Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
mit ölverschmierten Händen über den Hof gestapft kam. Vermutlich hatte er wieder an seinem Auto herumgebastelt.
»Was ist los, Kyria?«
»Willow ist zusammengebrochen. Ich brauche Hilfe.«
»Willow? Mutter?«
»Im Salon. Helfen Sie mir, sie nach oben ins Bett zu bringen. Und – ich glaube, einen Arzt sollten wir auch rufen.«
»Du immer mit deinen Ärzten«, murrte er, wischte sich aber schon im Gehen die Hände ab. Er war ein starker Mann und hob Willow wie ein Kind auf seine Arme. Sie lag schlaff in seinem Griff.
»Mach mir die Türen auf, Kyria.«
Ich lief voran in Willows Zimmer im ersten Stock. Als Elmo sie auf ihr Bett legte, war sein Gesicht besorgt.
»Das ist ihr noch nie passiert. Jenevra ist mit Gort zu Freunden gegangen. Ich fahre los und hole sie. Kannst du bei ihr bleiben?«
»Natürlich.«
Als er den Raum verlassen hatte, zog ich Willow die Schuhe und die Schürze aus und legte eine Decke über sie. Ihre Stirn war sehr heiß, darum holte ich aus ihrem Bad einen in kaltes Wasser getauchten Lappen, um sie zu kühlen.
Wieder schlug sie die Augen auf. »Danke. Tut gut.«
»Elmo holt Jenevra. Sie wird wissen, was zu tun ist.«
»Mhm.«
So willenlos, so hilflos hatte ich sie noch nie gesehen. Ich war heilfroh, als Jenevra nach einer halben Stunde kam.
»Masern?«, flüsterte ich.
»Hat sie schon gehabt, behauptet sie. Aber ich weiß es nicht. Ich habe gehört, dass Jannies Zwillinge auch krank sind und zwei weitere in der Nachbarschaft heute Fieber bekommen haben.«
»Was sollen wir tun, Jenevra? Elmo wollte keinen Arzt holen.«
»Masern nehmen ihren Lauf, Kyria. Man kann versuchen, das Fieber zu senken, und wenn die roten Quaddeln kommen, etwas gegen das Jucken unternehmen. Ansonsten muss man einfach zwei Wochen im Bett bleiben, den Raum verdunkeln und sich so wenig wie möglich anstrengen. Hilf mir, ihr das Nachthemd anzuziehen, dann mache ich ihr Wadenwickel, damit das Fieber sinkt.«
Ich half Jenevra, aber meine Sorge wurde immer größer.
»Ich muss mit euch sprechen. Mit allen.«
»Was hast du herausgefunden?«
»Nichts – ich will etwas herausfinden.«
EINBRUCH
M eine Überlegungen fielen nach dem gemeinsamen Abendessen auf fruchtbaren Boden.
»Ja, wir müssen klarstellen, dass du nicht diejenige bist, die die Masern hier eingeschleppt hat. Es wäre gut, wenn wir herausfinden würden, wo sich die Kinder und vielleicht auch meine Mutter angesteckt haben«, meinte Gort.
»Bisher sind es Kinder aus dem ganzen Umkreis. Das wird schwierig werden.«
»Dann müssen wir andersherum denken«, warf Hazel ein. »Wenn ich Viren verbreiten möchte, wo würde ich das tun, damit sich möglichst viele Leute infizieren?«
»In NuYu haben sie es in dem Tunnel getan, durch den die Subcults zu ihren Unterkünften gelangen«, sagte ich. »Da fasst man automatisch alles Mögliche an. Zum Beispiel Türklinken und Treppengeländer.«
»Schulen, Sportanlagen, Gemeinschaftsräume der Vereine, Kirchen, Tankstellen, alle möglichen Geschäfte, die Poststelle … es gibt überall unzählige Gelegenheiten, etwas zu verseuchen.«
»Richtig, Jenevra. Aber es müssen Orte sein, die diejenigen, die das ansteckende Serum verbreiten, auch unbemerkt betreten können. Wenn es Leute aus NuYu sind, sind es Fremde. Und Fremde fallen meistens auf. Vor allem, wenn sie beispielsweise eine Schule betreten«, gab Gort zu bedenken.
»Ihr seid Besuchern gegenüber sehr gastfreundlich.«
»Ja, Kyria, das sind wir.«
»Sind denn in der letzten Zeit neue Flüchtlinge hier eingetroffen? Die Meldung, die ich am Mittwoch von Cam bekommen habe, hat er vor zehn Tagen abgeschickt.«
»Nein, du bist die letzte, die in diese Gegend gekommen ist. Zumindest habe ich von keinen anderen gehört.«
»Sie könnten doch einfach mit einer der organisierten Reisegruppen hergekommen sein«, sagte Hazel. »Die wohnen in den Lodges, werden aber auch zu Sehenswürdigkeiten geführt.«
»Immer streng unter Aufsicht.«
»Nicht aber die Reiseleiter, Kyria.«
»Da hast du recht. Wo ist die nächste Lodge?«
»In Erquy.«
»Und Erquy hat ein Collège, einen Kindergarten, die Maternelle, eine Tankstelle, zahlreiche Geschäfte, eine Kirche, die recht sehenswert ist, und überall gibt es Restaurants, die Jakobsmuscheln anbieten«, erläuterte Elmo. »Lauter hervorragende Orte, um etwas von dem Dreckzeug freizusetzen.«
»Willow war letzten Donnerstag mit Maple auf dem Markt in Erquy«, stellte Jenevra trocken fest.
»Und ich bin
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