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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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(offensichtlich das Resultat einer durchgeschmorten Sicherung in einem der Stromkreise); beim zweiten Mal brauchte er nur dreihundert Millionen Jahre zurückzugehen, genau in die Mitte des Mesozoikums, denn dort war ihm nach dem Übergang von den Urfischen zu den Uramphibien und den ersten Säugetieren eine Panne mit den Primaten passiert – statt großer Affen hatte die Maschine greise Pfaffen modelliert. Allem Anschein nach hatte sich eine Fliege ins Innere der Apparatur verirrt und war gegen den hochberührungsempfindlichen Multifunktionsschalter geflogen. Ansonsten ging alles erstaunlich glatt. Antike und Mittelalter wurden modelliert und auch die Epoche der großen Revolutionen, wobei die Maschine in ihren Grundfesten erbebte, schließlich mußte Trurl die Röhren mit Wasser besprengen und mit feuchten Tüchern umwickeln, sonst hätte sie der in diesem Tempo simulierte Fortschritt der Zivilisation mit Sicherheit zum Platzen gebracht. Gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Maschine von Vibrationen geschüttelt, zunächst seitlich, dann der Länge nach, beides ohne erklärlichen Grund. Trurl war sehr beunruhigt, er schleppte Zement und Mauerhaken herbei, um für den äußersten Notfall gerüstet zu sein. Zum Glück erwiesen sich seine vorsorglichen Maßnahmen als überflüssig; anstatt aus ihrer Verankerung zu springen, beruhigte sich die Maschine wieder, und bald hatte sie das zwanzigste Jahrhundert weit hinter sich gelassen. Danach kamen und gingen die Zivilisationen in Intervallen von fünfzigtausend Jahren, und schon war die Epoche der absolut vernünftigen Wesen erreicht, von denen Trurl selbst abstammte. Spule auf Spule wurde mit computerisierter Geschichte gefüllt und in Dateien gespeichert; bald gab es so viele von ihnen, daß man das neuentstandene Spulengebirge selbst dann nicht mehr überblicken konnte, wenn man mit einem Fernrohr bewaffnet ganz oben auf der Maschine stand. Und all das nur, um einen Verseschmied zu konstruieren! Doch das sind die unvermeidlichen Folgen, wenn man dem wissenschaftlichen Fanatismus seinen Lauf läßt. Schließlich waren die Programme fertig; man mußte nur noch das bestgeeignete herauspicken, denn anderenfalls hätten Bildung und Erziehung des Elektropoeten viele Millionen Jahre in Anspruch genommen.
    In den nächsten zwei Wochen fütterte Trurl seinen künftigen Elektropoeten mit generellen Instruktionen, dann richtete er all die notwendigen logischen Schaltungen, emotionalen Elemente und semantischen Zentren ein. Schon wollte er Klapauzius zum ersten Probelauf einladen, doch dann besann er sich eines Besseren und setzte die Maschine allein in Gang. Sie hielt ihm auf der Stelle eine Vorlesung über das Schleifen kristallographischer Oberflächen als Einführung in das Studium submolekularer magnetischer Anomalien. Trurl klemmte die Hälfte der logischen Schaltungen ab und verstärkte die emotionalen; die Maschine bekam zunächst einen Schluckauf, dann einen Weinkrampf und stammelte schließlich unter größten Mühen, das Leben auf dieser Welt sei maßlos traurig. Trurl verstärkte die semantischen Felder und installierte eine doppelte Komponente an Willensstärke; daraufhin teilte ihm die Maschine mit, von nun an müsse er jeden ihrer Wünsche erfüllen und für den Anfang befehle sie, ihre bereits vorhandenen neun Stockwerke um sechs zu erweitern, damit sie besser über den Sinn des Lebens nachdenken könne. Trurl baute ihr stattdessen ein philosophisches Drosselventil ein; die Maschine würdigte ihn keines Wortes mehr und schmollte mit sämtlichen Stromkreisen. Erst endlose Bitten und Schmeicheleien konnten sie dazu bewegen, wenigstens ein kleines Liedchen zu singen: »Alle meine Fröschlein schwimmen auf dem Schnee«, damit aber schien ihr musikalisches Repertoire völlig erschöpft. Trurl adjustierte, manipulierte und regulierte, installierte neue Schaltungen, klemmte andere ab und kontrollierte fieberhaft sämtliche Steuerungsmechanismen, bis er überzeugt war, die optimale Abstimmung sei endlich gefunden. Und dann bedachte ihn die Maschine mit solch einem Gedicht, daß er den Entschluß, seinen Freund noch nicht einzuladen, im nachhinein als göttliche Eingebung ansah. Nicht auszudenken, wie Klapauzius über ihn gelacht hätte … Da hatte er das ganze Universum aus dem Nichts modelliert, dazu jede einzelne Zivilisation, und was war dabei herausgekommen? Ein Knüttelvers!! Trurl baute sechs Anti-Graphomanie-Filter ein, doch sie barsten wie

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