Kusswechsel
Lula mir zu. »Du musst aufstehen! Die Hunde bespringen dich noch zu Tode.«
Sie hatte Recht. Die Meute war bösartig. Es war die reinste Bespringungsekstase. »Ich kann nicht aufstehen!«, sagte ich. »Ich werde von sieben Hunden besprungen. Sieben! Jetzt tu endlich was!«
Lula warf die Arme hoch und lief aufgeregt umher. »Ich weiß nicht, was ich machen soll! Ich weiß nicht, was ich machen soll!«
Krachend flog die Tür zu Lowandas Wohnung auf, und Lowanda brüllte uns an. »He! Was machen Sie da mit meinen Hunden?«
»Wir machen überhaupt nichts«, sagte Lula. »Die Hunde bespringen Stephanie.«
Lowanda hielt einen Karton Hundekuchen in der Hand. Sie schüttelte den Karton, und sofort ließen die Hunde von mir ab und sahen sich um. »Diese saublöden Kopfgeldjäger«, sagte Lowanda, verschwand mit ihren Hunden im Haus, knallte die Tür zu und schloss hinter sich ab.
»Ich dachte schon, du wärst abgenippelt«, sagte Lula zu mir.
Ich lag mit geschlossenen Augen auf dem Rücken und atmete schwer. »Lass mir etwas Zeit.«
»Du siehst verheerend aus«, sagte Lula. »Die Hunde haben dich von allen Seiten besprungen. Und du hast da irgendwas in deinem Haar, wahrscheinlich von der Bulldogge.«
Ich stand auf. »Ich gehe mit Geifer auf dem Kopf. Das ist doch Geifer, oder nicht?«
»Wenn du es sagst.«
Lula und ich begaben uns zum Auto, wo wir in Sicherheit waren, und Lula fuhr die paar Straßen weiter zu Beverlys Wohnung. Ihr Apartment sah fast genauso aus wie das ihrer Schwester, außer dass Beverly keinen Liegesitz besaß. Beverly hatte sich ein Sofa vor den Fernseher gerückt. Teilweise war es mit einem blauen Laken bedeckt, und ich glaube, darunter schimmerte ein feuchter Fleck hindurch, der so widerlich war, dass selbst Beverly ihn nicht übersehen konnte.
»Sie können jetzt nicht hereinkommen«, sagte Beverly, als sie uns aufmachte. »Ich bin beschäftigt. Mein Süßer ist da, und wir sind gerade so richtig zugange.«
»Mehr will ich gar nicht wissen«, sagte Lula. »Ich musste gerade mit ansehen, wie Stephanie von einer Hundemeute besprungen wurde. Jeden ähnlichen Anblick will ich mir für heute ersparen.«
»Das müssen Lowandas Hunde gewesen sein«, sagte Beverly. »Ich weiß auch nicht, was mit diesen Hunden los ist. So eine Meute habe ich noch nicht erlebt. Dabei sind drei von denen Weibchen.«
»Wir suchen einen flüchtigen NVGler«, sagte ich zu Beverly.
»Ja ja, das tun Sie immer, wenn Sie hier sind«, sagte Beverly. »Aber ich bin kein NVGler. Ich habe nichts verbrochen. Das schwöre ich Ihnen.«
»Es geht nicht um Sie«, sagte ich. »Ich suche Roger Banker.«
»Oh«, sagte Beverly. »Das passt mir aber gar nicht. Wollen Sie ihn festnehmen?«
»Wir bringen ihn zur Polizeiwache, damit wir ihn gegen Kaution wieder freikaufen können.«
»Und dann? Lassen Sie ihn danach wieder laufen?«
»Wenn Sie wollen«, sagte Lula.
»Und ob.«
»Na gut, dann lassen wir ihn eben wieder laufen«, sagte Lula zu mir. »Also führen wir ihn nur vor und kaufen ihn gleich wieder frei. Und Sie kriegen obendrein zwanzig Dollar, wenn wir ihn zu fassen kriegen.«
Lowanda und Beverly würden ihre eigene Mutter verhökern, wenn dabei ein paar Kröten für sie raussprangen.
»Na gut, dann kann ich es Ihnen ja verraten«, sagte Beverly. »Er ist in dem hinteren Zimmer. Aber er ist gerade etwas unpässlich.«
»Roger«, rief Beverly. »Hier sind zwei Damen, die wollen dich sprechen.«
»Immer rein damit«, sagte Roger. »Ich werde schon fertig mit ihnen. Bei Damen gilt, je mehr, desto besser.«
Lula und ich sahen uns an und verdrehten die Augen.
»Sagen Sie ihm, er soll sich anziehen und herkommen«, sagte ich zu Beverly.
»Du sollst dir deine Hose anziehen und herkommen«, sagte Beverly. »Sie wollen hier mit dir sprechen, nicht dort hinten.«
Wir hörten ein Rumoren und Rascheln, dann kam Banker angeschlurft. Er trug eine Khakihose und Turnschuhe, weder Hemd noch Strümpfe, und ich wette, auch keine Unterhose.
»Roger Banker«, sagte Lula. »Heute ist Ihr Glückstag, Sie dürfen umsonst mit uns zum Knast fahren.«
Banker klimperte mit den Wimpern, erst zu Lula herüber, dann zu mir. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und rannte zur Küchentür.
»Bewach du die Schrottkarre vorne«, brüllte ich Lula zu.
»Die gehört wahrscheinlich Banker.« Ich nahm die Verfolgung auf, schubste Beverly beiseite, rannte aus der Küchentür, hinter Banker her. Banker lief schnell, seine langen Beine machten
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