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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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zurückkehren? Oder mich auf die Suche nach euch machen? Aber wo? Ich hatte Angst. Damals ergriff mich wirklich die Angst, daß ich allein zurückbleiben würde. Da erblickte ich das Licht. Ein kleiner Funke in einer Entfernung von nicht mehr als einem Meter. Keine Kugel, keine Maschine und kein Gerät … Bloß das Licht. Ich ging zu ihm hin, und es führte mich. Durch die Dunkelheit. Nur der Mond leuchtete. Zusammen mit Alpha aus der Jungfrau. Bald wird er übrigens verschwinden. Er und die Sterne. Es bleiben nur die Dunkelheit und dieses Licht. So schritt ich eine Viertelstunde aus, vielleicht länger, bergauf und bergab, dann wieder aufwärts …«
    »Daran habe ich nicht gedacht. Es hätte übrigens nicht viel genützt. Es ist wie bewegliche Gehsteige.«
    »Du kennst also weder die Richtung noch die Entfernung? Das ist fatal. Übrigens ist es mit Sicherheit nicht mehr dort«, sagte er halb zu sich selbst.
    »Du brauchst dir keine Sorgen um das Schiff zu machen. Es steht an seinem Platz. Ich sehe es …«
    »Wo?!«
    Sie schwieg.
    Er blickte in die Richtung, in die ihr Gesicht gewandt war. Dort aber ragte nur eine Reihe von gigantischen Gebäuden auf, zu deren Füßen durch eine ungewöhnlich breite Arterie ein unaufhörlicher Strom von in der Sonne leuchtenden »Insekten« rollte.
    »Wo siehst du das Schiff?« wiederholte er seine Frage und sah wieder zu Helia hin. Er spürte einen unangenehmen Krampf in der Kehle.
    Helia hielt die Augen geschlossen.
    »Du aber …« Er unterbrach sich mitten im Satz.
    Mia drückte seine Hand, bis es ihn schmerzte.
    Er blickte sie fragend an. Sie schüttelte verneinend den Kopf. Er verstand.
    »Ist es weit von hier zum Schiff?« fragte Mia und verbarg nur mühsam ihre Unruhe.
    »Wohl … nicht.«
    Helia stand weiterhin unbeweglich da.
    »Du kannst uns also nicht die Richtung weisen?« fragte Rost mit düsterer Resignation.
    »Ich kann es.«
    »Zeig es mit der Hand!«
    »Dort!« Sie zeigte geradeaus.
    »Hinter der höchsten Spitze?«
    »Darin.«
    »In diesem Gebäude? Wir sind doch auf einer weiten, flachen Ebene gelandet, die von einem Wald umgeben war. Wir haben es alle gesehen.«
    »Ja. Ich erinnere mich. Und sehe es. Oh, ich sehe es deutlich! Das Schiff steht im Zentrum dieser Platte … Es ist doch wohl eine Platte. Es hat sich nichts verändert.«
    »Und das alles soll in dieser Spitze sein? Unsinn!« Rost hielt es nicht mehr aus.
    Sie antwortete nicht, sondern neigte den Kopf. Ihr Gesicht wurde von einem nervösen Krampf durchzuckt. Sie öffnete die Augen. Eine Weile schaute sie halb ohnmächtig auf Rost und Mia. Sie berührte die Stirn mit der Hand.
    »Was war das?« flüsterte sie halb zu sich.
    Rost lächelte bitter.
    »Du hattest irgendwelche Halluzinationen«, warf er düster ein. »Ich fürchte …«
    »Nein!« unterbrach ihn Helia heftig. »Das war keine Halluzination! Ich habe unser Schiff gesehen.«
    »In dieser Spitze? Auf dem weiten Platz, der von dem Wald umgeben war?« fügte er ironisch hinzu.
    »Ja«, bestätigte sie unsicher. »Es klingt nach Unsinn. Aber ich weiß es. Ich weiß, daß es so ist. Wirklich!« fügte sie mit Mühe hinzu.
    »Beruhige dich!« sagte Mia sanft. »Du bist müde.«
    »Nein. Ich fühle mich ganz wohl, bloß …«
    »Bloß was?«
    »Irgendwie merkwürdig … Es hat schon gestern begonnen, in einem kleinen Saal. Als ich meine eigenen Gedanken betrachtete …«
    »Was spinnt sie?« Rost neigte sich über das Ohr Mias. Obwohl er es sehr leise sagte, hörte es Helia trotzdem.
    »Ich spinne nicht, Rost. Hast du diese Wände gesehen? Dort in dem Ding, das nach einem Atrium aussieht.«
    »Selbstverständlich. Du sprichst über die Streifen und die farbigen Flecken?«
    »Ja. Es ist die Spiegelung deiner Gedanken. Der bewußten oder auch unbewußten Prozesse im Gehirn.«
    »Unsinn!«
    »Schau es dir genau an! Du kannst doch experimentieren. Du überzeugst dich, daß ich recht habe.«
    »Komm, gehen wir dorthin!« sagte Mia eifrig.
    »Nein!« Rost ergriff sie an der Hand. »Wenn darin, was Helia sagt, ein Körnchen Wahrheit steckt, ist dieses Innere so etwas wie ein Apparat zum Gedankenlesen. Ich will nicht, daß diese Ungeheuer in die Tiefe meiner Psyche eindringen. Damit sie sie kennenlernen und damit das tun, was sie mit Helia getan haben.«
    Helia schien die letzte Bemerkung nicht gehört zu haben.
    »Sprich nicht so über sie! Es sind keine Ungeheuer. Es sind Menschen. Anders als wir, das ist wahr. Physisch und psychisch anders. Aber

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