L wie Love
sein, dass du eine große Familie hast, mit der du den Sonntagnachmittag verbringen kannst, Teresa«, sagte Mom. »Manche Kinder kennen nicht einmal ihre Großeltern.«
Ich schielte zu Hugo hinüber. »Muss ich für ihn etwa auch dankbar sein?«
»Du weißt, dass ich heute um drei ein Hockeyspiel habe, Dad«, sagte Hugo süffisant, »aber Mom, du und T könnt gern länger bleiben. Ihr müsst wegen mir nicht früher gehen. Bestimmt kann Nannu euch später heimfahren.«
»Das ist eine gute Idee«, pflichtete Mom ihm bei.
Ich sah Hugo wütend an. Dieser Volltrottel.
Er feixte, wusste er doch genau, dass ich am liebsten nur essen und dann wieder gehen wollte. Sein Hockeyspiel wäre ein perfekter Vorwand gewesen.
»Du, Dad, darf ich auf der Fahrt zum Hockey ans Steuer?«
Mom erlaubte nicht, dass er uns alle zu Tante Grace chauffierte.
»Von mir aus«, sagte Dad, »dann muss im schlimmsten Fall nur ich dran glauben und nicht die ganze Familie.«
»Sag so etwas nicht, Marshall«, schimpfte Mom. »Das bringt Pech.« Mom war schon immer ein bisschen abergläubischgewesen, aber seit Boo-Boo unterwegs war, war sie noch viel ängstlicher. »Du beschwörst das Unglück herauf.« Sie bekreuzigte sich, sicherheitshalber gleich zweimal.
Ein paar Minuten später begann das nächste Sonntagsritual – die Parkplatzsuche.
Sobald wir in die Nähe von Tante Graces Haus kamen, sagte Dad: »Okay, Fiona, halte nach einem Parkplatz Ausschau.«
Mom spähte aus dem Fenster und zeigte auf verschiedene Parklücken, während Dad auf der Suche nach dem optimalen Platz ungefähr eine Million Mal um den Block fuhr. Als er endlich einen passenden fand, ballte er die Hände zu Fäusten, als hätte er eine Goldmedaille gewonnen, und verrückterweise gratulierte Mom ihm auch noch. He, Hugo und ich können nichts dafür. Wir haben uns unsere Eltern nicht ausgesucht.
Kaum hatten wir die Wohnung von Tante Grace betreten, wurde Mom von ihren Schwestern in die Küche gezerrt, wo sie sich hinsetzen und die Füße hochlegen musste. Dabei plapperten sie die ganze Zeit über das kleine
Tarbija
oder, wie wir es nannten, das kleine Boo-Boo.
Schade, dass Sophia nicht da war. Die hätte sich nämlich höllisch darüber aufgeregt, dass sich die Tanten nur über Babys und nicht über ihre Hochzeit unterhielten.
Bei dem ganzen Boo-Boo-Geplapper fiel mir ein, dass ich Biff immer noch nichts von dem Baby erzählt hatte. Normalerweise unternehmen wir am Wochenende immer wasgemeinsam, aber heute Morgen hatte ich ihr folgende Nachricht geschickt:
E-Mail
9:00 Uhr
An: Biff
Von: T.
Betreff: Ich habe den Beweis, dass Gott keine Frau ist
Hi, Biff,
habe höllische Krämpfe. Krümme mich vor Schmerzen. Habe es mit Kopfstand versucht, weil das angeblich helfen soll, stimmt aber nicht. Ich bleibe heute lieber zu Hause.
T.
Lüge Nr. 1
Ich habe meine Periode gar nicht bekommen.
Ich dachte daran, wie Biff mich nach dem Phillip-Vorfall angesehen hatte, und wollte mich nicht vor ihr rechtfertigen. Ich drückte mich vor der Konfrontation und hatte stattdessen die Mail geschrieben. Wieso sollte ich mich auch rechtfertigen? Biff hatte geantwortet und mir gute Besserung gewünscht. Dadurch hatte ich ein noch schlechteres Gewissen bekommen. Allerdings hatte sie nicht angerufen, um sichnach mir zu erkundigen. Beste Freundinnen rufen an. Sie hätte sich ruhig mehr um mich sorgen können.
Hugo und ich machten eine kurze Runde durch das Wohn- und Esszimmer und schauten, wer alles gekommen war. Ungefähr zwanzig Personen waren da. Einer meiner Onkel brachte Dad ein Bier und setzte ihn für den Rest des Nachmittags vor den Fernseher. Die Besuche bei Tante Grace waren die einzigen, die Dad aus freien Stücken absolvierte, denn hier erwartete niemand von ihm, dass er Konversation betrieb. Ich sah ein paar Cousinen, manche mit einem Baby auf dem Schoß. Aber es war niemand dabei, mit dem ich unbedingt reden wollte.
»Wo ist denn eigentlich Schneewittchen?«, flüsterte Hugo. »Schau dir die vielen Zwerge an.«
Okay, ich gebe es nicht gern zu, aber darüber musste ich laut lachen. Hugo war mit seinen ein Meter achtundsiebzig der Größte in der Familie! Daran waren Dads Gene schuld, behauptete Mom, als wäre er mit einem Meter achtundsiebzig ein Monster. Also, er ist ein Monster, aber nicht, weil er so groß ist. Ich bin ein Meter sechzig und eine der größeren Frauen in der Familie. Über einen Meter zweiundfünfzig schafft es kaum eine.
Vom Lärm der sich gegenseitig
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