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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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regungslos, ihr Atem war nicht zu hören. Hazel ging zu ihr und setzte sich auf den Bettrand.
    »Ich bin hier, Grand-mère«, wisperte sie.
    Ich blieb hinter Hazel stehen und legte ihr meine Hände auf die Schultern.
    Stille. In der Ferne rauschte das Meer.
    Wir warteten.
    Der Himmel wurde heller.
    Es ging ein leises Zittern durch den alten Körper.
    Maple erhob sich und öffnete das Fenster.
    Etwas entschwebte dem Raum.

WIEDERSEHEN
    E s gab Kaffee.
    Es gab heißen, duftenden, echten Kaffee.
    Ich stand in der Küche, goss mir einen Becher voll ein und gab einen großen Schluck Milch dazu. Ich brauchte das Koffein dringend. Den ganzen Tag über war ich auf den Beinen gewesen, angefangen vom Morgengrauen, als Willow gestorben war, bis jetzt, beinahe acht Uhr abends.
    Der Tod war ein Ereignis.
    So hatte ich es noch nie erlebt.
    Es hatte sich in Windeseile herumgesprochen, und ein Besucher nach dem anderen war gekommen, um Trost zu spenden, Abschied zu nehmen. Und zu reden und zu essen und zu trinken.
    Hazel, Tilia und ich hatten den Küchendienst übernommen, Ember half ebenfalls, die Gäste mit Kaffee, Saft, Cidre, Kuchen und Broten zu versorgen.
    Für einen Augenblick war ich allein in der Küche und trank dankbar den Kaffee – ein Luxusgetränk, dem Anlass angemessen.
    Man ging hier völlig anders mit dem Tod um. Zu Hause wurde er zwar nicht verschwiegen, aber so gut wie verdeckt. Mit gesetzten Worten sprach man darüber, bekundete gemessen Beileid, brachte Blumen an das Grab. Keiner sah je den Verstorbenen, nachdem der Tod festgestellt worden war. Willow hingegen lag aufgebahrt im Salon. Ihre Töchter und Schwiegertöchter hatten ihr ihr bestes Kleid angezogen, ihre weißen Haare aufgesteckt und ihr einen Strauß Rosen in die Hände gelegt. Wie schlafend lag sie auf ihrem Lager aus besticktem weißem Leinen. Man kam und verabschiedete sich von ihr. Doch nicht nur mit geflüsterten Worten, sondern auch laut und deutlich, als ob Willow sie noch hören würde. Man sprach von ihr, als wäre sie nur eben aus dem Haus gegangen, erinnerte sich an ihre Taten, ihre Eigenarten, ihre Herkunft.
    Ich hörte, wenn ich Tabletts mit Kuchen, belegten Broten, Wein, Kaffee und Saft in den Salon brachte, viel aus ihrem Leben. Sie hatte sich um Flüchtlinge gekümmert, und jene dankten es ihr, genau wie ich ihr dankbar war, dass sie mir in den ersten Wochen geholfen hatte, mich in der fremden Umgebung einzuleben.
    Sie hatte mir auch den Weg gezeigt, Frieden mit meiner Mutter zu schließen.
    Auch ich sprach mit ihr, leise jedoch, und manches sagte ich nur in Gedanken. Grand-mère – eine Frau, die diesen Titel wahrlich verdient hatte. Groß-Mutter.
    Meine leibliche Großmutter kannte ich nicht besonders gut. Sie lebte in Stockholm in einer Wohngemeinschaft, die sich Beginenhof nannte, und widmete sich sozialen Aufgaben.
    Aber neben der Trauer um die gütige, freundliche und kluge Willow bewegten mich noch andere Dinge, die ich im Laufe des Tages erfahren hatte. Nicht nur, dass auch einer von Jannies Zwillingen mit dem Tod rang, nein, auch die Welle von Wut und Hass, die ins Haus gespült worden war, erschütterte mich. Es wurde bei derartigen Zusammenkünften viel geredet, und nicht alles drang zu mir in die Küche. Aber Peckers gehässige Ankündigung war dann doch bei mir angekommen.
    Vergeltung hatte er angedroht. Es sei jetzt der Zeitpunkt gekommen, Vergeltung zu üben. Und er und seine Leute seien bereit, den entscheidenden Schlag auszuführen. Bald schon. In den nächsten Tagen.
    Mein Verdacht war also richtig – »Radio La Forteresse« verfügte über einen starken Störsender.
    Und das Entsetzliche war, dass keiner Pecker Einhalt gebot. Ich hatte versucht, Gort und Elmo zu erklären, welche Folgen ein solcher Anschlag haben könnte. Hatte von den Unfällen, den Toten und Verletzten gesprochen, die der erste Ausfall der Systeme verursacht hatte, aber beide waren nicht bereit, mir zuzuhören. Ja, Elmo hatte sogar verbittert geantwortet: »Auch die Seuche fordert ihre Opfer. Darüber macht ihr euch ja auch keine Gedanken.«
    Meine Tasse war leer, ich goss mir den letzten Rest aus der Kanne ein.
    Draußen klappten Autotüren, brummten Motoren. Die letzten Besucher verschwanden. Tilia kam mit einem Stapel Teller herein.
    »Könntest du die noch abwaschen, Kyria? Wir räumen inzwischen draußen auf.«
    »Ja, mach ich.«
    Auch Abwaschen hatte ich inzwischen gelernt. Eine Arbeit, die eine Junora nie machen würde. Aber ich brach mir

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