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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Getränks, und manchmal bezweifelte ich sogar, daß die Ranzius-Brennerei, die auf diesem Getränk einen galaxisweiten Trust aufgebaut hatte, über die Originalzusammensetzung Bescheid wußte.
    Ich sah zu, wie die Tür zuglitt, und ging weiter zu meinem Zimmer. Tito würde widerspruchslos jede Nahrung zu sich nehmen, die mit Alkohol versetzt war, und um zu vermeiden, daß Lyvia mir ihren Dank auf die für sie typische Weise abstattete, mußte ich die Zimmertür gegen alle Öffnungsversuche sichern. Heute nacht hatte mein Körper keinen Bedarf an Hormonen.
    Ich drückte den Daumen auf den Sensor, und die Tür ging auf. Während ich eintrat, murmelte ich das Wort, durch das das Licht eingeschaltet und die Tür verriegelt wurde, mußte aber sofort danach stehenbleiben. In dem aerostatischen Fauteuil neben dem Fenster saß Bertil, grinste breit und hielt eine mächtige Laserpistole in der Hand.
    Als ich einmal die heiligen Lebensgrundsätze der weisen Glühwürmchen auf einem inzwischen zerstörten Planeten studierte – jedenfalls diejenigen, die in Quadrichromie in einem großen Folianten abgedruckt waren, der infolge meines Tarnberufs in die Antiquitäten-Agentur gelangt war –, war ich auf einen interessanten Satz gestoßen: Wenn du einen Freund triffst, von dem du weißt, daß er tot ist, mach dir keine Gedanken, denn dann bist auch du tot. In diesem Fall wußte ich jedoch ganz sicher, daß ich am Leben war … genauso wie ich wußte, daß Bertil lebte und daß seine Pistole mich in meine Bestandteile zerlegen würde, wenn ich eine falsche Bewegung machte.
    Nach einem Augenblick verständlicher Überraschung begann ich wieder zu atmen: wenn Bertil lebte, hatte ich jemand anderen getötet. Das war natürlich möglich, aber wie hatte es geschehen können? Ich dachte eine Sekunde lang darüber nach, wie ich mich verhalten sollte: sollte ich mich hinter meiner Tarnung verschanzen oder zugeben, daß ich ihn wiedererkannt hatte? Jemand hinter mir versetzte mir einen Stoß, der mich beinahe in eine Lage befördert hätte, in der ich das Panorama von Lemmia aus der Vogelschau genießen konnte, aber ich begnügte mich damit, über den dicken Teppich zu rollen. Aus den Augenwinkeln warf ich einen Blick nach hinten und gelangte zu der Überzeugung, daß die Angelegenheit sich offensichtlich zu meinem Nachteil entwickelte.
    Zwei humanoide Mordskerle standen an der Tür; sie ähnelten einander wie zwei Tropfen Schwefelsäure und waren mit Metallstäbchen bewaffnet, die in ihren Pranken wie Zahnstocher wirkten, vor denen ich aber einen Heidenrespekt hatte. Es waren statische Ruten, die ideale Waffe für Geschöpfe, die zwar nicht über schnelle Reflexe, dafür aber über ungewöhnliche Körper- und Widerstandskraft verfügen. Schon eine minimale Entladung hätte mein Nervensystem lahmgelegt, und ich hätte mich unter unerträglichen Krämpfen auf dem Boden gewälzt.
    »Ich bitte Sie, Monsignore Tropius, keine Förmlichkeiten«, murmelte Bertil beinahe unhörbar. »Ich bedaure zutiefst, daß ich ohne Voranmeldung in Ihr Zimmer eingedrungen bin, aber im Grunde genommen haben auch Sie versucht, mir eine unerwartete Überraschung zu bereiten, nicht wahr?«
    Es gab praktisch keinen Ausweg. Als ich in dem Luftkissenfahrzeug von Bertils Landsitz zurückkehrte, hatte ich versäumt, meine körperlichen Angriffswaffen an der tragbaren Batterie aufzuladen; es war leichtsinnig gewesen, zugegeben, und im Zentrum in Neu-Langley würden sie wahrscheinlich den Kadetten meinen Fall als warnendes Beispiel vor Augen halten, das nützte mir aber kaum. Bertil und Genossen gingen durchaus fachmännisch mit ihren Waffen um – und ich wußte, daß Bertil wirklich ein Fachmann war –, während ich nur über zwei Defensivwaffen verfügte: ein bescheidener Strahl eines lähmenden Gases aus zwei Fingern der rechten Hand, und eine Lobotomie-Ladung im Gehirn, die durch Folter oder Gewalttätigkeit ausgelöst wurde, wenn man mir geheime Informationen entreißen wollte. Das Gas konnte von mir selbst aktiviert werden, aber immer nur gegen einen Gegner. Die Lobotomie-Ladung hingegen war auf Automatik geschaltet, ich legte keinen gesteigerten Wert darauf, sie auszuprobieren.
    »Ich muß Sie leider bitten, uns zu folgen, Monsignore Tropius … oder sollte ich ›Caprimulgo‹ sagen?«
    Das hätte ich von Bertil nicht erwartet. Oder vielleicht doch, wenn ich in Betracht zog, daß wir aufgrund seiner Fehler in die Lage versetzt worden waren, ihn zu eliminieren …

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