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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Welt, in der harmonisches Miteinander höchstes Gut war, in der Ästhetik und Sauberkeit, Höflichkeit und Gesundheit die größten Werte darstellten, in der Konflikte durch Gespräche gelöst wurden, in der man Kultur und Tradition pflegte, Recht und Ordnung herrschten.
    Da war ein Missklang.
    Recht und Ordnung wohl nicht für alle.
    Aber warum darauf weitere Gedanken verschwenden? Ich musste sterben. Das erste Schock, der mich deswegen getroffen hatte, war verebbt. Es gelang mir allmählich, klarer darüber nachzudenken.
    Ich musste sterben, und das wollte ich in Freiheit. So war diese wahnsinnige Idee entstanden, in die Reservate zu reisen.
    Das hätte ich vermutlich auch bei meiner Mutter durchsetzen können, ich Idiotin. Wer verweigerte einer Sterbenden schon ihren letzten Wunsch?
    Aber wie sollte ich jetzt zurückkehren?
    Allein durch den grausigen Tunnel?
    Allein durch die Stadt?
    Ohne Id? Ohne KomLink? Mit Schwindelanfällen und Übelkeit?
    Ich seufzte, lehnte mich gegen den Rucksack und beobachtete den Zeiger der Uhr. Er schob sich Minute um Minute vor, und die Geräusche um mich herum wurden lauter.
    Ich musste hierbleiben, zumindest bis ich mehr über meine vertrackte Lage in Erfahrung bringen konnte. Aber eines war mir klar, Reb konnte ich nicht bitten, mich zurückzubringen. Er hatte viel für mich gewagt und viel in Kauf genommen.
    Er regte sich, ächzte leise. Als ich versuchte aufzustehen, um zu ihm zu gehen, schoss ein derartiger Schmerz in meine Waden, dass ich ein Aufheulen nicht unterdrücken konnte.
    Reb sah mich an.
    »Ich sterbe!«, keuchte ich.
    »Du stirbst?«
    »Meine Beine! Ich kann meine Beine nicht mehr bewegen. Sie tun so weh!«
    Er drehte sich schwerfällig auf die Seite und stützte sich auf die Arme. »Ach ja.«
    Ich zitterte. Große Mutter, hatte der Typ denn überhaupt kein Mitgefühl?
    »Streck dein Bein aus, Princess!«
    »Kann ich nicht.«
    »Gott, das alte Lied schon wieder. Ausstrecken!«
    Ich schniefte.
    »Heulsuse.«
    Es war mir egal.
    »Jämmerliche Elitezicke!«
    »Ich sterbe!«
    »Quatsch. Jetzt streck dein Bein aus.«
    Er griff nach meinem Fuß und zerrte daran.
    Mir entrang sich ein Quieken, das mir peinlich war.
    Und dann wurde das Leben zur Hölle.
    Mit harten Griffen knetete Reb meine Wade. Ich stöhnte vor Schmerz auf.
    »Lauter, Princess! Das hebt mein Ansehen bei den Nachbarn.«
    Es gelang mir, das nächste Stöhnen zu unterdrücken. Aber die Tränen liefen mir die Wangen hinunter.
    »Jetzt das andere Bein.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Princess, ich fühle mich am ganzen Körper so, wie sich deine Waden anfühlen.« Und dann grinste er wieder schief. »Ich hab dir ja gesagt, dass du die Schmerztablette für dich aufheben sollst.«
    Ich blinzelte ihn an.
    »Muskelkater, Princess, führt definitiv nicht zum Tode. Das andere Bein.«
    Ich kam mir selten dämlich vor und streckte ihm das Gewünschte entgegen. Und ich verkniff mir auch jeglichen Schmerzenslaut, als er es massierte.
    »Eine heiße Dusche würde helfen, aber heißes Wasser haben wir hier nicht. Das Zweitbeste ist Bewegung. Steh auf und hol dir in der Kantine was zu essen. Du kannst meine Schüssel, den Becher und den Löffel mitnehmen. Aber hinterher gut auswaschen, ja?«
    Ich kam tatsächlich auf die Füße, und meine Beine gehorchten mir, wenn auch mühsam.
    »Und zieh dich richtig an, Princess«, kam es von der Matratze.
    »Ich bin richtig angezogen.«
    »Aber du bist hier nicht im Heilungshaus.«
    Da war was dran. Allerdings konnte ich mich nur hier umziehen, und etwas ratlos betrachtete ich die Kleider, die ich gestern ausgezogen hatte.
    Ein kleines Schnauben ließ mich auffahren.
    »Ich schau nicht hin.«
    Ich antwortete mit einem Knurren und machte mich daran, die weichen Seidengewänder auszuziehen. Und spürte seine Blicke auf meiner bloßen Haut. Weshalb ich mich in den Ärmeln des Hemdes verhedderte und mir saublöd vorkam. Als ich das Ding endlich über die Hüften gezogen hatte, fauchte ich Reb an: »Du wolltest weggucken!«
    »Ich habe gesagt, ich schau nicht hin. Aber nicht, wohin ich nicht schaue.«
    Ich sandte ihm einen bitterbösen Blick, und er grinste.
    »Hey, Princess. Diesen Anhänger da, den lässt du besser niemanden sehen, klar?«
    Ich schob ihn sofort unter den Ausschnitt.
    »Den würde man sich wohl gerne ausborgen, was?«, grollte ich.
    »Nein. Dieses – mhm – Symbol genießt hier keine große Beliebtheit.«
    Es war das Symbol der Großen Mutter.
    Schon wieder ein Hinweis

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