Kusswechsel
spazieren gehen?«, fragte ich Bob.
»Wie soll ich zur Arbeit kommen? Was soll ich den ganzen Tag machen?«
Bob ging vor der Haustür auf und ab und sah mich flehentlich an.
»Heute musst du dein Geschäft im Hof verrichten«, sagte ich und war nicht allzu traurig darüber, dass mir der Job, den Hund auszuführen, erspart blieb. Morgens mochte Bob nur allzu gerne seinen Haufen machen, und mir war das Privileg übertragen worden, seinen Dreck nach Hause zu schaffen. Mit einer Tüte voll Hundescheiße unterm Arm konnte einem jede Lust auf einen Spaziergang vergehen.
Ich legte Bob an die Laufleine im Hinterhof und räumte die Küche auf. Um ein Uhr war das Bett gemacht, die Böden geschrubbt, der Toaster poliert, die Wäsche gewaschen, getrocknet und gefaltet, und jetzt war ich dabei, den Kühlschrank sauber zu machen. Irgendwann, als ich dem Geschehen auf der Straße gerade mal den Rücken zukehrte, verschwand der Buick.
»Was jetzt?«, fragte ich Bob.
Bob sah mich nachdenklich an, aber er hatte auch keine Idee, deswegen rief ich Morelli an. »Was jetzt?«, fragte ich Morelli.
»Es ist gerade erst ein Uhr«, sagte er. »Lass uns etwas Zeit. Wir arbeiten noch an dem Fall.«
»Ich habe den Toaster poliert.«
»Äh, hm. Du, ich muss jetzt los.«
»Ich werde noch verrückt hier!«
Die Leitung wurde unterbrochen.
Ich hielt noch immer den Hörer in der Hand, da klingelte es.
»Was ist los?«, wollte Connie wissen. »Bist du krank? Sonst bist du zu der Uhrzeit schon immer längst im Büro eingelaufen.«
»Ich habe Probleme mit meinem Auto.«
»Na und? Soll ich Lula vorbeischicken?«
»Gut. Schick Lula vorbei.«
Zehn Minuten später dockte Lulas Firebird vor Morellis Haus an.
»Sieht so aus, als hätte Morelli sein Haus renovieren lassen«, sagte Lula.
»Anscheinend hat es Eugene Brown nicht gefallen, dass ich ihn von der Motorhaube geschubst habe.«
»Ich habe dieses Geschmier von den Gangs nicht an meinem Haus. Du musst die Einzige sein, gegen die unser lieber Eugene einen Groll hegt. Gegen mich hat er nichts, weil ich wahrscheinlich nur eine unschuldige Beifahrerin war.«
Ich bedachte Lula mit meinem schielenden Todesblick.
»Guck mich nicht so an«, sagte sie. »Du solltest dankbar sein, dass ich an dieser Geschichte unbeteiligt bin. Vinnie macht übrigens auch gerade keinen zufriedenen Eindruck. Wir haben nur noch wenige Tage Zeit, um uns Saftarsch Roger Banker zu schnappen. Sonst verfällt die Kaution.«
Hätte ich nur jedes Mal, wenn ich versuchte, Roger Banker zu schnappen, einen Dollar einsacken dürfen – ich hätte von dem Geld eine Woche auf die Bermudas fahren können. Banker war so aalglatt, wie man nur sein kann. Er war ein Wiederholungstäter, kannte also die Prozedur. Man konnte ihm nicht weismachen, er müsste sich nur bei Gericht zurückmelden und so. Er wusste, wenn die Handschellen erst mal angelegt waren, wanderte er ab ins Kittchen. Er war arbeitslos, lebte von einer unbestimmten Anzahl Freundinnen und Verwandten, allesamt die geborenen Verlierer, und er war schwer ausfindig zu machen. Banker hatte keine besonderen Merkmale. Banker war wie der unsichtbare Mann. Einmal stand ich am Tresen neben ihm, und ich habe ihn nicht erkannt. Lula und ich hatten angefangen, Fotos von ihm zu sammeln, um die Bilder unserem Gedächtnis einzuprägen, in der Hoffnung, dass es helfen würde.
»Also gut«, sagte ich. »Drehen wir unsere Runden. Vielleicht haben wir ja Glück.«
Unsere Runden, das waren Abstecher zu Lowanda Jones, Beverly Barber, Chermaine Williamson und Marjorie Best. Es gab noch andere Orte und Personen, die man bei der Jagd nach Banker anvisieren konnte, aber Lowanda, Beverly, Chermaine und Marjorie waren meine erste Wahl. Alle wohnten in der Sozialsiedlung nördlich der Polizeiwache. Lowanda und Beverly waren Schwestern. Sie wohnten vier Häuserblocks auseinander, und die beiden waren sich spinnefeind.
Lula fuhr zur Sozialsiedlung. »Wen knöpfen wir uns als Erste vor?«
Auf die Sozialsiedlung von Trenton fällt der Großteil jener Immobilien, die nicht zu den erstklassigen gehören. Nicht mal zu den zweitklassigen. Die Häuser sind aus rotem Backstein, Staatseigentum, Flachbauten. Die Zäune sind aus Maschendraht. Die Autos sind Schrottmühlen.
»Wie gut, dass es Graffiti gibt. Die bringen wenigstens etwas Farbe rein«, sagte Lula. »Dass die nicht mal ein bisschen Rasen anlegen hier. Oder mal einen Strauch in die Erde setzen.«
Selbst der liebe Gott hätte
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