Kusswechsel
die Polizei«, sagte Russell zu Costanza.
»Das bin ich doch gerne.«
Russell krallte eine Hand um Wards Arm und zerrte den Nackten weg. »Ich werde die
Trenton Times
unter Ihren Hintern legen«, sagte sie zu Ward. »Und wehe, Sie rutschen mit Ihrem Allerwertesten von der Zeitung runter.«
»Das hat Spaß gemacht«, sagte Lula. »Das Warten hat sich gelohnt.«
Ward festzunehmen bedeutete schon eine gewisse Befriedigung, aber als Spaß würde ich diese Erfahrung nicht gerade bezeichnen. Ich setzte Lula an ihrem Firebird ab, bedankte mich für ihre Hilfe und fuhr weiter zur Polizeiwache. Lieber hätte ich mich in Rangers Wohnung verkrochen und mich vor dem Riesenbildschirm des Fernsehers betäubt, aber ich musste sicherstellen, dass mir die Gefangennahme gutgeschrieben wurde. Und ich musste mir die Festnahmebestätigung abholen.
Die Polizeiwache liegt nicht im vornehmsten Viertel mit den höchsten Mieten, und der öffentliche Parkplatz ist gegenüber auf der anderen Straßenseite und unbewacht. Es war zu spät, zu dunkel, und ich fand es zu riskant, den Wagen auf dem Parkplatz abzustellen, deswegen fuhr ich auf den für die Polizei von Trenton reservierten Dienstparkplatz. Ich wurde durch den Hintereingang gewunken und ging schnurstracks zur Anmeldung. Ward, noch immer nackt, war auch da, mit Handschellen an die Sitzbank aus Holz gefesselt. Jemand hatte ihm ein Handtuch über den Schoß gelegt.
»Hallo, Zicke«, sagte Ward zu mir. »Wollen Sie nicht mal einen Blick unters Handtuch wagen? Sich meine Saftkanone ein letztes Mal angucken?«
Danach machte er ein schlürfendes Kussgeräusch.
Von seiner Saftkanone hatte ich schon mehr gesehen, als mir lieb war, und sie war weder saftig noch eine Kanone. Viel mehr gingen mir aber die Kussgeräusche auf die Nerven. Ich hielt den Kopf stur auf den Schreibtisch in der Anmeldung gesenkt und wartete auf meine Unterlagen. Auf keinen Fall wollte ich Morelli zu Gesicht kriegen. Allerdings wusste ich gar nicht, ob er überhaupt noch da war. Hinterm Schreibtisch saß ein neuer Kollege, der sehr langsam war und peinlichst darauf achtete, dass er auch ja alles richtig machte. Ich musste an mich halten, ihm die Bestätigung nicht aus der Hand zu reißen.
»Haben Sie es eilig?«, fragte er.
»Ich habe noch zu tun.«
Ich nahm die Bestätigung entgegen, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte nach draußen. Mit Ward vermied ich jeden Blickkontakt. Wer weiß, vielleicht war das Handtuch heruntergefallen oder bewegte sich gar. Die Tür des Hintereingangs fiel ins Schloss – und ich kreischte los. Morelli hatte mich gepackt und zur Seite gezogen.
»Mensch!«, sagte ich. »Du hast mich total erschreckt. Schleich dich nicht noch mal so an.« In Wahrheit war ich mir gar nicht so sicher, warum ich losgekreischt hatte: Weil ich
nicht
wusste, wer es war, oder weil ich
wusste,
wer es war?
»Aber sonst geht es dir gut.«
»Ja, ich glaube schon. Ich habe nur irres Herzrasen. Das habe ich häufiger in letzter Zeit.«
»Du hattest ja jetzt Gelegenheit, Ward aus der Nähe zu sehen. Bleibst du immer noch bei deiner Aussage, dass er der rote Teufel ist?«
»Ja.«
»Und er saß auch im Auto, als auf Gazarra geschossen wurde?«
»Ja.«
Ein Streifenwagen fuhr vor dem Hintereingang vor. Morelli und ich traten zur Seite, während zwei Polizisten Lauralene vom Rücksitz wuchteten.
»Was hat sie verbrochen?«, fragte ich.
»Mit einem gestohlenen Wagen ohne Führerschein über eine rote Ampel gefahren.«
Lauralenes Augen waren rot vom vielen Weinen.
»Sie hat einen schlimmen Abend hinter sich«, sagte ich zu Morelli. »Und sie ist schwanger. Rede mal mit ihr. Sie sieht aus, als könnte sie Beistand gebrauchen.«
Ich rief Francine an und sagte ihr, Ward sei gefangen genommen worden. Dann sagte ich ihr, Lauralene säße auf der Wache.
»Und was jetzt?«, wollte Morelli wissen.
»Jetzt fahre ich nach Hause. Mit mir ist nichts mehr los. Mich kannst du nur noch ablegen.«
»Und wo ist dein Zuhause?«
»Das bleibt ein Geheimnis.«
»Mit etwas Mühe würde ich dich schon finden«, sagte er.
»Wenn ich der Ansicht wäre, ich könnte dir vertrauen, würde ich es dir sagen.«
Morelli lachte etwas angestrengt. Man konnte ihm nicht trauen. Das war uns beiden klar. Er würde mich mit eigenen Händen aus meinem Fuchsbau holen, wenn er der Ansicht wäre, er sei im Recht.
»Brauchst du Polizeischutz beim Rausfahren? Stehst du auf dem öffentlichen Parkplatz?«
»Nein. Ich stehe verbotenerweise
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