L wie Leiche
uns miteinander
amüsieren können, während ich warte ?«
Ihr
Gesicht war plötzlich mit Röte überzogen. »Nun ja, Mr. Boyd«, sagte sie
gedämpft, »es gibt hier tatsächlich so ein Zimmer. Mit einer sehr bequemen
Couch. Wenn Sie mir ein paar Minuten Zeit lassen, ziehe ich mir nur schnell
mein Korsett aus und...«
»Okay!«
Ich hob in gespielter Ergebung beide Hände. »Sie haben gewonnen .«
Sie
lächelte breit. »Ich habe Ihren Vorschlag sehr erfrischend gefunden«, meinte
sie unbefangen. »Sie haben ja keine Ahnung, wie viele Süßholz raspelnde alte
Knacker hier täglich aufkreuzen .«
»Ist
das wahr, Mrs. .. ?«
»Eleanor
Townsend«, stellte sie sich vor. »Ich bin Witwe, Mr. Boyd. Nicht mehr der
tränenreiche Typ, da mein Mann schon sechs Jahre tot ist. Und ich trage auch
kein Korsett. Das scheuert so, besonders in Südkalifornien. Daran ist das Klima
schuld .«
»Sie
sehen so verdammt keimfrei aus«, sagte ich, um eine Erklärung bemüht.
»Wenn
man für einen alten Bock wie Charles Gray arbeitet, bleibt einem nichts anderes
übrig«, erwiderte sie. Ich glaubte, akustische Störungen zu haben. »Aber abends
und an den Wochenenden verwandele ich mich in mein wahres Selbst zurück«, fuhr
sie fort. »Eine Frau in meinem Alter muß sich ranhalten, wenn sie noch etwas
vom Leben abkriegen will. Ich denke, Sie verstehen, was ich meine. Sie sind der
erste richtige Mann, den ich seit Ewigkeiten hier zu Gesicht bekommen habe.
Deshalb fühlte ich mich wohl auch zu solchen frivolen Reden animiert.
Hoffentlich finden Sie mich nicht zu offen, Mr. Boyd ?«
» Hmm !« machte ich nur etwas
hilflos.
»Mr.
Gray hat übrigens im Augenblick gar nichts zu tun«, sagte sie dann wieder in
geschäftsmäßigem Ton. Vielleicht schwang in ihrer Stimme auch eine Spur von
Enttäuschung mit. »Warum gehen Sie nicht einfach zu ihm hinein? Ich kann ja
hinterher sagen, Sie hätten mich wie eine abgelegte, alte Flamme einfach
beiseite geschoben .«
»Die
Flamme macht aber den Eindruck, als würde sie noch ganz schön hell lodern
können«, grinste ich.
»Sie
müßten mich einmal im Dunkeln auf einer Couch erleben. Sie würden glatt
geblendet sein«, versetzte sie. »Die zweite Tür rechts, Mr. Boyd.«
Als
ich hereinkam, saß Charles Gray untätig am Schreibtisch. Er hob den Kopf und
sah mich ausdruckslos an.
»Sie
hätten sich anmelden müssen«, sagte er. »Oder zumindest anklopfen, bevor Sie
hier so hereinschneien.«
»Ihre
Sekretärin hat sich alle Mühe gegeben, mich aufzuhalten«, log ich.
»Na
schön«, meinte er. »Was wollen Sie, Boyd ?«
»Melanie
Rigby hat mich engagiert, die Ermordung ihres Mannes aufzuklären. Ich dachte,
Sie könnten mir da bei helfen .«
»Sie
haben uns gestern abend angelogen«, sagte er. »Captain Schell hat uns heute vormittag davon erzählt, als
Sarah die Leiche identifizierte. Sie waren beide zusammen oben im Blockhaus .«
»Aber
wir haben ihn nicht umgebracht«, erklärte ich.
»Ich
glaube, ich sollte gar nicht mit Ihnen reden, Boyd«, fuhr er fort. »Sarah Rigby
ist eine langjährige, geschätzte Klientin von mir und davon überzeugt, daß Sie
und Melanie ihren Bruder ermordet haben .«
»Und
was glauben Sie ?«
»Ich
bin Jurist«, erwiderte er. »Ich ziehe nie vorschnelle Schlüsse .«
»Wer
bekommt das Geld ?« wollte ich wissen.
»Eine
höchst ungehörige Frage, Mr. Boyd.«
»Wer
hat seinen Tod gewünscht ?«
»Wissen
Sie, ich glaube wirklich, Sie sollten mit Sarah sprechen«, sagte er. »Ich bin
immer durch meinen Beruf gehemmt. Sarah kennt keine Hemmungen .«
»Um
so besser für Sarah.«
»Sie
strömen eine gewisse urwüchsige Vitalität aus, die Sarah ganz interessant finden
könnte«, erläuterte er. »Vergangenen Abend war davon allerdings nichts zu
spüren. Aber da hatten Sie natürlich andere Dinge im Kopfe. Zum Beispiel eine
Lüge zu untermauern, obwohl Sie bereits wußten, daß Broderick Rigby brutal
ermordet worden war. Ich werde Sarah jetzt anrufen und für Sie eine Verabredung
ausmachen, wenn Sie wollen .«
»Warum
nicht ?« entgegnete ich.
Er
wählte eine Nummer, während ich mich bemühte, im Verlauf des einseitigen
Gesprächs möglichst keine Unruhe zu zeigen. Es gibt Augenblicke wie diese, seit
ich aufgehört habe zu rauchen, wo ich einfach nicht weiß, was ich tun soll.
Schließlich legte er auf und sah mich wieder an.
»Heute
abend um neun«, sagte er. »Nach dem Essen selbstverständlich.«
»Wo
finde ich sie ?«
»Das
Haus ist in Sublime Point«,
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