L wie Love
Ecke auf uns. Ein Zahnarzttermin, klärte mich Biff auf. Ich jubelte und gestand ihr, dass ich unsere Schulwege zu zweit vermisst hatte.
»Phillip macht gerade eine schwere Zeit durch. Erst sein Dad, der gegangen ist, und dann der Umzug«, sagte Biff. »Es fällt ihm schwer, sich wieder einzugliedern. Übrigens, Freundlichkeit tut nicht weh. Und er mag dich, T, sei also ein bisschen netter zu ihm.«
Biffs verständnisvolle, rücksichtsvolle Art gab mir das Gefühl, der schlechteste Mensch auf Erden zu sein. Und mir fiel ein, dass ich mir vorgenommen hatte, netter zu sein. Und das hätte auch geklappt, wären da nicht diese verflixten, gemeinen, kleinlichen Gedanken gewesen.
Gemeiner, kleinlicher Gedanke
Ich wünschte mir, dass Phillip sämtliche Zähne ausfielen und er jeden Morgen zum Zahnarzt müsste. Am besten, er würde ein künstliches Gebiss bekommen.
Bei dem Thema »Gebiss« fällt mir gerade mein erstes Schockerlebnis ein
Ich war acht Jahre alt, als Großpapa T starb. Großmama T besuchte uns für ein paar Tage und übernachtete in meinem Zimmer. Als ich meinen Schlafanzug holen wollte, fasste sich Großmama T in den Mund, holte ihre Zähne heraus und ließ sie in eine Teetasse plumpsen. Ich schrie und schrie, während Mom mich über künstliche Zähne aufklärte und Großmama T über meine Dummheit schimpfte. Noch wochenlang wurde ich in meinen Träumen von riesigen Zähnen verfolgt.
»Du siehst wieder schief aus«, sagte Biff.
Ich zuckte zusammen und rückte die Socke zurecht. Die BH-Träger leierten vom vielen Sockenstopfen aus und vom ständigen Reiben wurde meine Haut wund. Und dann war da noch der Ausschlag, überall juckte es.
»Ich habe das Geld für einen neuen BH zusammen«, erzählte ich Biff. »Zum Beweis kann ich dir die Schrammen zeigen, die mir der Babysitter-Abend bei D & D eingebracht hat. Hey, vielleicht können wir am Wochenende zusammen shoppen gehen.« In dem Moment fiel mir etwas Schreckliches ein.
»Ich muss heute Nachmittag mit Nanna und Nannu zum Arzt!« Ich packte Biff am Arm. »Und wenn ich meinen BH ausziehen muss? Dann sieht die Ärztin die Socke! Und …«, ich schüttelte Biffs Arm, »ich habe den Tanga an. Ich kann doch nicht einen Socken-BH und einen Tanga beim Arzt tragen! Das gehört sich nicht.« Dass mir meine Unterwäsche einmal so viel Bauchschmerzen bereiten würde, hätte ich nie gedacht. Und jetzt redete ich auch schon wie Großmama T.
Das gehört sich nicht?
»Sie wird nur deinen Arm sehen wollen«, beruhigte mich Biff.
»Wahrscheinlich hast du recht. Warum müssen wir unsere Brüste überhaupt in diese BHs zwängen?«, schimpfte ich.
»Damit halten die Männer die Frauen symbolisch in Abhängigkeit«, erklärte Biff. »Seit Menschengedenken, bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts, als die Frauen ihre BHs verbrannten, bestimmten die Männer, was Frauen anziehen sollten. Die Männer hatten Angst vor den Frauen. Sie fesselten die Symbole der Weiblichkeit, um sich selbst stärker zu fühlen.«
Mann, mit Biff war es wieder richtig gut.
Ich kontrollierte noch einmal meinen BH, dann liefen wir das letzte Stück bis zur Schule. »Meinst du, dass sich die Jungen wegen ihres Duweißtschonwas auch so verrückt machen?«
Wir kamen an einer Gruppe ÜNs vorbei, die unmittelbar neben dem Schulgelände standen. Ihre Köpfe waren in eineweiße Wolke aus Zigarettenrauch gehüllt. Ich schielte hinüber und sah Adam. Ich hatte nicht gewusst, dass er rauchte. Das machte ihn irgendwie – verrucht.
»Ich habe gehört, dass die meisten Jungen ein Lineal im Nachttisch aufbewahren«, sagte Biff.
»Warum?«, fragte ich.
Biff stöhnte, drückte die schwere Schultür auf und ich folgte ihr zu unseren Schließfächern. Als ich meine Bücher für den Unterricht herausholte, fiel endlich der Groschen. Lineal … Jungen.
Erste Reaktion
Iiih.
Zweite Reaktion
Kichern.
»Ich hab’s!«, schrie ich Biff über den Flur zu. Sie grinste.
Nicht vergessen
Borge dir niemals ein Lineal von einem Jungen.
»Hallo.«
Ich schaute mich um und wurde knallrot. AAA stand direkt vor mir.
»Ich wollte nur fragen, ob nach dem Zusammenstoß mit Greg neulich alles wieder okay ist?«, sagte er.
ACHGODOGOD! Er machte sich tatsächlich Sorgen um mich. Wie ein richtiger Freund.
»Ich … äh … mir geht’s gut.«
»Was ist mit deinem Akzent passiert? Ich dachte, du wärst aus England.«
»Ach, ich spreche auch kanadisch. Und … äh … maltesisch«, stammelte ich. »Zum Beispiel
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