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Kutath die sterbende Sonne

Titel: Kutath die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J.Cherryh
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sorgfältig, während er etwas vom Wind geschützt saß und seine von den Anstrengungen dünner gewordenen Glieder zitterten. Niun machte sich deswegen Sorgen um ihn und schirmte ihn mit Hilfe seiner Gewänder von der Niedertracht des Windes ab.
    »Komm, du bist sauber genug! Willst du dich nicht beeilen? Meine Arme werden müde.«
    Duncan stand auf und zog sich die Gewänder an, wobei er konvulsivisch zitterte. Er befestigte das Untergewand mit dem Gürtel, während Niun sich wieder auf den Hang setzte, um sich die Stiefel anzuziehen.
    Duncan hustete etwas und unterdrückte es. Niun sah besorgt auf. Duncan kümmerte sich nicht um die Sache und setzte sich wieder, begann mit etwas Öl und der Klinge eines As'ei , sich das Haar aus dem Gesicht zu schaben. Niun beobachtete den Vorgang mit verstohlenen Blicken. Das war eine Angelegenheit, die Duncan mit penibler Sorgfalt ausführte, und ein Unterschied, den Duncan unverdrossen zu verbergen suchte. Menschen taten das im allgemeinen, denn Niun nahm an, daß alle diese Neigung hatten, daß sich alle so wie Duncan darum kümmerten – nicht um das Körperhaar, sondern nur das des Gesichtes. Es war ein Tsi'mri-Brauch, den er bei den Mri passenderweise weiterführte; vielleicht einfach nur deswegen, weil der Schleier das einzige Kleidungsstück war, das ein Kel'en im Lager nicht beibehalten konnte.
    Und Niun suchte absichtlich die Abgeschiedenheit für Duncan, damit er sich um seine Person kümmern konnte und die Neuankömmlinge die Andersartigkeit seines Körpers nicht sahen. Niun schämte sich dieser Täuschung etwas, obwohl Duncan ihr freiwillig zustimmte. Es blieb ungewiß, ob Duncan dies aus Scham über seine eigene Struktur tat, oder aus Rücksicht auf ihn, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. Niun vermutete stark, das letzteres der Fall war... aber Duncan zu fragen, warum – das erforderte Eindringen in Tsi'mri-Gedanken. Es war bequemer gewesen, die Sache zu ignorieren und Duncan dieses Maß an Zurückgezogenheit zu bieten, das nur sie beide umfaßte.
    Duncan lebte, und das war für den Augenblick genug. Er war bleich und dünn und bewegte sich so langsam wie ein alter Mann, aber er lebte, und auch die Blutung gab es an diesem hellen Morgen nicht mehr. Es war ein gutes Zeichen, wenn ein Mann mit einem plötzlichen Interesse für sein Aussehen und seine Sauberkeit erwachte, und ein Beweis für die Ungeduld mit seinem Zustand. Es war eine gute Sache.
    An diesem Morgen schien es viel Gutes auf der Welt zu geben.
    Die Dusei waren verschwunden, verloren irgendwo im Nebel des Bernsteinmorgens – sie jagten vermutlich, was sie auch sollten, und belästigten nicht die Lager, die an allen Seiten jenseits des Horizonts lagen. Die fremden Kel'ein hatten sich im Lager niedergelassen, in einem behelfsmäßigen Flickwerk aus drei Lagen Zelttuch über zwischen Sen-Zelt und Kel gespannten Seilen. Es war ruhig dort; sensible Mri, die nicht durch Dummheit Streit erregen wollten, die schweigend beobachteten, wie es Leute tun sollten, die vielleicht würden töten müssen und die vom Begreifen viel profitieren, klare Sicht und Leidenschaftslosigkeit gewinnen konnten. Ihre eigenen She'panei hatten sie angewiesen, im Lager Befehle entgegenzunehmen; dem kamen sie nach, paßten sich der Fremdheit mit dem Vertrauen an, das aus dem Wissen resultierte, daß ihre Stämme sich auf sie als Augen und Ohren verließen – die nach außen gewandten Gesichter ihrer She'panei. Selbst die Ja'anom waren ungewohnt vernünftig, trotz Duncans Anwesenheit bei ihnen. Es würde nicht von Dauer sein, aber für den Moment war es gut so.
    Die Kinder des Kath spielten im Lager, lachten laut und waren endlich wieder lebhaft genug, zu hüpfen und zu rennen. In der Dämmerung hatten sie eine Schlange erwischt, eine unglückliche Kreatur, die auf der Suche nach der Feuchtigkeit des Lagers umhergeirrt war. Nichts wagte sich schlau genug ins Lager, um den scharfäugigen Kindern zu entgehen, die die Schlange triumphierend in den gemeinsamen Topf gegeben hatten. Sie foppten und spielten Streiche und amüsierten sogar die ernsten Fremden.
    Und dieses Gelächter, das bis zu Niun und Duncan drang, war mehr als alles andere ein Trost für das Herz.
    »Warum das Gesicht?« fragte Niun in plötzlicher Unbekümmertheit.
    Duncan blickte auf, befeuchtete einen Finger am Mund und berührte eine blutende Stelle am Kinn. Die Frage schien ihn zu verblüffen, aber in keiner Weise zu beleidigen.
    »Warum das Gesicht und nicht...«

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