Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
geimpft worden. Sie nicht. War vielleicht doch ganz richtig«, meinte Maple nachdenklich. Sie hatte sich zuvor gegen die Impfung ausgesprochen.
»Ja, das war es. Es sollte uns wohl gelingen herauszufinden, wann die letzten Besucher in der Lodge einquartiert waren.«
»Kein Problem«, sagte Hazel. »Piper arbeitet dort als Zimmermädchen. Und Piper ist eine Freundin von Ember. Ich ruf sie gleich an.«
Sie ging zum Telefon und wählte.
»Morgen ist wieder Markt in Erquy«, sagte Maple. »Ich werde mich umhören, ob es weitere Masernfälle gegeben hat und wo die Kinder sich angesteckt haben könnten. Auf dem Markt erfährt man oft dererlei Tratsch.«
Das war eine der Informationsquellen, die mich immer wieder überraschten. Man hatte in den Reservaten zwar keine KomLinks, aber manche Dinge erfuhr man beinahe wie durch Geisterhand.
»Nimm Hazel und Kyria mit, Maple. Du brauchst ohnehin Hilfe, jetzt, wo Willow krank ist. Und sie haben spitze Ohren und scharfe Augen.«
»Ja, gute Idee. Aber ihr müsst früh aufstehen.«
»Brrr«, sagte ich.
»Kyria, unser Prinzesschen, ist eine solche Langschläferin.«
»Wir werden ihr eine Erbse ins Bett legen«, spöttelte Jenevra.
»Wieso Erbse?«
»Kennst du das Märchen von der Prinzessin auf der Erbse nicht?«
»Nein.«
Gort lachte. »Es passt ganz gut auf die NuYu-Prinzesschen. Es handelt von einem Prinzen, der unbedingt eine echte Prinzessin heiraten will. Sein Vater bemüht sich, eine Frau für ihn zu finden, aber seiner Mutter gefällt es, dass der Prinz keine von den vorgeschlagenen Mädchen heiraten möchte. Dann bittet eines Abends während eines gewaltigen Unwetters eine junge Frau im Schloss um Obdach. Sie behauptet, sie sei eine echte Prinzessin. Vater und Sohn sind angetan von dem zarten Wesen, die Mutter hingegen bezweifelt, dass sie eine echte Prinzessin ist. Um sie zu prüfen, legt sie eine Erbse auf den Boden der Bettstelle, deckt zwanzig Matratzen und zwanzig Daunendecken darüber. Und siehe da, am nächsten Morgen klagte die zarte Prinzessin, wie schlecht sie geschlafen habe. Zum Beweis zeigte sie die blauen Flecken, die sie vom Liegen auf der Erbse bekommen hatte. Damit sind sich alle einig, dass ihre Behauptung stimmt, denn so sensibel kann nur eine wahre Prinzessin sein. Prinz und Prinzessin heiraten und leben glücklich bis ans Ende ihres Lebens.«
»Autsch! Wirke ich tatsächlich so empfindlich, Gort?«
»Nein, Kyria. Eigentlich bist du ziemlich zäh. Aber eine Langschläferin bist du trotzdem.«
Hazel kam zum Tisch zurück. »Heute kam eine neue Ladung Touris, Freitag und Samstag war eine Gruppe da, Donnerstag waren sie nicht belegt, Dienstag und Mittwoch und davor Samstag und Sonntag hatten sie Gäste. Hilft das weiter?«
»Ja, damit können wir es in etwa eingrenzen. An Masern steckt man sich zwar schnell an, aber bis die Krankheit ausbricht, vergeht ungefähr eine Woche.«
»Woher weißt du so was, Kyria?«
»Ich hab mich mein ganzes Leben mit irgendwelchen Krankheitssymptomen rumgeschlagen, wurde belehrt, hatte Angst, habe mich beobachtet.«
»Nun, und genau das Wissen hilft uns jetzt weiter, nicht wahr?«
Das war ein neuer Aspekt. Ich nickte und führte weiter aus: »Also, wenn man davon ausgeht, dass die ersten Krankheitsfälle am Samstag aufgetreten sind, kommt am ehesten die Gruppe infrage, die das letzte Wochenende hier verbracht hat. Oder eine kurz davor.«
»Dann müsste man sich mal umhören, ob sich von Donnerstag bis Sonntag irgendwelche Fremde ungewöhnlich verhalten haben. Aber das wird schwierig werden. Diese Gruppen besuchen ja immer gemeinsam die Sehenswürdigkeiten«, gab Maple zu bedenken.
»Zuerst sollten wir daher fragen, wer sich bisher angesteckt hat, möglicherweise gibt uns das einen Hinweis auf die Quelle der Viren. Und dann kann man nachforschen, ob sich dort Fremde aufgehalten haben.«
»Ja, das ist ein guter Vorschlag. Also, haltet morgen auf dem Markt die Ohren auf. Dann überlegen wir weiter.«
Nein, es war keine Erbse, die mich im Morgengrauen aus dem Schlaf riss. Es war Hazels Wecker. Ein widerliches Schrillen gab der von sich, so ganz anders als die sanften Gongklänge meines KomLinks. Überhaupt, die Uhren hier im Reservat – man musste sie jeden Tag aufziehen. Wenn man es vergaß – so wie ich häufig – , blieben sie einfach stehen, und man wusste nicht, wie spät es war.
Nicht eben munter quälte ich mich aus den Federn und sah angewidert zu, wie fröhlich sich Hazel die Haare
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