstüten ein. »Sie haben die Kontrolle über sich verloren. Sie brauchen Hilfe von den Anonymen Chipsessern.« Lula riss eine Tüte Doritos auf und stopfte sich ein paar in den Mund.
Grandma hielt ihr eine geöffnete Einkaufstüte hin. »Die habe ich in der Küche gefunden. Wir können die Chips hineintun und sie mitnehmen, dann kommt sie nicht mehr in Versuchung.«
»Pack die Chips in die Tasche und gib sie Cindy«,
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