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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Straßenrand.
    »Da vorne muss ich abbiegen. Aber hier kommen viele vorbei, die Richtung Brest fahren. Haltet einfach den Daumen in den Wind, m es enfants .«
    Wir bedankten uns herzlich, und mit wackeligen Beinen kletterte ich aus dem Gefährt. Von dem roten Hahn verabschiedete ich mich nicht.
    »Auf diese Weise macht man ganz anders Bekanntschaft mit einem fremden Land als mit einer Reisegruppe, nicht wahr?«
    »Sozusagen mit allen Sinnen. Meine Güte, müssen Hühner so stinken?«
    »Du wirst heute Abend auch nicht besser riechen, wenn wir kein Schaumbad für dich finden.«
    Ich schüttelte mich bei der Vorstellung. Es war schon schlimm genug, auf die Morgentoilette verzichten zu müssen.
    Wir positionierten uns wieder am Straßenrand und warteten auf das nächste Gefährt mit einem hilfsbereiten Fahrer. Zwei einigermaßen ansehnliche Limousinen fuhren in hoher Geschwindigkeit an uns vorbei, eine etwas schäbigere bremste, aber die Frau am Steuer wollte in die für uns falsche Richtung. Dann aber hielt etwas, das ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Auf einem Zweirad saß ein junger Mann in einem olivfarben gemusterten Overall, darüber eine kettenbehangene schwarze Lederjacke, auf der silberne Nieten die Worte »Hell’s Demons« bildeten. Er trug einen kleinen grünen Topf auf dem Kopf und eine Art Taucherbrille vor den Augen. An der rechten Seite des Zweirads war so etwas wie ein Kindersarg angebracht.
    »Wohin?«
    Ich zerrte an Rebs Jacke.
    »Nach Brest.«
    »Okay. Das Mädchen in den Beiwagen, du hinten drauf. Allez !«
    »Ich will nicht!«, zischte ich.
    »Das Lied kennen wir. Los, nimm deinen Rucksack.«
    Reb half mir, das Gepäck zu schultern, und schwang sich dann selbst auf den Sitz hinter dem Fahrer. Ich musste mich, wenn ich nicht zurückbleiben wollte, in diesen Sarg mit Sitz klemmen. Kaum hatte ich meine Beine darin verstaut, heulte der Motor auf.
    Und dann begann etwas, das mich mehr als ernsthaft an der menschlichen Natur unseres Chauffeurs zweifeln ließ.
    Er verließ nämlich nach wenigen Minuten die asphaltierte Straße, brüllte »Abkürzung!« und donnerte auf einen holprigen Feldweg. Die Maschine röhrte ohrenbetäubend, die Kiste, in der ich saß, hüpfte über Steine, schlingerte durch Pfützen und Kuhfladen. Kläffende Hunde folgten uns, Vögel stoben aus den Büschen, Kühe blökten. Ich duckte mich so tief es ging hinter die niedrige Schutzscheibe, denn der Wind – staubgeschwängert – zerrte an meinen Haaren, und fliegendes Getier prallte in mein Gesicht. Der Irre am Lenker stieß schrille Schreie aus, wann immer wir über ein Schlagloch flogen, und sein wahnsinniges Gelächter gellte in meinen Ohren.
    Ich schloss die Augen und hoffte erstmals in meinem Leben, dass im Jenseits eine gütige Mutter auf mich wartete.
    Metall kreischte, Gummi quietschte, Bremsen jaulten. Ich wurde nach vorne geschleudert, der Rucksack knallte mir in den Nacken.
    Wir standen.
    Leise tuckerte der Motor.
    » Messieurs dames , alles aussteigen, das Vergnügen ist hier zu Ende.«
    Reb glitt vom Sitz und stolperte gegen den Beiwagen. Ich zog mich mit seiner Hilfe und einiger Mühe heraus und sank in die Knie. Der höllische Dämon winkte uns kurz zu und röhrte in einer Staubwolke davon. Reb kniete neben mir.
    »Irgendwann, wenn meine Knochen und Zähne aufhören zu klappern, stehe ich wieder auf«, flüsterte ich. »Aber das kann noch etwas dauern.«
    Wir lehnten uns einvernehmlich aneinander.
    »Ich habe schon einige Male dem Tod ins Auge gesehen, Princess. Aber diesmal habe ich tatsächlich meinen Frieden mit dem Schicksal gemacht.«
    Mit allen zehn Fingern fuhr ich mir durch die Haare. Sand rieselte heraus. Reb fummelte ein Tuch aus seiner Tasche und wischte mir das Gesicht ab.
    »Hattest recht, Princess. Den Höllenritt hätten wir uns ersparen sollen.«
    »Wo sind wir überhaupt?«
    »Keine Ahnung. Irgendwo bei der Abkürzung habe ich die Übersicht verloren.« Reb richtete sich auf, schüttelte Arme und Beine aus und half mir auf die Füße. »Geht’s wieder?«
    »Scheint alles wieder an seinen Platz gerutscht zu sein. Nur bei den Zähnen weiß ich noch nicht.«
    »Die brauchst du nicht zum Laufen.«
    Wir trotteten also den heckengesäumten Pfad entlang, und als uns ein Traktor entgegenrumpelte, fragte Reb die grauhaarige Lenkerin, wo es zur Straße nach Brest ginge.
    »Ist nicht weit.« Sie deutete mit dem Finger über ihre Schulter. »Dreihundert Meter etwa. Wie seid ihr denn hier

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