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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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überwachte, musste davon ausgehen, dass wir uns beide in unserem Zimmer aufhielten.
    Ein infernalisches Piepsen alarmierte die Gesellschaft, doch zunächst passierte nichts. Über uns knallte aber eine Tür, und gleich darauf schoss Senora Louise mit aufgelöster Frisur und verrutschtem Hemd durch den Garten auf den Weiher zu.
    »Ein Kind, ein Kind ertrinkt!«, kreischte sie.
    Reb schulterte seinen Rucksack und packte meinen.
    Draußen hetzten alle auf das Gewässer zu.
    Nur Junor Berti kam zu spät und versuchte noch im Laufen seinen Hosenbund zuzubinden – ein der Fortbewegung nicht eben förderliches Unterfangen. Auch er sah erhitzt und aufgelöst aus. Ich stellte mich ihm in den Weg und fragte mit großen, schreckgeweiteten Augen, was passiert sei.
    »Aus dem Weg, aus dem Weg!«, keuchte er, aber ich stolperte so ungeschickt, dass er auf mich fiel und dabei auch noch einen Stuhl umriss. Die Saftkaraffe auf dem Tisch kam ins Wanken und ergoss ihren Inhalt über seinen Hintern. Ich klammerte mich an ihm fest und jammerte, er habe mir den Knöchel gebrochen. Er versuchte sich aufzurappeln, aber ich kam einfach nicht auf die Beine, weil ich in der Saftlache ausrutschte. Wir rollten in ein Petunienbeet, ich stützte mich auf seinem Unterleib ab, was ihn zu einem entsetzten Quieken direkt an meinem Ohr veranlasste. In heller Panik krallte ich zu.
    Er röchelte.
    Je nun.
    Reb kam angestürmt und stürzte sich auf Berti.
    »Was fällt dir ein, meine Freundin anzufassen?«, tobte er los und zerrte den feisten Junor von mir weg. »Was hast du ihr angetan?«
    Endlich kam Berti auf die Knie. »Ich … ich bin gestolpert.« Er drückte sich die Hände in den Schritt.
    Reb sah dermaßen gefährlich und gewaltbereit aus, dass ich ihm seine Wut fast geglaubt hätte.
    »Ach ja? Und wieso hast du kein Hemd an? Und wieso hängt dir deine Hose in den Knien?«
    Ich mischte mich mit einigermaßen gefasster Stimme ein. »Lass ihn gehen, Reb. Es war wirklich ein Missgeschick. Er kam aus Senora Louisas Zimmer, glaube ich. Wir wollen doch nicht, dass alle mitbekommen, was er dort getrieben hat.«
    Der arme Berti war dunkelrot angelaufen und zuppelte an seinem Gürtelband, während Rebs Blick tadelnd über seine verrutschte, saftfeuchte Hose glitt. Bertis schwabbeliger Bauch war kein schöner Anblick.
    »Ersparen wir uns diese Vorführung«, murmelte ich und hinkte ins Zimmer.
    Reb folgte mir, und geschwind streifte er sich wieder das Armband mit seinem Id über.
    »Du hast einem der kleinen Rabauken das Id geklaut und in den Weiher geworfen?«
    »Aber nein. Er hat es beim Toben verloren.« Ein schnelles, schiefes Grinsen flog über sein Gesicht. »Und der arme Berti ist einfach so auf dich draufgefallen?«
    »Ja, dumm, nicht?«
    »Musstest du ihm deswegen gleich die Eier zerquetschen?«
    »Musste ich nicht, ergab sich irgendwie so.«
    »Lernt man das in der Zickenschule?«
    »Gewisse Techniken der Selbstverteidigung werden sogar den Electi beigebracht«, näselte ich vornehm.
    »Autsch!«
    Die Aufregung im Park hatte sich gelegt, der Lodge-Master fischte das Id des kleinen Jungen aus dem Teich, dieser wurde gescholten, Senora Louise rief alle zur Ordnung und kündete dann die nächste Besichtigung an. Mit einer halben Stunde Verspätung brachen wir auf.
    Ich humpelte etwas, bekundete aber mit zusammengebissenen Zähnen, dass die wunderbare Heilsalbe schon ihre Wirkung täte.
    Unser Gepäck stand wohlbehalten hinter einem Schuppen im Park, von üppigen Hortensien verdeckt.
    Nun musste es nur noch Abend werden.
    Und das dauerte!
    Aber schließlich wanderte die Sonne dem Westen entgegen, und im Park versammelten sich Einheimische in seltsamen Trachten. Hazel hatte sie mir einmal beschrieben, so machte ich nicht ganz so große Augen wie die anderen. Und vor allem keine so abfälligen Bemerkungen. Eigentlich waren die Kostüme sehr adrett – schwarze Kleider, gestärkte weiße Schürzen aus wunderbar besticktem Leinen, weiße Halstücher und kunstvolle weiße Spitzenhäubchen für die Frauen, die Männer trugen ebenfalls schwarze Tracht, weiße Strümpfe und flache Hüte. Die Musik war mir zwar fremd, aber sie gefiel mir. Trommeln, Pfeifen und Fiedeln bestimmten Rhythmus und Melodie, und die Gruppe von fast zwanzig Paaren zeigte uns, wie man mit komplizierten Schritten dazu tanzen konnte.
    Die Fenster der Lodge flammten im roten Schein des Sonnenuntergangs auf. Man hatte Cidre ausgeschenkt, die Stimmung der Besucher wurde ausgelassen.

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