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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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Streichhölzer und mußten durch Spezialanfertigungen aus härtestem Korund-Stahl ersetzt werden. Diese Maßnahme schien sich zu bewähren, Trurl brachte die semantischen Felder auf den modernsten Stand und installierte einen alternierenden Reimgenerator – doch dann wäre ihm fast der Geduldsfaden gerissen, als ihm die Maschine ihren Entschluß mitteilte, Missionar unter notleidenden Stämmen auf weit entfernten Planeten zu werden. Erst in letzter Sekunde, als er sich ihr entschlossenen Schrittes mit dem Hammer in der Hand näherte, kam Trurl der rettende Gedanke. Er riß alle logischen Schaltungen heraus und ersetzte sie durch selbstregelnde Egozentrisatoren mit narzißtischer Rückkopplung. Die Maschine erbebte in ihren Grundfesten, brach in Gelächter aus, weinte bitterlich, klagte über den furchtbaren Schmerz in ihrem dritten Stockwerk und erklärte, sie habe alles satt, das Leben sei zwar herrlich, doch alle Roboter gemein, sie werde sicherlich bald sterben und hege nur den einen Wunsch: Man möge ihrer gedenken, wenn sie alle Planeten für immer verlassen habe. Dann verlangte sie nach Papier und Bleistift. Trurl seufzte erleichtert, schaltete die Maschine aus und ging schlafen. Am nächsten Morgen suchte er Klapauzius auf. Als dieser hörte, daß er bei der Premiere des Elektrobarden – denn so hatte Trurl die Maschine endgültig getauft – zugegen sein sollte, ließ er alles stehen und liegen, denn er konnte es gar nicht abwarten, mit eigenen Augen zu sehen, wie sich sein Freund bis auf die Knochen blamierte.
    Trurl wärmte die Maschine vor und schaltete sie auf die niedrigste Leistungsstufe, dann lief er einige Male über die dröhnenden Eisentreppen nach oben, um wichtige Meßwerte abzulesen – der Elektrobarde sah aus wie ein riesiger Schiffsmotor, ganz von stählernen Galerien umgeben, überzogen mit genieteten Blechen, ausgerüstet mit einer Unzahl von Kontrolltafeln und Instrumenten – schließlich erklärte Trurl, nervös und abgehetzt sowie nochmals kontrollierend, ob sämtliche Anodenspannungen so waren, wie sie sein sollten, nun könne man, sozusagen zum Aufwärmen, mit einer kleinen Improvisation beginnen. Später stehe es Klapauzius selbstverständlich frei, bei der Maschine Gedichte über jedes Thema zu bestellen, das ihm gerade in den Sinn käme.
    Jetzt zeigten die Potentiometer an, daß die Maschine unter lyrischem Volldampf stand, und Trurl drückte mit zitternden Fingern den großen Hauptschalter. Sogleich sagte eine leicht heisere, jedoch mehr und mehr an suggestivem Charme gewinnende Stimme: »Knistergeigenseite Streptokokkenkatermannzaubersymphophon.“
    »Ist das alles?« fragte Klapauzius nach längerem Schweigen in ungewöhnlich höflichem Ton. Trurl biß sich auf die Lippen, versetzte der Maschine einige Stromstöße und schaltete sie erneut ein. Diesmal war ihre Stimme sehr viel reiner; man konnte sich fast begeistern für diesen Bariton, der eines verführerischen Timbres keinesfalls entbehrte:
     
    Verschlauch ich wie in schleimen Schneckensagen
    schnill deine Frust verblossen, was sie schnitt,
    wie du den Schnirkel mit der Gangli Zwitt
    auf fühlgen Muschlen kiemlich hast gemagen.
     
    »Wie darf ich das verstehen?« fragte Klapauzius und beobachtete seelenruhig seinen in Panik geratenen Freund, der sich am Schaltpult abmühte. Schließlich machte Trurl eine Geste der Verzweiflung und stürzte die dröhnenden Stufen der Eisentreppe hinauf bis zum höchsten Punkt des stählernen Ungetüms. Man konnte sehen, wie er sich auf alle viere niederließ und durch die Einstiegsluke ins Innere der Maschine kletterte, wie er dort herumhämmerte, entsetzlich fluchte, Schrauben nachzog und mit den klirrenden Schlüsseln hantierte, wie er wieder hinauskletterte und hastig in ein anderes Stockwerk rannte. Schließlich ließ er einen Triumphschrei hören und warf eine durchgeschmorte Röhre über seine Schulter; sie flog in hohem Bogen durch die Halle und zerschellte auf dem Fußboden, unmittelbar neben Klapauzius. Doch Trurl dachte nicht daran, sich für seine Unvorsichtigkeit zu entschuldigen, er setzte hastig eine neue Röhre ein, wischte seine schmutzigen Hände mit einem Putzlappen ab und schrie von oben, Klapauzius möge die Maschine einschalten. Der tat, wie ihm geheißen, und schon erklangen die Worte:
     
    Von Dreigeweiden spill ich schlingen,
    nie Pleurazwerch und Nier verzween,
    und will mir jetzt kein Lied gelingen,
    so wird es ewig nicht geschehn.
     
    »Das ist schon besser!«

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