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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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unter Menschen. Er mußte sie wiederfinden! Er mußte!
    Er sah sich verzweifelt im Saal um, als suche er nach einem Mittel, die ihn umgebenden Wände zu durchbrechen. Plötzlich erstarrte er.
    Er sah Helia und Mia. Sie erschienen irgendwo vor dem Hintergrund der gegenüberliegenden Wand, als durchdrängen sie einen Nebelschleier. Sie hielten sich an der Hand, und Helia stützte die sich noch unsicher bewegende Mia.
    Das war wohl keine Halluzination.
    »Seid ihr es?« fragte er nicht sehr sinnvoll.
    »Wie du siehst …«
    Sie lächelten ihm zu, und obwohl er noch immer Zweifel hegte, spürte er eine deutliche Erleichterung.
    »Immer noch habe ich Angst, daß das alles eine Illusion sein könnte«, sagte er nach einer Weile, als wolle er sich rechtfertigen. Über das Gesicht Helias huschte ein Schatten.
    »Das heißt … was?«
    »Alles! Und diese Wände, dieser Himmel, ihr beide, sogar mein eigener Körper. Daß ich wie früher gehen kann …«
    Helia faßte ihn am Arm und drückte ihn. Wollte sie auf diese primitive Art und Weise ihre reale Existenz dokumentieren? Doch auch das konnte bloß ein von außen gesteuertes Signal in seinem Gehirn sein. Er wollte diesen Gedanken verdrängen, ihn an den Rand des Bewußtseins schieben, doch er kehrte immer wieder.
    »Quäle dich nicht damit!« sagte Mia herzlich. »Es hat keinen Sinn. Zumindest … es führt zu gar nichts. Sag mir lieber, was mit dir los war?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Ich weiß es nicht. Ich bin vor wenigen Minuten erwacht. Das letzte Bild, an das ich mich erinnere, war der Nachthimmel. Was später war, weiß ich nicht. Ein Monat oder ein Jahr oder ein Tag sind verflossen …«
    »Zwei Tage«, sagte Helia.
    »Ist das möglich?«
    »Ich war die ganze Zeit bei Bewußtsein.«
    »Und Mia?«
    »Sie gewann eine halbe Stunde später das Bewußtsein wieder. So wie ich. Ich war keinen Therapien ausgesetzt.«
    »Woher willst du das wissen? Du mußtest doch schlafen. Und damals …«
    Helia lächelte.
    »Anfangs war ich genauso mißtrauisch wie du … Erinnerst du dich an den Abend, als man euch hinaustrug? Der Mond leuchtete. Ich beobachtete seine Position unter den Sternen. Bis heute beträgt die Verschiebung etwa dreißig Grad. Also über zwei Tage. Jetzt haben wir Morgen.«
    »Und was hast du in diesen zwei Tagen gemacht? Hast du sie gesehen?«
    »Ich habe sie gesehen.«
    Sie sagte es unbekümmert, und über ihr Gesicht flog sogar ein blasses Lächeln. Doch das verstärkte nur seine Unruhe.
    »Kann man sich mit ihnen verständigen?«
    Sie schüttelte nur verneinend den Kopf.
    »Das ist wohl verständlich«, fügte sie unsicher hinzu. »Dreihundertachtzig Jahrhunderte! Ich denke jedoch, daß wir, wenn wir sie näher kennenlernen …«
    Die Aufmerksamkeit Helias verstärkte nur die Nervosität Rosts. »Ist das nicht ein allzu großer Optimismus? Und du, Mia, was hältst du von dem allen?« warf er ein und bemühte sich um Optimismus.
    »Ich?« fragte sie zögernd. »Ich schaue mich um und höre zu … für Schlußfolgerungen ist es noch zu früh.«
    »Es ist leichter, als du glaubst«, sagte Helia unerwartet, auf seine Fragen eingehend. »Doch nicht auf diese Art und Weise. Das ist unmöglich.«
    »Warum?« fragte er unwillkürlich.
    »Über uns sind Hunderte von Stockwerken.«
    »Nur ein Bild. Ich wandere nun schon zwei Tage lang in diesem Gebäude herum. Überall, in fast jedem Raum, in jedem Stockwerk, erblickst du da, wenn du hinaufsiehst, den Himmel?« fragte er und brach dann ab.
    »Ich glaube, du hast kein Recht dazu. Es ist kein Käfig. Niemand will uns gefangenhalten. Diese Mauern …«
    »Was macht ihr?« unterbrach sie Mia. Sie blickte mit vor Verwunderung weit aufgerissenen Pupillen auf Helia, dann wieder auf Rost.
    Erst jetzt wurde ihm der bizarre Verlauf des Gesprächs bewußt.
    »Du hast gewußt, worüber ich sinniere …«, flüsterte er voller Unruhe. Helia schien überrascht zu sein.
    »Tatsächlich. Du fragst zuerst, wie man hier herauskommen kann. Diese Wände … wenn man sie wenigstens erklettern könnte und hinausblicken …«
    »Ja! Aber ich fragte nicht! Ich dachte nur … Ich kann mich doch erinnern. Und dann ist Mia Zeuge …«
    »Wie ist das möglich?« Mia blickte unsicher auf Helia.
    »Eine schwierige Frage. Ich weiß es selbst nicht. Das kommt wie von außen. Manchmal war mir, als hörte ich von dir ausgesprochene Worte. Ähnlich wie damals, als du uns zuriefst.«
    »Ich rief nicht.«
    »Du wolltest uns sehen, nicht wahr?«
    »Ja. Ist

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