Kusswechsel
würde. Eigentlich war Morelli doch ganz vernünftig, oder? Er würde einsehen, dass mir nichts anderes übrig geblieben war. Ich hatte Rangers Truck einfach annehmen müssen. Es war das Naheliegendste, was man tun konnte. Und außerdem war es meine Angelegenheit. Nur weil man mit einem Menschen zusammenlebte, hieß das ja nicht, dass er dir in dein Leben hineinreden durfte. Ich schrieb Morelli ja auch nicht vor, wie er sich zu verhalten hatte, oder? Na gut, gelegentlich mischte ich mich schon in seine Angelegenheiten ein. Aber er hörte sowieso nie auf mich! Das war der entscheidende Unterschied!
In Wahrheit allerdings ging es hier gar nicht um den Truck. Es ging um Ranger. Morelli wusste genau, dass er mir nicht aus der Klemme helfen konnte, wenn ich mal enger mit Ranger zusammenarbeiten musste und Ranger etwas Ungesetzliches tat. Außerdem hatte Morellis eigene wilde Zeit lange genug gedauert, er hätte Verständnis für Rangers Eskapaden gehabt. Noch ein guter Grund für mich, nicht allzu eng mit Ranger zusammenzuarbeiten.
Schwungvoll entstieg ich dem Truck, verriegelte den Wagen mit der Fernbedienung und marschierte auf die Haustür zu. Ich schloss die Tür auf, und Bob lief mir entgegen und sprang an mir hoch. Ich drückte ihn ein paarmal und bekam dafür Bob-Sabber auf meine Jeans. Der Bob-Sabber machte mir nichts aus, es war ein geringer Preis für seine ansonsten bedingungslose Liebe. Außerdem fiel der Sabber bei den vielen Gras-, Schmutz- und was-weiß-ich-für-Flecken auf meiner Jeans gar nicht auf. Bob roch an den wasweiß-ich-für-Flecken und wich zurück. Bob hatte gewisse Ansprüche.
Morelli lief mir zur Begrüßung nicht entgegen. Er sprang nicht an mir hoch oder sabberte oder verströmte bedingungslose Liebe. Morelli lümmelte auf dem Sofa und sah sich die »Three Stooges« im Fernsehen an. »Na?«, sagte er, als ich ins Zimmer kam.
»Na?«, gab ich zur Antwort.
»Was ist mit dem Truck?«
»Welchem Truck?«
Er sah mich scheel an.
»Oh«, sagte ich. »Den Truck. Das ist Rangers Truck. Er hat ihn mir geliehen, bis ich meinen Buick wiederbekomme.«
»Hat der Truck ordentliche Zulassungspapiere?«
»Selbstverständlich!«
Sind sie auch echt,
wäre eine passendere Frage gewesen. Ranger verfügte über anscheinend nie versiegende Quellen von neuen schwarzen Autos und Trucks. Die Herkunft dieser Fahrzeuge ist unbekannt. Meistens zwar sind die Papiere vorhanden, aber es ist durchaus denkbar, dass an die Bat Cave eine Karosseriewerkstatt angeschlossen ist, die solche Dinge regelt. Ranger und seine Männer würden natürlich niemals selbst Autos stehlen, aber vielleicht fragten sie bei einer Lieferung auch nicht allzu genau nach, woher die Autos stammten.
»Du hättest dir meinen Geländewagen ausleihen können«, sagte Morelli.
»Du hast ihn mir nicht angeboten.«
»Weil ich wollte, dass du heute zu Hause bleibst. Nur diesen einen Tag«, sagte Morelli. »War das zu viel verlangt?«
»Ich bin doch fast den ganzen Tag zu Hause geblieben.«
»Fast den ganzen Tag ist nicht das Gleiche wie den ganzen Tag.«
»Und morgen?«
»Ist hier der Teufel los!«, sagte Morelli. »Du wirst mir wieder was über die Gleichheit von Mann und Frau und über die Freiheit des Individuums vorschwadronieren. Und ich fuchtele mit den Armen herum und brülle, weil ich ein italienischer Cop bin und wir uns nun mal so aufführen, wenn unsere Frauen unvernünftig sind.«
»Es geht hier nicht um die Gleichheit von Mann und Frau und um die Freiheit des Individuums. Das hat mit Politik nichts zu tun. Hier geht es um mich allein. Ich verlange von dir, dass du mich beruflich mehr unterstützt.«
»Du machst doch gar keine Karriere«, sagte Morelli. »Du machst Kamikaze. Die meisten Frauen, die ich kenne, gehen Mördern und Vergewaltigern aus dem Weg. Nur meine Freundin, die geht direkt auf sie zu. Und als ob Mörder und Vergewaltiger ihr noch nicht reichen, hat sie jetzt auch noch den Zorn einer ganzen Gang auf sich gezogen.«
»Die Jungs aus den Gangs sollten sich mal am Riemen reißen. Es braucht ihnen nur das Geringste in die Quere zu kommen, schon klinken sie aus. Was ist los mit denen?«
»So vertreiben die sich ihre Zeit«, sagte Morelli.
»Die Polizei könnte ja mal versuchen, ihnen irgendein Hobby schmackhaft zu machen. Holzschnitzen oder so.«
»Klar, und wir bringen sie auch noch so weit, dass sie die Finger vom Drogenhandel und den Bandenmorden lassen.«
»Sind die wirklich so schlimm?«
»Ja, sie sind
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