Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
noch nach ihrem Tod immer vertrauter. Ich bedauerte, dass ich nur so kurze Zeit mit ihr hatte verbringen dürfen. Doch zu der Trauer um den Verlust kam auch ein inniges Gefühl der Verbindung. Sie wurde ein Stück meines Lebens, und ich würde immer an sie als eine mutige, selbstlose Frau denken können. Irgendwann kam Jenevra mit Tilia zu uns und meinte: »Mädchen, macht eine Pause. Wir kümmern uns weiter um die Vorbereitungen.«
Mit einem Krug Saft verließen wir die heiße Küche und setzten uns im Hof in den Schatten. Die letzten Pfützen der Nacht hatte die Sonne weggebrannt, aber noch immer wehte ein leichter Wind. Ich streckte die Beine aus.
»Keinen Bissen werde ich von diesem süßen Zeug essen«, sagte ich.
»Kann einem zu viel werden, nicht? Ich bin allein von dem Geruch pappsatt.«
Wir schlürften unser Getränk und sahen Mabelle zu, die mit gewichtiger Miene über den Hof trabte. Sie ignorierte uns, vermutlich hatte sie Katzengeschäfte zu erledigen. Ember zog seufzend das Band aus dem wuscheligen Knoten ihrer roten Haare und schüttelte sie aus. Sie waren beeindruckend – nicht karottenrot wie die von Fluke, sondern mehr golden.
»Ist Milan eigentlich dein Freund?«, fragte ich sie, weil ich mich erinnerte, dass sie ihn am Tanzabend mit Essen versorgt hatte.
»Nein, er geht mit Claire. Wie kommst du darauf? Hast du Interesse an ihm?«
»Nein, hab ich nicht. Ich dachte nur, weil ihr sehr vertraut schient.«
»Sind wir auch. Wir kennen uns von klein auf. Und – na ja, vor drei Jahren hatten wir es mal mit einer Liebelei versucht, aber so richtig wollte es nicht funken. Also sind wir Freunde geblieben.«
»Er arbeitet für ›La Forteresse‹, nicht?«
»Manchmal, eigentlich betreut er die Poststelle in Fréhel. Warum fragst du?«
Ich suchte nach diplomatischen Worten, mit denen ich mein Anliegen vorbringen konnte. Denn das Thema war offensichtlich schwierig. Aber ich musste einfach herausfinden, wer noch etwas über diesen Störsender wusste.
»Du hast doch gestern mitbekommen, was Pecker vorhat?«, fing ich vorsichtig an.
»Dieser Giftbolzen!«
Ah, das war ein gutes Zeichen.
»Ember, ich habe vor drei Monaten erlebt, was passiert, wenn das NuYu-Kommunikationssystem gestört wird. Ich weiß, ihr mögt die Leute aus NuYu nicht, und es gibt viele gute Gründe dafür. Aber das Land ist groß, und eine solche Sabotage kann Hunderte, Tausende Opfer fordern.«
»Ich verstehe davon zu wenig, Kyria. Was ist schon dabei, wenn die Uhren mal für ein paar Sekunden stehen bleiben?«
»In NuYu ist es anders als hier, Ember«, erklärte Hazel. »Alles Mögliche wird von diesem System gesteuert. Die Züge, die Kraftwerke, die Fabriken. Die Geräte in den Krankenhäusern. Stell dir nur mal vor, was passiert, wenn Signale nicht richtig geschaltet werden und Schnellzüge zusammenstoßen.«
»Ist das passiert?«
»Ja, das ist schon bei dem Drei-Sekunden-Ausfall geschehen. Und ich fürchte, jetzt planen sie einen noch längeren Ausfall.«
»Hast du mit deinem Vater gesprochen?«, fragte Ember Hazel.
»Er duldet es. Er ist so wütend und traurig über Grand-mères Tod, dass er nichts unternehmen wird.«
Ember dreht sich zu mir. »Und du willst irgendetwas dagegen tun?«
»Wenn ich es kann.«
»Wie stellst du dir das vor?«
»Bist du auf unserer Seite, Ember?«
»Ja. Ja, ich denke schon. Pecker ist ein rachsüchtiges kleines Ekel. Er und diese beiden Freaks schrauben, löten und basteln da an Dingen herum, die ihnen irgendwann mal bös auf die Füße fallen werden. Sie mögen ja begnadete Programmierer sein, aber Gott spielen sollten sie denn doch nicht. Ich denke, eure Techniker können recht schnell herausfinden, woher eine solche Störung kommt. Und das wird richtig Ärger geben. Damit schießen sie sich möglicherweise selbst ins Knie.«
»Vermutlich werden sie es herausfinden. Ich frage mich, ob sie schon wissen, woher die erste Störung kam.«
»Nicht von hier, Kyria.«
»Nicht?«
»Nein. Von einem Schiff aus.«
»Aber waren es die gleichen Leute?«
»Es sind mehr als nur Pecker und seine Kumpels. Aber die sind wahrscheinlich diejenigen, die technisch am weitesten vorangekommen sind.«
»Offensichtlich wissen sehr viele davon«, stellte ich betroffen fest. »Und dulden es.«
»So, wie vermutlich auch viele von euch von den inszenierten Seuchen wissen.«
Das war ein geradezu erschreckender Gedanke.
»Ich kann dazu nichts sagen, Ember. Ich habe nie etwas darüber gehört.«
»Ich
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