Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
mit der gefährlicheren Virenart, dann musste diese hier in der Gegend bewusst verbreitet worden sein.
Hier in der Gegend – war das Zufall?
Wenn es kein Zufall war, dann konnte es sein, dass irgendjemand in NuYu schon wusste, dass ich mich hier aufhielt.
Ich wischte mir mit den nassen Händen über das Gesicht und setzte mich wieder auf den Stein. Es ließ sich gut nachdenken an diesem stillen Platz.
Dass ich mich zu Hazel begeben hatte, war vermutlich nicht schwer zu erraten. Der Streit, den ich mit meiner Mutter darüber geführt hatte, als ich ihre Geburtstagsglückwünsche erhalten hatte, war laut und für viele hörbar gewesen. Ebenso meine heftige Diskussion darüber, dass ich eine der organisierten Reisen in das Reservat machen wollte. Bonnie gegenüber hatte ich mich ebenso laut und wütend über Lüge und Ablehnung beklagt.
Bonnie.
Sie wusste viel von mir. Vermutlich nicht nur das, was ich ihr erzählt hatte. Wer weiß, was sie hinter meinem Rücken alles ausspioniert hatte.
Was hatte sie über mein Verschwinden, mein Untertauchen in der Subcultura, meine Verbindung zu Reb und vielleicht sogar zu Cam herausgefunden?
Es war das Gerücht verbreitet worden, Reb habe mich aus dem Heilungshaus entführt. Das, oder die Annahme, dass er mir bei der Flucht geholfen habe, würde die Spur über die vertauschten Ids bestätigen. Welche Rolle Cam dabei gespielt hatte, war wahrscheinlich unerheblich, wenn sie die Verbindung zu den beiden verschwundenen Mitgliedern der Reisegesellschaft hergestellt hatten.
Ja, es war eine Theorie, die recht schlüssig erscheinen mochte. Ich war geflohen, und ich hatte eine Anlaufstelle in diesem Reservat. Maie kam mir in den Sinn. Sie war bekannt dafür, dass sie erfolgreich jugendliche Ausreißer zurückbrachte. Wenn meiner Mutter etwas an mir gelegen war, würde sie Maie vermutlich mit der Suche nach mir beauftragen.
Maie hatte Reb selbst zu seinem Vater geschickt. Dass wir uns beide im Heilungshaus getroffen hatten, wusste sie ebenfalls.
Erstaunlich, dass noch niemand hier aufgetaucht war, um mich zurückzuholen.
Was nur heißen konnte, dass diejenigen, die die Schlussfolgerung gezogen hatten, es meiner Mutter nicht mitgeteilt hatten, sondern dieses Wissen zu ihren eigenen Zwecken nutzten.
Aber zu welchen?
Der Hinweis, die Viren würden durch NuYu-Flüchtlinge verbreitet, spielte sicher auch eine Rolle. Von wem kam er? Würde er bewirken, dass man mich hier beschuldigte, eine Seuche ausgelöst zu haben? Und mich des Landes verwies? Oder, schlimmer noch – bestrafte?
Kyria, denk nach!
Hazels Familie wusste, dass ich mit der Infizierung nichts zu tun hatte. Alvar und Dr. Grenouille ebenso, denn sie wussten von dem Impfstoff.
Aber üble Nachrede, wenn sie erst einmal in Umlauf gebracht wurde, führte dazu, dass die Menschen glaubten, was sie glauben wollten.
Ich musste so schnell wie möglich meine Unschuld beweisen.
Aber wie?
Unruhig sprang ich auf und ging hin und her.
Allein gelang mir das bestimmt nicht.
Ich musste mit meinen Gastgebern darüber sprechen.
Noch einmal blieb ich an dem Quellhäuschen stehen, beugte mich vor, um einen Schluck Wasser zu trinken. Dann schwang ich mich auf das Fahrrad und fuhr unter einem bleiernen Himmel zurück zum Gut.
Es würde Regen geben.
Das Gutshaus wirkte wie verwaist, als ich ankam. Alle waren ausgeflogen oder hatten sich zurückgezogen. Ich schaute in den Salon, wo Willow noch immer in dem tiefen Sessel saß. Seltsam reglos.
Besorgt trat ich näher. Es war so gar nicht ihre Art, den Nachmittag zu verschlafen.
Ihr Atem ging schwer, und als ich sie sanft an der Schulter berührte, schlug sie verquollene Augen auf.
»Oh, wie spät ist es?«, krächzte sie.
»Beinahe sechs Uhr.«
Mühsam rappelte sie sich auf. »Kann das sein?«
Als sie aufstand, schwankte sie, und ich legte meinen Arm um sie, um sie zu stützen.
»Es geht Ihnen nicht gut«, stellte ich fest.
»Ach was, nur ein bisschen Kopfschmerzen. Es wird Regen geben.«
»Willow, Sie fühlen sich heiß an. Ich glaube, Sie haben Fieber.«
»Nein, nein Kind. Es ist das Wetter.«
Sie machte sich los, ging ein paar Schritte, hielt sich plötzlich am Vertiko fest und sackte zusammen. Ich schaffte es gerade noch, sie aufzufangen, bevor sie sich den Kopf an der Tischkante stieß. Vorsichtig ließ ich sie auf den Teppich gleiten und rannte nach draußen.
»Hazel, Jenevra, Maple, Gort, Tilia, Elmo!«, rief ich laut. »Ist irgendjemand zu Hause?«
Es war Elmo, der
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