Kusswechsel
waren wir zehn.
»Hier«, sagte Kloughn und sprang von seinem Platz auf.
»Du kannst auf meinem Stuhl sitzen. Ich bin fertig mit Essen. Es macht mir nichts aus. Ehrlich.«
»Ach, mein süßes Putzipatzischnuckibärchen«, sagte Valerie.
Grandma versteckte sich hinter ihrer Serviette und gab einen Würgelaut von sich. Morelli beschränkte sich auf ein gütiges Lächeln. Mein Vater aß einfach weiter. Und ich dachte nur, dass Putzipatzischnuckibärchen zu Albert Kloughn passte wie die Faust aufs Auge. Gibt es Schlimmeres?
»Jetzt, wo wir hier alle so schön versammelt sind, habe ich euch eine Mitteilung zu machen«, sagte Valerie. »Albert und ich haben einen Termin für unsere Hochzeit festgelegt.«
Allerdings, das war eine wichtige Mitteilung, denn als Valerie schwanger war, dachte sie noch, sie könnte bei Ranger oder Indiana Jones landen. Das war ziemlich beängstigend, denn es war höchst unwahrscheinlich, dass einer dieser beiden Herren Interesse bekunden würde, Valerie zu ehelichen. Mit der Geburt des gemeinsamen Kindes waren Valeries Sympathien für Kloughn gestiegen, aber meine Mutter hegte bis zu diesem Moment die Befürchtung, sie müsste den Klatsch über Valerie für den Rest ihres Lebens ertragen. Unverheiratete Mütter, grauenvolle plötzliche Tode und betrügende Ehemänner, das waren die Lieblingsthemen der Chambersburger Klatschbasen.
»Wie schön!«, rief meine Mutter, hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Das freut mich ja so für dich.«
»Eine Hochzeit!«, sagte Grandma. »Ich brauche ein neues Kleid. Und wir brauchen einen Saal für den Empfang.« Sie tupfte sich die Augen. »Wer hätte das gedacht … mir kommen die Tränen.«
Auch Valerie weinte. Sie lachte und schluchzte und schniefte in einem fort. »Ich will mein Kuschelteddylein heiraten«, sagte sie.
Die Gabel in der Hand, auf halbem Weg zum Teller mit den Brathähnchen, hielt Morelli plötzlich inne. Er beugte sich zu mir herüber. »Solltest du jemals vor anderen Leuten Kuschelteddylein zu mir sagen, sperre ich dich in den Keller und fessele dich an den Heizungskessel.«
Kloughn stand mit einem Weinglas in der Hand am Kopf des Tisches. »Ich möchte einen Trinkspruch ausbringen«, sagte er. »Auf die zukünftige Mrs. Kloughn!«
Meine Mutter erstarrte zur Salzsäule. Sie hatte die Folgen einer Ehe ihrer Tochter mit Albert Kloughn nicht in letzter Konsequenz durchdacht. »Valerie Kloughn«, sagte sie und versuchte, ihr Erschrecken nicht allzu deutlich zu zeigen.
»Du liebe Scheiße«, sagte mein Vater.
Ich lehnte mich an Morellis Schulter. »Jetzt bin ich wenigstens nicht der einzige Clown in der Familie«, flüsterte ich.
Morelli hob sein Glas. »Auf Valerie Kloughn«, sagte er.
Kloughn leerte sein Glas in einem Zug und schenkte sich gleich nach. »Und auf mich! Denn ich bin der glücklichste Mann auf der Welt. Ich habe meine liebe Valerie, Fallerie, Fallera gefunden, mein Turteltäubchen, mein großes Pummelschatzileinchen.«
»Moment mal …«, sagte Valerie. »Hast du gerade großes Pummelschatzileinchen gesagt?«
Grandma goss sich noch Wein nach. »Kann ihn nicht mal jemand mit einer Betäubungspistole kaltstellen?«, fragte sie.
»Ich halte das nicht länger aus.«
Kloughn plapperte unbeirrt weiter. Er war puterrot im Gesicht, und er fing an zu schwitzen. »Ich habe sogar ein Kind in die Welt gesetzt«, sagte er. »Wie mir das passiert ist, weiß ich auch nicht. Das heißt, ich weiß schon, wie es passiert ist. Ich glaube, es war auf dem Sofa da drüben …«
Alle pfiffen durch die Zähne, außer Joe. Joe lachte. »Wenn ich daran denke, was mir da entgangen ist!«, raunte er mir zu.
Meine Mutter sah aus, als wollte sie gleich morgen früh losgehen und ein neues Sofa kaufen. Mein Vater betrachtete ausgiebig sein Buttermesser … überlegte ohne Zweifel, wie viel Schaden man damit anrichten konnte. Gut, dass das Tranchiermesser in der Küche war.
»Normalerweise brauchen Kloughns Jahre, bis sie sich vermehren«, sagte Albert. »Seit Generationen ist unsere Beweglichkeit bescheiden. Unsere Kerlchen können nicht schwimmen. Das hat mein Vater immer gesagt. Albert, hat er immer gesagt, rechne nicht damit, dass du mal Vater wirst, weil Kloughns nämlich nicht schwimmen können. Und was muss ich feststellen? Meine kleinen Kerlchen können wohl schwimmen! Und wie die schwimmen können! Dabei habe ich mich nicht mal angestrengt! Ich habe einfach nicht
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