Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
üblich die Arme über der Brust.
Ich legte mich neben ihn und streckte mich aus. Meine Beine dankten es mir. Doch einschlafen konnte ich nicht. Also schaute ich zum Himmel auf.
Der Mond war inzwischen untergegangen und der Himmel schwarz geworden. Doch nicht ganz. Sterne funkelten, je länger ich hinschaute, desto mehr entdeckte ich in dem grenzenlosen Dunkel. Dazwischen zogen gemächlich Satelliten ihre Bahn. Milchig weiß ergoss sich der Rand unserer Galaxie über mir, stetig wies der Große Wagen auf den funkelnden Nordstern.
Es war erhebend, machte mich klein, unbedeutend angesichts der Unendlichkeit.
Und einsam.
Reb atmete ruhig. Aber inzwischen wusste ich ja, wie leicht sein Schlaf war.
Ich legte meine Hand auf seine, um mich nicht ganz so allein zu fühlen.
»Angst?«, murmelte er.
»Nein. Nur … ich komme mir so nichtig vor.«
Er öffnete die Augen und blickte zum Firmament auf.
»Ja.«
Dann schloss er die Augen wieder.
Mir fiel etwas Seltsames ein.
»Dich stört die Dunkelheit hier nicht, Reb?«
»Nein, sie stört mich nicht.« Dann drehte er den Kopf zu mir herum. »Hier ist Luft, Princess. Meine Mutter hat mich früher zur Strafe oft in eine dunkle Kiste eingesperrt. Ich wäre ein paarmal fast erstickt.«
Vor Entsetzen fehlten mir die Worte.
Reb sah wieder zum Himmel auf.
Ich legte meinen Kopf an seine Schulter.
Mein Herz tat weh für ihn.
ON ROAD, OFF ROAD
Z um Frühstück aßen wir Erdbeeren. Sonnenwarme, ein bisschen schmutzige, reife, rote, süße Erdbeeren.
Mir fehlte nicht einmal die Sahne. Sie schmeckten köstlich.
Dann wanderten wir weiter, und Reb meinte, dass wir es wagen könnten, die Straße zu benutzen. Was sich als hilfreich erwies, denn in der frühen Morgenstunde waren bereits einige Fahrzeuge unterwegs. Er erklärte mir, dass man mit dem ausgestreckten Daumen den Fahrern anzeigen konnte, dass man mitgenommen werden wollte. Ich konnte es kaum glauben.
»Haben die nicht Angst, dass man ihnen das Auto raubt?«
»Nein, Princess. In den Reservaten ist man gastfreundlich. Zumindest habe ich das bisher immer so erlebt.«
Ein höchst seltsames Gefährt hielt dann auch an. Es war ein kastenförmiger grauer Wagen, offensichtlich aus Wellblech zusammengeschraubt, dessen Schiebetür hinter dem Fahrer offen stand. Aus dem Fenster neigte sich ein kahler Kopf mit einem lockigen grauen Haarkranz.
»Wohin?«
»Nach Brest.«
»Steigt ein.«
»Danke, Monsieur«, sagte Reb und wuchtete erst meinen Rucksack, dann seinen durch die Tür, sprang in den Laderaum und streckte mir die Hand entgegen. Ich ließ mich hochziehen und fand mich Auge in Auge mit einem protestierend krähenden roten Hahn wieder, der in einem Käfig hockte. Die Vögel in den anderen Behältern stimmten in das Gelärm ein.
»Ich fahr nur bis Chateaulin«, brüllte der Mann uns zu. »Ist aber schon mal die halbe Strecke!«
Dann startete er den Motor und fuhr so schwungvoll an, dass ich gegen den Käfig mit dem Hahn prallte. Der pickte nach mir durch die Gitterstäbe.
Reb lachte und zog mich von dem gefährlichen Vieh weg.
Der Wagen dröhnte und klapperte, er stank nach Hühnerscheiße, verbranntem Öl, Zigarettenrauch und Knoblauch. Die beiden letzteren Ingredienzien dünstete der Fahrer aus, der nun aus voller Kehle zu singen begann.
Ich klammerte mich an eine der Metallstreben und hoffte, nicht unversehens auf die Straße geschleudert zu werden. Immerhin drosselte der Fahrer wenigstens in den Kurven die Geschwindigkeit. Ihm schien doch bewusst zu sein, dass er eine Fracht zu verlieren hatte. Als er sein Lied beendet hatte, fing er an, uns auszufragen. Ich verstand nur halb, was er sagte, und überließ es Reb, ihm ausweichend zu antworten.
Man verwendete in NuYu eine einheitliche Sprache, die die Überlebenden der Großen Pandemie aus den einstmals verschiedenen Regionalsprachen entwickelt hatten. Allerdings gab es landestypische Vorlieben. Und in diesem Reservat bevorzugte man die französische Variante, die Reb zu beherrschen schien.
Als eine Gesprächspause eintrat, fragte ich ihn leise: »Wird er uns verraten?«
»Im Gegenteil, er will uns helfen. Er hat mir ein paar Leute in Brest genannt, die sich um Asylanten kümmern. Ich sagte doch, man ist hier gastfreundlich.«
Wieder sang unser Fahrer ein mir kaum verständliches, aber fröhliches Lied, das irgendwas mit Saufen und Raufen zu tun hatte. Die Hühner stimmten zum Glück nicht mit ein.
Nach einer Dreiviertelstunde bremste er ab und hielt am
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