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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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auf der Wiese hinter dem Wohnheim – nein! Auf dem Vordersitz des Porsche, den Jack gefahren hatte. Verstehen. Sicherheit der Erkenntnis.
    Entdeckung.
    Nur vage und nebulös zuerst, doch der Kontakt intensivierte sich rasch.
    Lange Stunden des Studiums für … des Studiums … der Arbeit … in der Garage. Himmel, der Schweiß, der Gestank von Öl, und unter dem Rücken kalter Beton! Verdammt, zwei Stunden nach Mitternacht, doch der Rennschweber muß fertig sein, wenn morgen die Startflagge gehoben wird!
    Die Verbindung stabilisierte sich. Er schob sich näher und bemühte sich um die vollkommene Verständniseinheit.
    Noch mehr Schub – und richtig zur Seite abkippen. Genauso! Bo hält sich innen! Wenn ich an ihm vorbeikomme, blockt er die anderen ab, und dann ist alles klar!
    »Sprich mit mir«, flüsterte er, der sich nicht an seinen Namen entsann.
    Keine Antwort – eine Welle aus Schock und Schmerz spülte alle Worte fort.
    Die Verbindung war noch nicht fest genug. Er tastete sich in Richtung der Stellen, an denen es noch Freiraum gab. Er und der Verlorene mußten eins werden.
    In Ordnung, und jetzt ganz ruhig – nur nicht hektisch werden! Halt dich zurück! Nichts übereilen! So nicht! NEEEEIN!
    Schmerz flammte in ihm auf, kam mit einer Woge, die seinen ganzen Leib durchflutete. Doch als die Gischt der Pein versprühte, war die Verbindung komplett.
    »Du bist vom Hals bis zu den Füßen gelähmt«, sagte er. »Du kannst nicht geheilt werden. Auch deine Sehnerven wurden zerstört. Darüber hinaus ist dein Hirn geschädigt worden – es kann dir also gar nichts daran liegen, jemals wieder aufzuwachen. Soll ich für dich das Rennen beenden?« Die Ausdrucksweise, die er benutzte, war die Jay Mohrs. Er konnte sich nicht mehr an die medizinischen Fachbegriffe erinnern, die vorher einen Teil seines Wesens ausgemacht hatten.
    Es erfolgte eine Reaktion, schwach und vage und rein emotional. Der Verlorene war so sehr verkrüppelt, daß er nicht mehr die Fähigkeit hatte, intellektuell zu verstehen. Doch er empfing das empathische Echo der Mitteilung, erfaßte rein gefühlsmäßig die Bedeutung. Auf irgendeine geheimnisvolle Art und Weise grübelte er darüber nach, tief im innersten Kern, der noch immer ums Überleben rang.
    Und dieser Kern reagierte.
    Das andere Ich fokussierte sich auf die diffuse Antwort und suchte darin nach einem klaren Informationsgehalt. Schwach, so unendlich schwach. Wie sollte er in diesem grauen Emotionsdunst die Hinweise finden, die ihn zu einem Urteil führen konnten?
    »Hilf mir!« bat er. »Gib mir Auskunft! Zeig mir den Weg, den du einschlagen möchtest! Hilf mir! Hilf dir selbst!«
    Die Glut des bereits nahezu erloschenen Seelenfeuers des Verlorenen glühte plötzlich etwas heller. Vorher hatte dieses Feuer lichterloh gebrannt, mit Flammen aus Leidenschaft und Lebensfreude. Jetzt jedoch war fast nichts anderes mehr übriggeblieben als nur noch Asche aus Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.
    Telepathische Stimme oder empathisches Echo? Ganz gleich, auf welche Weise: Die Antwort formulierte sich, bahnte sich irgendwie einen Weg in das Bewußtsein des anderen Ichs. Eine überaus positive Einstellung zum Leben verwandelte sich in Entsetzen angesichts der Vorstellung, auf Jahre hinaus im Koma zu verweilen, in einem Land der Dämmerung, ohne Farben und Freude. Dann verklang das emotionale Klagen, und es kehrte die Stille stummen Leids ein.
    Die Verbindung löste sich auf. Er versuchte nicht, sie stabil zu halten – das war jetzt nicht mehr erforderlich. Erneut kamen die Schmerzen, und sie waren noch schlimmer als zuvor: die Pein, die ein Synonym für Einsamkeit war.
    Zurück! Rasch zurück!
    Ins Licht! Fort von der Dunkelheit!
    Die andere Welt finden, das andere Selbst! So schnell wie möglich, bevor er sich in den Labyrinthen der Finsternis verirrte, so wie andere vor ihm. Furcht trieb ihn an, die Gier nach Leben.
    Die Haut der Blase kräuselte sich, dehnte sich, streckte sich neuen Grenzen entgegen. Eine Berührung nur, und die Membran mußte zerplatzen. Oder etwa nicht? Konnte man sich ganz sicher sein, wenn das alles nur in einer Psyche existierte, ohne materielle Entsprechung?
    Doktor Daemon Timothy schlug die Augen auf.
    Mit einem Satz sprang er von der Liege herunter und auf die Beine – eine jähe und reflexhafte Reaktion, die für das Nachlassen der Wirkung Phantoms typisch war. Er atmete hastig und flach, und sein Leib war schweißnaß.
    »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?« fragte

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