Kusswechsel
los, und ich stecke auch nicht in Schwierigkeiten. Ich habe Ranger nur gesagt, ich würde den Truck in meine Obhut nehmen, wenn er nicht in der Stadt ist. Ich wollte ihn eigentlich benutzen, aber jetzt habe ich es mir anders überlegt. Er ist zu groß für mich.«
Meine Mutter wollte die Wahrheit gar nicht wissen, sagte ich mir. Die Wahrheit war schmutzig.
»Der Truck ist groß«, sagte Grandma. »Und du weißt ja, was man über die Größe eines Trucks von einem Mann sagt.«
»Ich bin schon wieder weg«, sagte ich. »Lula wartet auf mich.«
Grandma trottete hinter mir her. An der Haustür blieb sie stehen und winkte Lula zu. »Was habt ihr Mädels vor?«, fragte Grandma. »Einen Killer jagen?«
»Tut mir Leid«, sagte ich. »Heute keine Killerjagd. Ich will mir ein Auto kaufen. Ich brauche eins, das die Zeit überbrückt, bis mir die Versicherung die Entschädigung für den Escape ausgezahlt hat.«
»Ich kenne keine schönere Beschäftigung, als Autos zu kaufen«, sagte Grandma. »Warte eine Sekunde. Ich sag nur eben deiner Mutter Bescheid und hole mein Portmonee.«
»Nein«, sagte ich. Aber da lief sie schon im Haus umher und sammelte ihre Sachen ein.
»He«, rief Lula vom Straßenrand herüber. »Warum dauert es so lange?«
»Grandma fährt mit.«
»Die drei Musketiere schlagen wieder zu«, witzelte Lula.
Grandma kam emsig angelaufen und kletterte auf den Rücksitz des Firebird. »Was haben Sie denn so zu bieten?«, fragte sie Lula. »50 Cent? Eminem?«
Lula schob eine CD von Eminem in den Schlitz, drehte den Sound auf, und wir röhrten los. Es hörte sich an wie fernes Donnergrollen.
»Das ist natürlich ein Problem mit deinem Auto. Aber ich habe mir was überlegt«, sagte Grandma. »Ich kenne da einen Mann, der Autos verkauft. Und er verlangt auch nicht sonderlich viel.«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Wenn man ein gebrauchtes Auto bei einem richtigen Händler kauft, bekommt man für gewöhnlich eine Garantie.«
»Wie viel willst du denn ausgeben?«, fragte Lula.
»Ein paar hundert.«
Lula sah mich scheel an. »Und für das bisschen Geld verlangst du auch noch eine Garantie.«
Lula kramte ihr Handy hervor, durchforstete die gespeicherten Nummern und wählte schließlich eine. »Eine Freundin von mir braucht ein Auto«, sagte sie, als die Verbindung hergestellt war. »Hmhm«, sagte sie. »Hmhm, hmhm, hmhm.« Sie wandte sich mir zu. »Brauchst du eins mit ordentlichen Zulassungspapieren?«
»Ja!«
»Ja«, sagte Lula in den Hörer. »Sie hätte gerne eins mit allem Drum und Dran.«
»Das macht Spaß«, vermeldete Grandma Mazur vom Rücksitz aus. »Ich bin schon ganz gespannt auf dein neues Auto.«
Lula legte auf und verließ den Stadtteil Burg in Richtung City. Als wir zur Stark Street kamen, drückte sie auf die automatische Zentralverriegelung.
»Keine Angst«, sagte Lula. »Ich verschließe die Türen nur sicherheitshalber. Wir fahren nicht in das schlimme Stadtviertel. Das heißt, schlimm ist es schon, aber es ist nicht das schlimmste. Wir betreten kein Bandenrevier, wo das organisierte Verbrechen haust. In diesem Viertel ist nur das unorganisierte Verbrechen zu Hause.«
Grandma drückte sich die Nase an der Fensterscheibe platt. »So was habe ich noch nicht gesehen«, sagte sie. »Da steht ja überall was geschrieben an den Wänden. Und da, ein ausgebranntes Haus, bei dem alle Fenster und Türen vernagelt sind. Gehört das immer noch zu Trenton hier? Weiß der Bürgermeister davon? Oder Joe Juniak? Der ist doch jetzt Kongressabgeordneter, der müsste sich doch um solche Dinge kümmern.«
»Als ich noch auf den Strich ging, war das hier mein Arbeitsplatz«, sagte Lula.
»Wirklich?«, sagte Grandma. »Das ist schon was. Stehen heute auch Mädchen an der Straße? Ich würde gerne mal eins sehen.«
Wir hielten Ausschau nach leichten Mädchen, aber es zeigte sich keins.
»Zu der Tageszeit gehen die Geschäfte immer recht schleppend«, sagte Lula.
Lula bog nach rechts in die Fisher und hielt vor einem schmalen zweigeschossigen Haus an, das so aussah, als wäre es von Grund auf verfallen. Früher mal musste es in einer Reihe mit anderen Häusern gestanden haben, doch die Nachbarhäuser links und rechts waren verschwunden und nur die Verbindungswände standen noch. Die Grundstücke waren von Schutt freigeräumt, aber das Gelände war Kriegsgebiet. Hier und da ragte ein Stück von einem übrig gebliebenen Rohr hervor, inmitten von Schotter und Bruchsteinen, die es nicht auf die letzte
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